Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliges Rechtsschutzverfahren. Leistungen zur Teilhabe in Form eines Persönlichen Budgets. Einstellung eines Arbeitserziehers. Erwerbsfähigkeit. Eingangsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen. Abklärung der beruflichen Eignung. Eingliederungshilfe

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nur wenn nach den für den zuständigen Leistungsträger maßgeblichen materiellrechtlichen Vorschriften ein Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe dem Grunde nach besteht, kann eine Leistung zur Teilhabe in Form des persönlichen Budgets erbracht werden.

2. Das persönliche Budget iS des § 17 SGB 9 stellt eine besondere Ausgestaltung der Erbringung von Leistungen zur Teilhabe dar; § 17 SGB 9 ersetzt nicht eine materiellrechtliche Anspruchsgrundlage für die jeweilige Leistung.

3. Entspricht eine arbeitstherapeutische Maßnahme in ihrer Bandbreite nicht den im Eingangs-, Werkstatt- oder Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen erbrachten Leistung nach §§ 97ff SGB 3, kann sie daher auch nicht im Rahmen eines persönlichen Budgets erbracht werden.

4. Leistungen im Eingangsbereich oder auch im Berufsbildungsbereich können auch im Rahmen der §§ 97ff SGB 3 nur in einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen durchgeführt werden.

5. Leistungen nach §§ 53ff SGB 12 kommen nicht in Betracht, wenn der Hilfebedürftige mit Hilfe der begehrten Leistung weder in einen Kontakt zur Gemeinschaft tritt, noch ihm dadurch die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit ermöglicht wird.

 

Normenkette

SGB III a.F. § 97 Abs. 1, 2 S. 2; SGB IX a.F. § 14 Abs. 2 S. 3, § 17 Abs. 2 S. 1, §§ 39, 40 Abs. 1, § 42 Abs. 1 Nr. 1, § 102 Abs. 2; SGB XII § 53 Abs. 1 S. 1, Abs. 3

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers vom 30. September 2010 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 17. September 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin streitig, zugunsten des Antragstellers Leistungen zur Teilhabe in Form eines persönlichen Budgets (über 1.250,00 Euro monatlich) für die Einstellung eines Arbeitserziehers zu erbringen.

Bei dem am … 1990 geborenen Antragsteller besteht ein Down-Syndrom. Das Amtsgericht hat seine Eltern zu Betreuern bestellt.

Der Antragsteller besuchte bis zum Endes des Schuljahres 2009/2010 die integrative Waldorfschule E.. Am 12. Februar 2010 beantragte er beim Ortenaukreis, ihm ab September 2010 ein persönliches Budgets zur Beschäftigung eines Arbeitserziehers zu gewähren, um zusammen mit einem weiteren behinderten jungen Erwachsenen im Stadtpark bei der Tierpflege beschäftigt werden zu können. Diesen Antrag leitete der Ortenaukreis zuständigkeitshalber an die Antragsgegnerin weiter.

Mit Bescheid vom 22. April 2010 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, der Antragsteller sei nicht in der Lage, eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Für ihn sei vielmehr eine Maßnahme im Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen mit dem Ziel einer Beschäftigung im Arbeitsbereich einer solchen Werkstatt erforderlich, was er jedoch ablehne. Zwar könnten auch Maßnahmen als persönliches Budget gefördert werden, die inhaltlich und von der Zielsetzung einer Maßnahme im Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen entsprächen; dies sei bei der angestrebten Maßnahme jedoch nicht der Fall.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 2010 zurück. Der Antragsteller hat hiergegen am 6. Juli 2010 beim Sozialgericht Freiburg Klage erhoben (S 7 AL 3477/10), mit der er sein Begehren weiterverfolgt.

Mit Wirkung vom 13. September 2010 hat der Antragsteller - vertreten durch die Eltern - zusammen mit J. H. - dieser vertreten durch seine Betreuer - in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Arbeitgeber einen Anstellungsvertrag mit dem Arbeitserzieher G. St. als Arbeitnehmer geschlossen. In der Präambel des Vertrages heißt es: “Auf der Grundlage der bisherigen Zusammenarbeit im Bereich der Förderung und Erziehung der beiden Jugendlichen F. F. und J. H., haben sich die beiden Familien entschlossen, die weitere Förderung im Berufsbildungszeitraum und darüber hinaus, durch den Arbeitnehmer weiterzuführen. Der Arbeitnehmer ist durch seine Ausbildung als Arbeitserzieher und seine bisherige berufliche Laufbahn besonders qualifiziert.„ Der Vertrag beschreibt die Aufgabe des Arbeitnehmers als die Förderung, Ausbildung und die Arbeitsassistenz der ihm anvertrauten Personen. Die regelmäßige Arbeitszeit ist auf 35 Stunden wöchentlich von Montag bis Freitag festgelegt. Dem Arbeitnehmer wurde ein monatliches Bruttogehalt von 2.000,00 Euro versprochen.

Seinen Antrag, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig ab 13. Sept...

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