Abschn. 1 macht deutlich, dass Low Performance ein sehr sensibles Thema darstellt, da einerseits Arbeitgeber die Erbringung der geforderten Leistung erwarten dürfen, andererseits auch Minderleistung in bestimmten Fällen zu akzeptieren ist. Zudem besteht die Gefahr, beim Aufzeigen einer vermuteten und über die Beobachtung im Tagesgeschäft begründeten Minderleistung den Mitarbeiter zu Unrecht zu beschuldigen. Eine Herausforderung in der Praxis stellt die Aussage des BAG dar, wonach der Arbeitnehmer tun muss, was er soll, und zwar so gut, wie er kann, sowie die ergänzende Erläuterung, dass die Leistungspflicht nicht starr, sondern dynamisch sei und sich an der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers orientieren würde.[1] Nimmt man nun noch den Hinweis des BAG, dass auch altersbedingte Leistungsdefizite eine Rolle spielen können,[2] wird es für viele Arbeitgeber kaum möglich sein, die hohen Hürden des BAG zur Beweisdarlegung zu erfüllen.

Da erscheint es mehr als sinnvoll, mehr Kenntnis zum Erwerb von Kompetenzen sowie ein besseres Verständnis zu Veränderungen von Fähigkeiten im Arbeitsleben eines Beschäftigten zu erlangen. Hieraus können Verfahren zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen optimiert bzw. erweitert werden, zudem ermöglicht die Kenntnis bessere Unterstützungsmaßnahmen im Rahmen des BEM sowie ergänzende durch ein Betriebliches Gesundheitsmanagement zu finden. Aber auch die Gestaltung von fähigkeitsgerechten Arbeitsplätzen erfordert die Kenntnis zu Leistungsparametern des Menschen, die Erstellung von Fähigkeitsprofilen der Beschäftigten sowie die differenziertere Erfassung der Arbeitsanforderung.

Nach Hacker[3] werden Fähigkeiten als Gesamtheit der zur Ausführung einer bestimmten Leistung erforderlichen personalen Bedingungen verstanden. Es handelt sich dabei um in der Lebensgeschichte entstandene, komplexe Eigenschaften, die als verfestigte Systeme verallgemeinerter psychologischer Prozesse den Tätigkeitsvollzug steuern. Bullinger[4] wird hierbei konkreter und definiert 7 Indikatoren der Leistungsfähigkeit, die als Kenntnis zur Funktionsweise des Menschen für die anthropozentrische Gestaltung von Produkten und Arbeitssystemen notwendig sind. 6 davon lassen sich 2 Gruppen zuordnen (physische und psychische Leistungsfähigkeit):

  1. Beweglichkeit: Knochen, Bänder (physische Leistungsfähigkeit)
  2. Kraftentfaltung: Muskulatur, Sehnen (physische Leistungsfähigkeit)
  3. Ausdauer: Herz-Kreislaufsystem (physische Leistungsfähigkeit)
  4. Informationsaufnahme/Sinneswahrnehmung: Sinnesorgane, Rezeptoren (psychische Leistungsfähigkeit)
  5. Informationsverarbeitung: Zentrales Nervensystem (psychische Leistungsfähigkeit)
  6. Informationsspeicherung: Gehirn (psychische Leistungsfähigkeit)
  7. Informationsausgabe: Effektoren/Nervensystem/Reaktion/Koordination

Eine Adaption des Fähigkeitsbegriffs auf die Arbeitswelt stellt die Arbeitsfähigkeit dar, welche verstanden wird als die Summe der Faktoren, die einen Menschen in einer bestimmten Arbeitssituation in die Lage versetzen, die ihm gestellten Arbeitsaufgaben erfolgreich zu bewältigen.[5] Zur Messung der Arbeitsfähigkeit dient der Arbeitsbewältigungsindex (engl. Work Ability Index, kurz: WAI), welcher in zahlreichen multidisziplinären klinischen Längsschnittstudien in den 1980/90er in Finnland validiert worden ist. In einer 11 Jahre laufenden Follow-up-Studie bei über 6.000 finnischen Kommunalangestellten konnte z. B. belegt werden, dass der WAI ein geeignetes "Frühwarninstrument" für vorzeitigen Erwerbsausstieg sowie Sterblichkeit darstellt.[6]

Spannend im Zusammenhang mit Low Performance ist die Betrachtung der Veränderungen von Fähigkeiten mit zunehmenden Alter. Laut Schlick et al.[7] distanziert sich die Arbeitswissenschaft inzwischen von der Auffassung einer generellen Verschlechterung der Fähigkeit mit zunehmendem Alter. Zudem müsse, so Adenauer,[8] das kalendarische Alter mit den zugeschriebenen Eigenschaften betrachtet werden und er macht dies am Beispiel des Leistungssports deutlich. Dort zeige sich in einigen Disziplinen, dass man bereits mit 30 Jahren schon zu alt ist, um mit der jüngeren Konkurrenz aufgrund nicht mehr ausreichender körperlicher Kräfte mithalten zu können. Als Fußballtrainer, so Adenauer, wäre er hingegen zu jung. Das Bild des älteren Menschen wird oft mit Gebrechlichkeit, Verfall, Abbau von Kräften und Kranksein gleichgesetzt. Zu wenig werden dabei Lebenserfahrung oder Weisheit als Werte hervorgehoben.[9]

Auch Ilmarinen verweist in seinem Vortrag zum Alters- und Generationenmanagement auf die unterschiedlichen Stärken und Schwächen in den einzelnen Lebensphasen.[10] So lassen sich beispielsweise bei Jüngeren die Schwächen Unerfahrenheit und Unsicherheit feststellen, welche bei Älteren in umgekehrter Form als Stärken, wie Erfahrungswissen, Gelassenheit und Stabilität, vorgefunden werden. Dies macht deutlich, dass mit zunehmendem Alter stets die Fähigkeitsveränderungen in beide Richtungen – was nimmt zu, was nimmt ab – betrachtet werden müssen.

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