Bei einer Einkommenspfändung durch einen nicht bevorrechtigten Gläubiger hat der Arbeitgeber den pfändbaren (und damit zugleich den unpfändbaren) Einkommensteil des Schuldners festzustellen.[1] Das Gericht spricht nur eine Blankettpfändung aus. In ihr sind zwar die wichtigsten Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Einkommenspfändung[2] bezeichnet. Jedoch werden die für die Feststellung des pfändbaren Einkommens zu berücksichtigenden Unterhaltslasten des Schuldners[3] im Blankett-Pfändungsbeschluss nicht einzeln angegeben. Zur Feststellung des gepfändeten Einkommens muss vielmehr der Arbeitgeber als Drittschuldner die zu berücksichtigenden unterhaltsberechtigten Angehörigen des Schuldners ermitteln. Dies sind der Ehegatte, ein früherer Ehegatte, der Lebenspartner (mit ihm nicht zu verwechseln der nichteheliche Lebensgefährte) und ein früherer Lebenspartner, Verwandte in gerader Linie[4] (also Kinder, Enkelkinder, Eltern, Großeltern), sowie ein Elternteil mit seinem Unterhaltsanspruch nach §§ 1615l, 1615n BGB, sofern der Arbeitnehmer solchen Personen aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung Unterhalt schuldet und auch tatsächlich gewährt. Letzteres ist auch dann der Fall, wenn der Schuldner seiner Unterhaltspflicht nicht freiwillig nachkommt, für den Unterhalt des Angehörigen (nach Pfändung oder Abtretung) jedoch Beträge vom Arbeitseinkommen des Schuldners einbehalten werden; denn auch dann gewährt ihm der Schuldner, wenn auch erzwungenermaßen, tatsächlich Unterhalt.[5]

Feststellung der unterhaltsberechtigten Angehörigen

Zur Feststellung der unterhaltsberechtigten Angehörigen kann der Arbeitgeber auf die Angaben der ELStAM nur mit Vorbehalt zurückgreifen. Die Angaben in den ELStAM tragen nur der familienbezogenen Zielsetzung des Steuerrechts Rechnung. Sie geben daher nur über die Steuerklasse[6] und die Zahl der Kinderfreibeträge[7] Aufschluss. Die "Zahl der Kinderfreibeträge" kann nur einen Anhaltspunkt für die zu berücksichtigenden Unterhaltsberechtigten geben. Gesetzliche Unterhaltspflichten nach bürgerlichem Recht, die nach § 850c ZPO bei Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens berücksichtigt werden müssen, sind damit nicht (amtlich) festgestellt und nicht sicher belegt. Zu berücksichtigen ist z. B., dass bei der Zahl der Kinderfreibeträge auch ein Kind unter 18 Jahren mit eigenen Einkünften erfasst sein kann, das nicht (oder nicht mehr[8])[9] als gesetzlicher Unterhaltsberechtigter nach § 850c ZPO zählt. Durch das Finanzamt kann auch ein Kinderfreibetrag für ein Pflegekind in den ELStAM eingetragen sein, das nicht als gesetzlicher Unterhaltsberechtigter nach § 850c ZPO berücksichtigt wird. Weil die ELStAM zumeist nur die Verhältnisse zu Beginn des Kalenderjahrs ausweisen, können sie auch nach Änderung der Verhältnisse über Unterhaltspflichten in dem Auszahlungszeitraum, für den das gepfändete Einkommen zu berechnen ist, keinen zuverlässigen Anhaltspunkt geben. Darüber hinaus können Kinder auch nur mit 0,5 eingetragen sein, sodass auch dadurch Unschärfen entstehen können.

Vielfach werden die Personalunterlagen dem Arbeitgeber näheren Aufschluss über gesetzliche Unterhaltspflichten des Schuldners geben. Regelmäßig ist dem Schuldner, erforderlichenfalls auch dem Gläubiger, Gelegenheit zur Äußerung über berücksichtigungsfähige Unterhaltspflichten zu geben.

 
Praxis-Tipp

Zahl der gesetzlichen Unterhaltsberechtigten bestätigen lassen

Um das Haftungsrisiko zu minimieren, sollte der Arbeitgeber sich vom Arbeitnehmer eine Erklärung über die Anzahl der unterhaltsberechtigten Personen aufüllen und bestätigen lassen. Die Erklärung sollte als Nachweis zu den Lohnunterlagen genommen werden.

Dass der Arbeitgeber bei der ersten Auszahlung dem Gläubiger und dem Arbeitnehmer schriftlich mitteilt, wie er den pfändbaren Betrag im Einzelnen berechnet hat, ist nicht vorgeschrieben. Dies ist aber ebenso zweckmäßig wie die Anhörung des Gläubigers und Schuldners zum erstmaligen Lohnabzug. Zutreffend wird angenommen, dass der Drittschuldner, der dem Lohnabzug falsche Tatsachen zugrunde gelegt und deshalb dem Schuldner zu viel ausbezahlt hat, nicht haftbar gemacht werden kann, wenn er dem Gläubiger die Berechnung, also Brutto- und Nettolohn sowie Familienstand des Schuldners, mitgeteilt und dieser nicht widersprochen hat.

In wirklichen Zweifelsfällen kann der Arbeitgeber eine Klärung durch das Vollstreckungsgericht herbeiführen lassen. Letzten Endes muss der Arbeitgeber den umstrittenen Betrag hinterlegen.[10]

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