Verfahrensgang

AG Osnabrück (Beschluss vom 30.03.1998; Aktenzeichen 26 M 6809/97)

 

Tenor

Die Beschwerde der Gläubigerin vom 06.04.1998 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Osnabrück vom 30.03.1998 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Beschwerdewert: bis 5.000,00 DM.

 

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Die Gläubigerin und Beschwerdeführerin kann vorliegend nicht verlangen, daß die verheiratete Schuldnerin so behandelt wird, als hätte sie ohne Ehegatten-Splitting anstelle der für sie in der Zwangsvollstreckung günstigen Lohnsteuerklasse V die Regel-Steuerklasse IV gewählt.

Soweit die Rechtssprechung des OLG Zweibrücken (NJW-RR 1989/517), die bei Unterhaltsforderung die Wahl einer ungünstigen Steuerklasse ohne sachlichen Grund für rechtsmißbräuchlich ansieht, auf andere Forderungen ausgeweitet wird (LG Köln Rechspfleger 1996/120 = DVGZ 1996/61; AG Köln Jur. Büro 1997/158 mit zustimmender Anmerkung Ernst; AG Memmingen Jur. Büro 1986/660 und AG Philippsburg Jur. Büro 1986/661; vgl. Stöber, Forderungspfändung, 11. Aufl. 1996, Rdnr. 1134 Fn. 2), erscheint dies der Kammer im Ergebnis bedenklich. Denn grundsätzlich ist nur das tatsächliche Einkommen pfändbar und nicht ein fiktives Einkommen, das der Schuldner bei gehöriger Anstrengung hätte erzielen können. Hat ein Ehegatte daher von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine von der Steuerklasse IV abweichende Steuerklasse zu wählen, so muß diese rechtlich zulässige Wahl grundsätzlich auch von dem Pfändungsgläubiger hingenommen werden. Eine Ausnahme ist – im Ergebnis mit der Ansicht des OLG Zweibrücken a.a.O. und des LG Köln a.a.O. – nach Ansicht der Kammer allenfalls dann zu machen, wenn der Schuldner gerade wegen der ausgebrachten oder bevorstehenden Pfändung eine die Pfändung benachteiligende Steuerklasse wählt. Ist dagegen völlig unabhängig und schon lange vor der Pfändung aus völlig anderen Gründen eine Steuerklasse gewählt worden, die ex-post gesehen den Gläubiger benachteiligt, so besteht nach Ansicht der Kammer kein Grund, die Wahl zur Zeit der beginnenden Pfändung als rechtsmißbräuchlich anzusehen. Vielmehr muß sich der Pfändungsgläubiger in diesen Fällen grundsätzlich daran halten, daß nur das tatsächliche Nettoeinkommen und nicht ein fiktiv höher erzielbares Einkommen pfändbar ist.

Vorliegend ist nichts dafür ersichtlich und von der Gläubigerin vorgetragen, daß die Schuldnerin gerade wegen der bevorstehenden oder ausgebrachten Pfändung rechtsmißbräuchlich die für sie ungünstigere Steuerklasse V gewählt hat. Der angefochtene Beschluß hat mit Recht darauf hingewiesen, daß die Pfändungsgläubigerin nicht dargelegt hat, daß ohne sachlichen Grund eine Änderung allein zum Nachteil der Gläubigerin erfolgt ist. Dem Ergebnis des angefochtenen Beschlusses kann daher mit etwas anderer Begründung zugestimmt werden.

Die Beschwerde ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen. Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 3 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1241334

FamRZ 1999, 1003

JurBüro 1999, 158

InVo 1999, 89

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