Verfahrensgang

AG Bottrop (Beschluss vom 27.07.2001; Aktenzeichen 18 M 247/01)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin hin wird der Beschluss des Amtsgerichts Bottrop vom 27.07.01 abgeändert. Es wird gem. § 850 c Abs. 4 ZPO bestimmt, dass ab Antragstellung (26. Mai 2001) die Ehefrau des Schuldners, G. St. bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ganz unberücksichtigt bleibt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Schuldner nach einem hiermit festgesetzten Wert von 1.300,– DM.

 

Gründe

Die Gläubigerin hat mit dem Vortrag, die Ehefrau des Schuldners verfüge über ein hinreichendes eigenes Einkommen, die Anordnung beantragt, die Ehefrau bei der Berechnung des Pfändungsfreibetrages unberücksichtigt zu lassen. Dass die getrennt lebende Ehefrau über hinreichendes Einkommen verfüge, ergebe sich schon daraus, dass der Schuldner ihr keinen Unterhalt zahle. Das Amtsgericht hat den Antrag mit der Begründung zurück gewiesen, die Gläubigerin habe keine konkreten Angaben dazu gemacht, wovon die Ehefrau ihren Unterhalt bestreite. Die gegen den ablehnenden Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist gem. § 11 RPflG, § 793 ZPO statthaft, insgesamt zulässig und auch begründet. Die getrennt lebende Ehefrau des Schuldners ist bei der Berechnung der Pfändungsfreigrenze nicht als Unterhaltsberechtigte zu berücksichtigen. Dies folgt bereits daraus, dass der Schuldner ihr keinen Unterhalt zahlt, wie die Gläubigerin substantiiert vorgetragen und der Schuldner auch nicht bestritten hat. Dass ein Unterhaltsberechtigter, selbst wenn er einen Unterhaltsanspruch hat, nur zu Gunsten des Schuldners zu berücksichtigen ist, wenn der Schuldner tatsächlich Unterhalt zahlt, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 850 c Abs. 1 Satz 2 ZPO: „Gewährt der Schuldner … Unterhalt” und ist auch allgemein anerkannt (s. Musielak/Becker, ZPO, 2. Aufl. 2000, § 850 c Rn. 4 m.w.N.; Zöller/Stöber, ZPO, 22. Aufl. 2001, § 850 c Rn. 5).

Schon die Tatsache, dass ein Schuldner keinen Unterhalt zahlt, rechtfertigt damit unabhängig von einer Zahlungsverpflichtung und ungeachtet eines eigenen Einkommens des Unterhaltsberechtigten einen Antrag nach § 850 c Abs. 4 ZPO (Stöber, Forderungspfändung, Rn. 1061), denn auch diese Vorschrift geht von der tatsächlichen Gewährung von Unterhalt aus: „welcher der Schuldner … Unterhalt gewährt”. Zudem kann im Rahmen des Absatz 4 kein anderer Maßstab gelten als im Rahmen des Absatz 1 des § 850 c ZPO. Auch ein unterhaltsverpflichteter Schuldner bliebe nicht ungeschützt, denn er könnte die Wiederaufnahme der Zahlung nach § 850 g ZPO geltend machen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Wertfestsetzung auf § 3 ZPO.

 

Unterschriften

gez. Lackmann, gez. Schmidt, gez. Dr. Lashöfer

 

Fundstellen

Haufe-Index 933102

InVo 2002, 194

ZVI 2002, 273

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