Die Gestaltung der Arbeit beeinflusst das Ausmaß körperlicher und geistiger Anforderungen, die jede Tätigkeit und jeden Arbeitsplatz kennzeichnen. Zur Arbeitsgestaltung gehören außer der Ausgestaltung der Aufgabe selbst auch die Arbeitsorganisation, die Arbeitsumgebung und die sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz (Abbildung 10).[1] Krankenkassen beraten Betriebe zu Möglichkeiten der Berücksichtigung gesundheitlicher Belange bei der Arbeitsgestaltung. Dabei fokussieren sie insbesondere auf die im Folgenden beschriebenen Schlüsselfaktoren der Arbeitsgestaltung zur Senkung von Gesundheitsrisiken und Stärkung von Gesundheitsressourcen. Neben eigenen Leistungen im Rahmen dieses Leitfadens weisen sie auf Angebote und Hilfen weiterer Zuständiger und Verantwortlicher hin.[2]

Abbildung 10: Beratung zur gesundheitsförderlichen Arbeitsgestaltung (Themen) (Quelle: GKV Spitzenverband)

Präventionsprinzip: Gesundheitsförderliche Gestaltung von Arbeitstätigkeit und -bedingungen

Bedarf

Eine ungünstige Arbeitsgestaltung kann zu Fehlbeanspruchungen – verbunden mit betrieblichen und gesellschaftlichen Folgekosten – führen. Die gesundheitsförderliche Gestaltung von Arbeitstätigkeit und -bedingungen bildet daher einen wichtigen Ansatzpunkt für Maßnahmen von Prävention und Gesundheitsförderung.

Nach der repräsentativen Beschäftigtenbefragung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin und des Bundesinstituts für berufliche Bildung 2012 werden von Beschäftigten vor allem psychische Faktoren im betrieblichen Umfeld als subjektiv belastend empfunden. 52 % der Beschäftigten geben an, "häufig" unter starkem Termin- und Leistungsdruck zu arbeiten und 34 % der Befragten fühlen sich dadurch stark belastet. Auch Multitasking gehört zu den Faktoren, die von den Beschäftigten als stark oder sehr stark belastend wahrgenommen werden. Außerdem stellen Arbeitsunterbrechungen mit 44 % "häufig" für Betroffene eine hohe Anforderung dar, die von 26 % der Befragten als belastend beschrieben wird.[3] Neben psychischen Anforderungen aus Arbeitsinhalt und -gestaltung ist auch die Arbeitszeitorganisation ein wichtiger gesundheitlicher Einflussfaktor: So können z. B. überlange Arbeitszeiten und Schichtarbeit zu einem Mangel an Erholungsmöglichkeit und einer Akkumulation von Ermüdung führen, die sich in der verbleibenden Ruhezeit nicht mehr ausgleichen lässt. Personen mit überlangen Arbeitszeiten weisen ein um 37 % erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf.[4]

Die heutige Arbeitswelt ist zudem durch ständige Veränderungsprozesse gekennzeichnet. Dabei spielen nicht nur große Restrukturierungsmaßnahmen eine Rolle, sondern auch viele kleine Veränderungen, die den Arbeitsalltag prägen. Im Stressreport 2012 gaben 42 % der Erwerbstätigen an, von Reorganisationen in den letzten zwei Jahren betroffen gewesen zu sein. Veränderungsprozesse gehen häufig mit steigenden Anforderungen an die Beschäftigten einher und führen zu unterschiedlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Je mehr Veränderungen stattfinden, desto mehr Beschäftigte fühlen sich "weniger gut oder schlecht".[5]

Seit den 1990er-Jahren wird – bis ca. 2006 – ein Anstieg der psychischen Belastungen in der Arbeitswelt vermerkt; seither ist eine Stabilisierung auf hohem Niveau eingetreten.[6] Wichtige Themen einer gesundheitsförderlichen Arbeitsgestaltung sind neben den arbeitsbezogenen Anforderungen im engeren Sinne auch die Qualität der sozialen Beziehungen zu Kolleginnen und Kollegen und Vorgesetzten am Arbeitsplatz sowie die Frage der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.[7]

Das integrierte Belastungs- und Beanspruchungskonzept stellt mit den Begriffen "Belastung", "Beanspruchung", "Handlungsregulation" und "Beanspruchungsfolgen" einen einheitlichen disziplinübergreifenden begrifflichen Bezugsrahmen für die Erforschung der Auswirkungen von Arbeitsbelastungen auf die menschliche Gesundheit bereit: Unter psychischen Belastungen ist "die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse [zu verstehen], die von außen auf einen Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken". Davon unterschieden ist der Begriff der psychischen Beanspruchung definiert als "die unmittelbare Auswirkung der psychischen Belastung im Individuum in Abhängigkeit von seinen jeweiligen überdauernden oder augenblicklichen Voraussetzungen, einschließlich der individuellen Bewältigungsstrategien".[8] Die psychische Beanspruchung ist das Resultat der bewussten und unbewussten Verarbeitung der Belastung.

Psychische Belastungen in der Arbeitswelt führen nicht zwangsläufig zu psychischen oder körperlichen Erkrankungen; Belastungen sind untrennbar mit jeder Art Arbeit verbunden und nicht per se krankmachend. Sie besitzen vielmehr auch positive Auswirkungen wie Aktivierung und Lernförderung. Problematisch werden sie, wenn sie im Organismus zu Fehlbeanspruchungen führen. Stress stellt – neben psychischer Ermüdung und ermüdungsähnlichen Zuständen wie Monotonie – eine solche Fehlbeanspruchung in Reaktion auf unterschiedliche äußere Einwi...

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