Entscheidungsstichwort (Thema)

Allgemeine Geschäftsbedingungen. ausgehandelt. unangemessene Benachteiligung. Kontrahierungszwang des Arbeitgebers. Arbeitsvertrag. Bindung. hinreichend bestimmt. Transparenzgebot. Größenordnung. Ausbildungskosten. „Aushandeln” einer Rückzahlungsklausel betreffend Ausbildungskosten. Transparenz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein „Aushandeln” von Vertragsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB liegt nicht vor, wenn ein Gespräch über eine Klausel wie ein „Schlagabtausch” verläuft, ohne dass vom Verwender irgendwelche Signale für die Bereitschaft zu einer Änderung zum Ausdruck gebracht werden.

2. Eine Rückzahlungsklausel in einem Studien- und Ausbildungsvertrag mit nachvertraglicher betrieblicher Bleibefrist stellt eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs.1 Satz 1 BGB dar, wenn der Arbeitgeber seinerseits keinerlei Verpflichtung eingeht, dem Arbeitnehmer die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung überhaupt zu ermöglichen.

3. Enthält eine Rückzahlungsklausel keinerlei Angaben über den Inhalt, den Ort, den zeitlichen Umfang und die Vergütung der nach der Ausbildung geschuldeten arbeitsvertraglichen Tätigkeit, verstößt sie gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. I Satz 2 BGB und ist damit unangemessen.

4. Klauseln, die die Rückzahlung von Aus- und Fortbildungskosten regeln, müssen Angaben zur etwaigen Größenordnung der auflaufenden Kosten enthalten, um dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zu genügen. Anderenfalls ist die Klausel unwirksam.

 

Normenkette

BGB § 305 Abs. 1, §§ 307, 310 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Flensburg (Urteil vom 09.01.2007; Aktenzeichen 1 Ca 1051/06)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 09.01.2007 – 1 Ca 1051/06 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten jetzt noch um die Verpflichtung zur Rückzahlung anteiliger Ausbildungskosten.

Die Beklagte stand vom 01.08.2001 bis zum 30.06.2006 in einem Vertragsverhältnis zur Klägerin. Davon absolvierte sie in der Zeit vom 01.08.2001 bis zum 30.09.2002 eine Berufsausbildung zur Bürokauffrau, die ursprünglich für die Dauer von 3 Jahren vorgesehen war. Anfang 2002 unterbreitete ihr die Klägerin das Angebot, die Ausbildung abzubrechen und ein duales Studium anzufangen. Die Beklagte erklärte sich nach einem Tag Bedenkzeit mit der Aufnahme des Studiums einverstanden. Die Klägerin formulierte daraufhin den streitbefangenen Studien- und Ausbildungsvertrag und übergab ihn der Beklagten mit der Bitte, kurzfristig evtl. Änderungs- oder Ergänzungswünsche zu äußern.

Der Vertrag sieht u.a. Folgendes vor: In Ziffer 1 Abs. 2 Satz 2 vereinbarten die Vertragsparteien, dass die Beklagte die Kaufmannsgehilfenprüfung vor der zuständigen Industrie- und Handelskammer auf jeden Fall als externer Prüfling erfolgreich abzulegen hat (Anlage K 1 – Bl. 6 d.A.). Das hatte gemäß Ziffer 1.2 im Jahre 2004 zu geschehen (Bl. 7 d.A.). In Ziffer 1.3 wurde ausdrücklich geregelt, dass eine Probezeit nicht vereinbart wird, da die Beklagte bereits seit mehr als 3 Monaten im Ausbildungsbetrieb tätig ist. Ziffer 5 des Vertrages enthält detaillierte Regelungen zur Vergütung. Ziffer 7 lautet u. a. wie folgt:

„Während der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und ohne Angaben von Gründen mit einer Frist von 2 Wochen zum Monatsende gekündigt werden.

Nach der Probezeit kann das Vertragsverhältnis von beiden Seiten nur aus wichtigem Grund, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Von der Studierenden kann die Ausbildung mit einer Frist von 4 Wochen gekündigt werden, wenn die Ausbildung aufgegeben wird.

Für Frau … wird auf eine Probezeit verzichtet, da bereits eine mehrmonatige Erprobungszeit erfolgreich absolviert wurde.

Bei Kündigungen des Ausbildungsverhältnisses wegen Betriebsaufgabe bemüht sich der Ausbildungsbetrieb rechtzeitig um die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses in einem anderen geeigneten Unternehmen.

7.2 Schadensersatz bei vorzeitiger Beendigung

Bei vorzeitiger Beendigung des Vertragsverhältnisses nach Ablauf der Probezeit, können der Ausbildungsbetrieb oder die Studierende Schadensersatz verlangen ….„ (Bl. 11,12 d.A.)

Ziffer 9 – Sonstige Vereinbarungen – enthält u.a. folgende Regelungen:

Ziffer 9.3

Zwischen dem Ausbildungsbetrieb und der Studierenden besteht z. Zt. ein Berufsausbildungsvertrag, der in der Ausbildungsrolle der Industrie- und Handelskammer zu Flensburg eingetragen ist. Es besteht Einvernehmen darüber, dass dieser Vertrag in gegenseitigem Einvernehmen beendet wird, mit Unterzeichnung des neuen, hier vorliegenden Studien- und Ausbildungsvertrages. Die bisherigen Ausbildungszeiten werden nicht auf den jetzt vorliegenden neuen Ausbildungsvertrag angerechnet.

Ziffer 9.4

Es wird vereinbart, das 2/3 der durch den Ausbildungsbetrieb übernommenen Kosten (ohne Ausbildungsvergütung) bei Vertragsbeendigung zurückzuerstatten sind. Die ...

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