Entscheidungsstichwort (Thema)

Weiterbeschäftigungsanspruch, Kündigung, Widerspruch, Betriebsrat, Sozialauswahl, Unterhaltspflicht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der auf § 102 Abs. 5 BetrVG gestützte Weiterbeschäftigungsanspruch kann nur entstehen, wenn neben den anderen Anspruchsvoraussetzungen ein frist- und ordnungsgemäßer Widerspruch des Betriebsrats vorliegt.

2. Der Widerspruch ist dann beachtlich, wenn die Widerspruchsgründe mittels Angabe von Tatsachen konkretisiert werden.

3. Stützt der Betriebsrat den Widerspruch auf die Behauptung einer fehlerhaften sozialen Auswahl, so reicht die formelhafte Anführung der Gesetzesbestimmung des § 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG nicht aus. Die Darlegung des Betriebsrats muß sich vielmehr am Vortrag des Arbeitgebers orientieren. Hat der Arbeitgeber seine Auswahlüberlegungen dezidiert – etwa anhand eines Punkteschemas – mitgeteilt, so gebietet die Konkretisierungspflicht des § 102 Abs. 3 Satz 1 BetrVG eine konkrete Stellungnahme, warum die Auswahlüberlegungen des Arbeitgebers nicht ausreichend sein sollen.

 

Normenkette

BetrVG § 102 Abs. 2-3, 5, § 2

 

Beteiligte

Firma T. GmbH & Co. KG

Recep A

 

Verfahrensgang

ArbG Neumünster (Zwischenurteil vom 10.08.1999; Aktenzeichen 2 Ga 13 c/99)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts vom 10. August 1999 – 2 Ga 13 c/99 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die antragsgegnerische Arbeitgeberin verpflichtet ist, den Verfügungskläger bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens 2 Ca 941 e/98 zu unveränderten Bedingungen als Maschinenbediener weiterzubeschäftigen und darüber, ob die Verfügungsbeklagte verlangen kann, daß sie von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung zu entbinden ist.

Wegen des Sach- und Streitstandes wie er in erster Instanz vorgelegen hat, wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landesarbeitsgericht hat durch Urteil vom 29. Juli 1999 – 4 Sa 44/99 – das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 17. Dezember 1998 – 2 Ca 941 c/98 – abgeändert und die Klage abgewiesen. Es hat festgestellt, daß die Kündigung der Beklagten nicht sozialwidrig ist, sondern das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31. Juli 1998 aufgelöst hat.

Gleichwohl hat das Arbeitsgericht mit dem Urteil vom 10. August 1999 die antragsgegnerische Arbeitgeberin verurteilt, den Verfügungskläger bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens 2 Ca 941 e/98 zu unveränderten Bedingungen als Maschinenbediener weiterzubeschäftigen und den Hilfsantrag der Verfügungsbeklagten, sie von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung zu entbinden zurückgewiesen.

Es hat seine Entscheidung darauf gegründet, daß der Kündigungsrechtsstreit des Verfügungsklägers noch nicht mit der Verkündung einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts in der Sitzung vom 29. Juli 1999 rechtskräftig beendet worden sei, vielmehr folge der Weiterbeschäftigungsanspruch aus § 102 Abs. 5 BetrVG. Der Widerspruch des Betriebsrats gegen die Kündigung des Verfügungsklägers sei nicht offensichtlich unbegründet, er enthalte vielmehr eine kurze Begründung, die sich mit der Frage der zutreffenden sozialen Auswahl befasse. Soweit die Verfügungsbeklagte hilfsweise Entbindung von ihrer Weiterbeschäftigungspflicht geltend mache, müsse sie darauf verwiesen werden, daß sie diesen Antrag grundsätzlich selbst im Wege der einstweiligen Verfügung verfolgen müsse und diesen Anspruch nicht als Einwand in einem Verfahren geltend machen könne, mit dem der Arbeitnehmer seine Weiterbeschäftigung betreibe. Die Verfügungsbeklagte als Arbeitgeberin könne nur und ausschließlich durch eine von ihr selbst erwirkte einstweilige Verfügung von ihrer Weiterbeschäftigungspflicht entbunden werden. Darüber hinaus lägen aber auch keine Gründe des § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG vor. Nachdem der Verfügungskläger in erster Instanz mit der Kündigungsschutzklage obsiegt habe, könne nicht davon ausgegangen werden, daß seine Klage keine hinreichende Erfolgsaussicht biete oder mutwillig wäre. Die Weiterbeschäftigung des Verfügungsklägers noch bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsstreitverfahrens könne nicht zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung der Verfügungsbeklagten führen, denn sie habe ihn seit Ablauf der Kündigungsfrist bis zum Termin der Berufungsverhandlung bereits seit fast einem Jahr weiterbeschäftigt, ohne während dieser ganzen Zeit wirtschaftliche Unzumutbarkeit geltend zu machen.

Wegen der Entscheidungsgründe im übrigen wird auf die des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen das ihr am 20. August 1999 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster richtet sich die am 20. September 1999 eingelegte und am 20. Oktober 1999 begründete Berufung der Beklagten.

Die Beklagte greift das arbeitsgerichtliche Urteil damit an, daß ein offensichtlich unbegründeter Widerspruch des Betriebsrats vorliege. Die Wiederholung des Gesetzeswortlauts des § 102 Abs. 3 BetrVG reiche nicht aus. Der Widerspruch nach § 102 ...

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