Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitliche Grenzen des Anspruchs auf Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gem. § 109 GewO ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Zeugnis zu erteilen. Dieser Anspruch ist zu diesem Zeitpunkt entstanden und zugleich fällig, für den Arbeitgeber jedoch erst erfüllbar, wenn der Arbeitnehmer von seinem Wahlrecht, ein einfaches oder qualifiziertes Zeugnis zu verlangen, Gebrauch gemacht hat.

2. Streiten die Parteien in einem Kündigungsschutzprozess über die Rechtmäßigkeit der Kündigung oder einer Befristung, so entsteht der Anspruch auf Erteilung eines Endzeugnisses bereits zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung. Denn der Arbeitnehmer kann ein Zeugnis über Führung und Leistung schon "bei" und nicht erst "nach" Beendigung des Arbeitsverhältnisses fordern.

3. Der Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses verfällt gem. § 37 Abs. 1 TVöD, wenn er nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht worden ist.

 

Normenkette

BGB § 242; GewO § 109; TvöD § 37 Abs. 1 S. 1; BGB § 611; TVöD § 37

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Entscheidung vom 22.03.2018; Aktenzeichen 11 Ca 412/17)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 22. März 2018, Az. 11 Ca 412/17, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten noch über den Anspruch des Klägers auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Der 1972 geborene Kläger weist einen Grad der Behinderung von 50 auf (Bescheid des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung von 2017). Er war bei der Beklagten auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom September 2005 (Bl. 112 d. A.) zunächst als Teilzeitbeschäftigter seit Oktober 2005 und dann ab Juni 2006 aufgrund Arbeitsvertrags vom Mai 2006 (Bl. 111 d. A.) als vollzeitbeschäftigter Gemeindearbeiter angestellt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der TVöD Anwendung. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund ordentlicher arbeitgeberseitiger Kündigung mit Ablauf des 31. Dezember 2016. Die Kündigung sowie die Entfernung von Abmahnungen aus der Personalakte des Klägers waren Gegenstand eines Kündigungsschutzverfahrens vor dem Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach, Az. 7 Ca 657/16. Die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts vom 24. November 2016 wurde durch das LAG Rheinland-Pfalz am 8. Juni 2017, Az. 2 Sa 2/17, zurückgewiesen.

Mit Klageschrift vom 31. Mai 2017, eingegangen beim angerufenen Arbeitsgericht am gleichen Tag, verfolgte der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit zunächst Ansprüche auf Abrechnung und Auszahlung von Urlaub, Zahlung einer Jahressonderzahlung/Weihnachtsgeld und Annahmeverzugsvergütung für die Monate Januar bis April 2017, mit einer Klageerweiterung vom 22. November 2017 Annahmeverzugsvergütung für Mai 2017.

Nach Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 8. Juni 2017, Az. 2 Sa 2/17, durch das Bundesarbeitsgericht durch Beschluss vom 6. Dezember 2017 (Az. 2 AZN 823/17) erbat der Kläger von der Beklagten mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2017 sowie Fax an den Beklagtenvertreter vom gleichen Tag (Bl. 46 d. A.), ihm ein wohlwollendes und qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen. Die Beklagte lehnte die Zeugniserteilung mit Schreiben vom 21. Dezember 2017 unter Berufung auf die tarifvertragliche Ausschlussfrist des § 37 TVöD ab.

Mit am 18. Januar 2018 beim Arbeitsgericht eingegangenem, der Beklagten am 25. Januar 2018 zugestelltem Schriftsatz vom 17. Januar 2018 erweiterte der Kläger seine Klage um den Zeugniserteilungsanspruch.

Der Kläger hat vorgetragen,

die Ausschlussfrist greife vorliegend nicht. Der Anspruch sei durch das Kündigungsschutzverfahren gehemmt gewesen vor dem Hintergrund, dass er die Wirksamkeit der Kündigung angefochten habe. Bislang habe er kein wohlwollendes und qualifiziertes Arbeitszeugnis einklagen können. Der Anspruch auf ein qualifiziertes und wohlwollendes Arbeitszeugnis entstehe erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Erst durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts sei dies vorliegend geklärt worden und insofern erst dann der Anspruch auf Erteilung des Arbeitszeugnisses entstanden.

Der Kläger hat - nach Rücknahme seiner Anträge im Übrigen - erstinstanzlich zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihm ein qualifiziertes und wohlwollendes Arbeitszeugnis zu erteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen,

der Anspruch auf Zeugniserteilung unterliege der Ausschlussfrist des § 37 TVöD. Er sei mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig gewesen, somit dem 31. Dezember 2016. Arbeitsgerichtliche Prozesse hätten keine aufschiebende Wirkung. Darüber hinaus sei das Verlangen rechtsmissbräuchlich. Wenn der Kläger bislang nie ein Zeugnis verlangt habe, brauche er d...

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