Entscheidungsstichwort (Thema)

Probezeitkündigung in Kleinbetrieb. Unbegründete Kündigungsschutzklage eines alleinerziehenden Vaters bei unzureichenden Darlegungen eines maßregelnden Zusammenhangs zwischen Kündigung und Freistellung von der Arbeitspflicht zur Versorgung seines kranken Kindes

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Wirksamkeit einer Kündigung innerhalb der Probezeit im zeitlichen Zusammenhang mit der Übermittlung des ärztlichen Zeugnisses i.S.d. § 45 SGB V an den Arbeitgeber.

1. § 45 Abs. 1 S. 3 SGB V gewährt dem Arbeitnehmer (bei Erkrankung eines Kindes) nicht nur einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit, sondern bei rechtswidriger Verweigerung auch das Recht, der Arbeit eigenmächtig fern zu bleiben.

2. Eine Kündigung des Arbeitgebers, die wegen Ausübung dieses Rechts erfolgt, stellt eine unzulässige Maßregelung i.S.d. § 612 a BGB dar und ist nach § 134 BGB nichtig.

 

Normenkette

BGB §§ 134, 612a; SGB V §§ 45, 45 Abs. 1, 1 S. 3; KSchG § 1 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 10.03.2016; Aktenzeichen 2 Ca 1639/15)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 10.03.2016 - 2 Ca 1639/15 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

  • II.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

  • III.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung während der Probezeit.

Der Kläger ist alleinerziehender Vater eines 2011 geborenen Sohnes. Er war bei dem Beklagten aufgrund des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 15.06.2015 (Bl. 4 ff. d.A.) als Kurierfahrer zu einem Bruttostundenlohn von 8,50 EUR und einer 35 Stunden-Woche beim Beklagten eingestellt. Der Arbeitsvertrag sah unter § 1 Ziffer 4. eine sechsmonatige Probezeit mit zweiwöchiger Kündigungsfrist vor.

Der Kläger hatte vom 30.11.2015 bis 04.12.2014 Urlaub. Am 01.12.2015 informierte der Kläger den Beklagten per WhatsApp-Nachricht, dass sein Sohn in der nächsten Woche operiert werde, er daher noch den 07.12.2015 Urlaub bräuchte und der Rest der Woche (bis zum 11.12.2015) über die Krankenkasse laufen würde. Der Beklagte antwortete hierauf per WhatsApp-Nachricht am 02.12.2015, dass dies in Ordnung gehe.

Vom 08.12.2015 bis 10.12.2015 befand sich der Sohn des Klägers sodann wegen eines operativen Eingriffs in vorstationärer Behandlung im Westpfalz/Klinikum Kaiserslautern. Der Kläger wurde aufgrund des jungen Alters seines Sohnes mitaufgenommen. Die (weiter-)behandelnden Kinderärzte schrieben den Sohn des Klägers schließlich am Freitag den 11.12.2015 bis zum 31.12.2015 weiter krank und attestierten die Erforderlichkeit der Betreuung und Beaufsichtigung durch den Kläger. Die entsprechenden ärztlichen Bescheinigungen für den Bezug von Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes faxte der Kläger dem Beklagten noch am gleichen Tag mittags gegen 13.50 Uhr.

Am späten Nachmittag des 11.12.2015 gegen 17.00 Uhr überreichte der Beklagte dem Kläger persönlich eine ordentliche arbeitgeberseitige fristgerechte Kündigung zum 25.12.2015.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 22.12.2015 eingegangenen Klage, da er die schriftliche Kündigung des Beklagten für eine unzulässige Maßregelung hält.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 11.12.2015 nicht aufgelöst worden ist.
  2. den Beklagten zu verurteilen, den Kläger über den 25.12.2015 hinaus als Kurierfahrer weiter zu beschäftigen.

Der Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen,

er habe den Kläger nicht wegen der Erkrankung seines Sohnes entlassen. Die Krankenkasse habe den Kläger bezahlt und er habe keine zusätzlichen Kosten gehabt. Die Kündigung sei innerhalb der 6-monatigen Probezeit erfolgt. Den Grund müsse er nicht angeben. Es sei Zufall, dass das Kind zum Ende der Probezeit operiert wurde. Er habe am 30.11.2015 den Kollegen des Klägers C angesprochen und ihm gesagt, dass er eine Kündigung an den Kläger geschrieben habe. Bei diesem Gespräch habe ihm Herr C gesagt, dass er eigentlich zwei Wochen Kündigungsfrist einhalten müsse. Deshalb habe er die Kündigung vom 30.11.2015 nicht an den Kläger abgegeben. Dies alles beweise, dass er schon am 30.11.2015 habe kündigen wollen.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat mit am 10.03.2016 verkündeten Urteil der Klage stattgegeben. Die Kündigung vom 11.12.2015 sei rechtsunwirksam, weil sie gegen § 612a BGB verstoße. Der Kläger habe in zulässiger Weise sein Recht aus § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB V ausgeübt, als er während der OP seines Sohnes und dessen Erkrankung bis 31.12.2015 von der Arbeit fern geblieben sei. Der Beklagte habe auch gekündigt, weil der Kläger sein Recht nach § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB V ausgeübt habe. Er habe gewusst, dass ab dem 09.12.2015 die Operation des Kindes anstand. Die Einlassungen des Beklagten im Schriftsatz vom 08.02.2016 seien nicht nachvollziehbar. Dies gelte insbesondere für die Behauptung, er habe die Kündigung am 30. November 2015 desh...

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