Entscheidungsstichwort (Thema)

Kürzung. Urlaubsansprüche, übergesetzliche. Abzug von übergesetzlichen Urlaubstagen wegen krankheitsbedingten Fehlzeiten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Vereinbarung zur Kürzung von übergesetzlichen Urlaubsansprüchen wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten des Arbeitnehmers unterfällt dem Anwendungsbereich des § 4a EFZG zumindest dann, wenn der Urlaubsanspruch mit einem Anspruch auf ein zusätzliches Urlaubsgeld akzessorisch verknüpft ist und der Urlaub dadurch eine geldwerte Leistung beinhaltet.

2. Werden dem Arbeitnehmer mehrere Sondervergütungen gemäß § 4a EFZG gewährt, so ist die Kürzungsgrenze nach § 4a S. 2 EFZG für alle Sondervergütungen insgesamt zu betrachten.

 

Normenkette

EFZG § 4a

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 18.10.2011; Aktenzeichen 8 Ca 1111/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.10.2013; Aktenzeichen 9 AZR 374/12)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 18.10.2011, Az. 8 Ca 1111/11, abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Urlaubskonto des Klägers 4 Tage Urlaub gutzuschreiben.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitig vorgenommenen Kürzung von übergesetzlichen Urlaubstagen des Klägers aufgrund von krankheitsbedingten Fehltagen.

Der 1958 geborene Kläger ist seit dem 01.05.2007 bei der Beklagten als Polsterer beschäftigt. Er erhält einen monatlichen Festlohn von 2.075,06 EUR brutto. Der Jahreswert der an den Kläger im Jahr 2011 gezahlten Bruttobeträge betrug 26.683,77 EUR.

Die Beklagte ist nicht tarifgebundenes Mitglied im Verband der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie Rheinland-Pfalz e.V..

Die Parteien vereinbarten zunächst unter Datum vom 19.03.2007 ein zeitbefristetes Arbeitsverhältnis. Dieses wurde mit Arbeitsvertrag vom 29.04.2008 in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt.

Nach § 5 des Arbeitsvertrags vom 29.04.2008 erhält der Kläger einen kalenderjährlichen Erholungsurlaub von 20 Arbeitstagen (= 4 Wochen) sowie unter den in der Rahmenvereinbarung zum Beschäftigungsverhältnis festgelegten Voraussetzungen einen zusätzlichen freiwilligen Urlaub von 7 Arbeitstagen (= 1,4 Wochen).

Gemäß § 9 des Arbeitsvertrags ist die beiliegende Rahmenvereinbarung Bestandteil des Vertrages.

Die Rahmenvereinbarung zum Beschäftigungsverhältnis enthält die grundsätzlichen Rahmenregelungen für die Arbeitsverhältnisse im Betrieb der Beklagten. Sie wurde von den Parteien am 19.03.2007 unterzeichnet und enthält folgende Regelungen:

VIII. Urlaub

4. Der Anspruch auf den über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinausgehenden zusätzlichen Urlaub entfällt

a) Für krankheitsbedingte Fehltage gilt folgende Staffel

Vom 4. – 7. Krankheitstag

1 Urlaubstag

Vom 8. – 11. Krankheitstag

2 Urlaubstage

Vom 12. – 15. Krankheitstag

3 Urlaubstage

Vom 16. – 19. Krankheitstag

4 Urlaubstage

Vom 20. – 23. Krankheitstag

5 Urlaubstage

Vom 24. – 27. Krankheitstag

6 Urlaubstage

Vom 28. – 31. Krankheitstag

7 Urlaubstage

5. Die für den vorzeitig und zuviel gewährten Urlaub gewährte Urlaubsvergütung gilt als Entgeltvorschuss. Diesen kann die Firma zurückfordern und mit Zahlungsforderungen verrechnen.

X. Zusätzliches Urlaubsgeld

1. Das zusätzliche Urlaubsgeld beträgt für jeden Tag Erholungsurlaub EUR 20,45. Es ist eine freiwillige Zahlung; auch eine wiederholte Gewährung begründet keinen Rechtsanspruch.

2. …. Es wird mit dem Juni-Gehalt/Lohn ausbezahlt.

3. Der Anspruch auf das zusätzliche Urlaubsgeld entfällt:

d) Wenn der Urlaub auf Verlangen des Mitarbeiters in Geld abgegolten wird.

4. Bereits gewährtes Urlaubsgeld gilt als Entgeltvorschuss. Diesen kann die Firma zurückfordern oder mit Zahlungsforderungen verrechnet.

XI. Sondervergütungen

1. Die Gewährung einer Sonderzahlung wird vom Betriebsergebnis abhängig gemacht und jährlich neu geprüft. Sie ist eine einmalige freiwillige Zahlung; auch eine wiederholte Gewährung begründet keinen Rechtsanspruch. …

3. Für den Fall der Erkrankung wird pro Tag ein Dreißigstel der Sonderzahlung abgezogen. Sofern die Sonderzahlung durch die Kürzung voll aufgezehrt wird, entfällt der Anspruch.

Insgesamt fehlte der Kläger im Jahr 2011 an 27 Arbeitstagen krankheitsbedingt. Hierauf kürzte die Beklagte den übergesetzlichen Urlaubsanspruch um insgesamt 6 Urlaubstage. Für diese 6 Tage erfolgte keine Auszahlung des zusätzlichen Urlaubgeldes.

Die Sonderzahlung der Beklagten betrug im Jahr 2011 100 % des Bruttomonatsentgelts. Die Beklagte hatte dies für alle Arbeitnehmer durch Aushang im Betrieb bekannt gemacht und zugesagt.

In der Lohnabrechnung des Klägers für den Monat 2011 ist die Sonderzahlung als Weihnachtsgeld ausgewiesen, und zwar in einem negativen Betrag von 118,– EUR und einem positiven Betrag von 1.519,– EUR.

Mit seiner hier vorliegenden Klage vom 04.07.2011 begehrte der Kläger zunächst die Gutschrift von 2 Urlaubstagen auf seinem Urlaubskonto. Die Klage erweiterte er mit Schriftsatz vom 26.09.2011 um weitere zwei Urlaubst...

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