Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsänderung. Verfügung, einstweilige. Einstweilige Verfügung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG ist jedenfalls dann nicht zulässig, wenn beide Betriebspartner die Verhandlungen zur Führung eines Interessenausgleichs für gescheitert erklärt und die Einigungsstelle angerufen haben.

 

Normenkette

BetrVG § 111

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Beschluss vom 24.08.2006; Aktenzeichen 4 BVGa 7/06)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragegnerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen – 4 BVGa 7/06 – vom 24.08.06 aufgehoben und der Antrag des Antragstellers zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller (folgend: Betriebsrat) ist der A. in A-Stadt. Er wurde aufgrund eines Tarifvertrages über die Betriebsratsstruktur vom 25.11.2002 gebildet. Er wurde für die an dem Tarifvertrag beteiligten Gesellschaften der W GmbH, der W V GmbH sowie der Antragsgegnerin (folgend: Arbeitgeberin), gebildet.

Die Arbeitgeberin informierte den Betriebsrat am 10.07.2006 darüber, dass man beabsichtige, den Betrieb der Arbeitgeberin zum 31.07.2006 zu schließen. In diesem Betrieb waren 19 Arbeitnehmer beschäftigt.

Am 14.07.2006 fanden Gespräche über einen Interessenausgleich zwischen dem Betriebsrat und der Arbeitgeberin statt. Im Laufe dieser Verhandlungen äußerte der Betriebsrat den Wunsch, einen Rechtsanwalt zu Rate ziehen zu dürfen, um mit ihm rechtliche Fragen erörtern zu können, insbesondere ob gegebenenfalls ein Betriebsübergang vorliegen könnte.

Die Arbeitgeberin genehmigte insofern ein Beratungsgespräch im Umfang von zwei Stunden.

Mit der Kostenübernahmebestätigung wurde dem Betriebsratsvorsitzenden am 14.07.2006 ein Vorschlag für einen Interessenausgleich übermittelt.

Zu weiteren Verhandlungen kam es nicht mehr. Der Arbeitgeber schlug insofern einen Verhandlungstermin in der 33. Kalenderwoche vor, wobei der Betriebsrat zuvor mitgeteilt hatte, dass er während dieser Woche unabkömmlich sei. Zu dem seitens des Betriebsrats in der Folgewoche vorgeschlagenen Verhandlungstermin kam es ebenfalls nicht.

Der Arbeitgeber erklärte dem Betriebsrat mit Schreiben vom 18.08.2006, dass er die Verhandlungen über einen Interessenausgleich für gescheitert erachte.

In seiner Sitzung am 20.08.2006 beschloss auch der Betriebsrat, dass auch nach seiner Ansicht die Verhandlungen über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan gescheitert sind. Er beschloss, die Einigungsstelle anzurufen.

Mit Schreiben vom 18.08.2006 überreichte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat Anhörungsschreiben zu insgesamt neun Kündigungen gemäß § 102 BetrVG. Die Kündigungen wurden am 26.08.2006 ausgesprochen. Einer der verbleibenden zehn Mitarbeiter befindet sich in der Freistellungsphase seines Altersteilzeitvertrages. Mit den anderen neun Arbeitnehmern sind Aufhebungsverträge geschlossen worden. Derzeit finden im Rahmen der ablaufenden Kündigungsfristen noch Abwicklungsarbeiten bei der Arbeitgeberin statt. Werbend ist sie nicht mehr tätig.

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich vorgetragen, er sei nur unzureichend über die geplante Betriebsänderung informiert worden. Insbesondere habe er keine Information darüber erhalten, ob es sich hier gegebenenfalls um einen Betriebsübergang auf ein anderes Unternehmen handeln könnte. Insofern lägen Anhaltspunkte vor.

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich beantragt,

  1. dem Arbeitgeber aufzugeben, ihn unverzüglich und umfassend über die geplante und teilweise schon durchgeführte Betriebsänderung zum 31.07.2006 unter Vorlage der dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Unterlagen zu unterrichten und die geplante Betriebsänderung mit dem Betriebsrat zu beraten.
  2. Dem Arbeitgeber zu untersagen, im Rahmen der geplanten Betriebsschließung betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen, bis die Verhandlungen über einen Interessenausgleich gemäß §§ 112 Abs. 1 und 2 BetrVG abgeschlossen oder gescheitert sind.

Hilfsweise:

Dem Arbeitgeber aufzugeben, es zu unterlassen, betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen, solange der Betriebsrat über die geplante und teilweise schon durchgeführte Betriebsänderung zum 31.07.2006 unter Vorlage der dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht unterrichtet und solange sie mit dem Betriebsrat nicht beraten ist.

Hierzu höchst hilfsweise:

Dem Arbeitgeber aufzugeben, es zu unterlassen, betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen und durchzuführen, solange die Verhandlungen über einen Interessenausgleich noch nicht begonnen haben.

1. Für jeden Tag der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus dem Antrag zu 2) wird dem Arbeitgeber ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft des Geschäftsführers, Herrn U, bis zu 6 Monaten angedroht.

Die Arbeitgeberin hat erstinstanzlich keinen Antrag gestellt. Das Arbeitsgericht hat Anhörungstermin auf den 24.08.2006 bestimmt und die Einlassungs- und Ladungsfristen abgekürzt. Die Antragsschrift ist vom Arbeitsgericht an eine Telefaxnummer übersendet worden, die seitens des Betr...

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