Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsnatur des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs ist ein reiner Geldanspruch, der nicht dem Fristenregime des BUrlG unterliegt. Daher kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer seinen Urlaub im betreffenden Urlaubsjahr oder bis zum Ende des Übertragungszeitraums im Folgejahr verlangt hat.

 

Normenkette

BUrlG § 7 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 20.06.2012; Aktenzeichen 3 Ca 865/12)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 20.06.2012 in Gestalt der teilweise Abhilfe- und Nichtabhilfeentscheidung vom 24.07.2012 teilweise abgeändert und

a)

dem Kläger für den ersten Rechtszug auch Prozesskostenhilfe bewilligt soweit er Urlaubsabgeltung für 20 Tage aus 2011 in Höhe von € 2.584,60 brutto beantragt.

Gleichzeitig wird ihm zur Wahrnehmung seiner Rechte im Rechtsstreit Herr Rechtsanwalt D., D-Stadt, beigeordnet.

Die Bewilligung erfolgt mit der Maßgabe, dass der Kläger vorerst keine Raten an die Landeskasse zu zahlen hat.

Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass er verpflichtet ist, die von der Landeskasse getragenen Prozesskosten (Gerichtskosten und Rechtsanwaltskosten) zurückzuzahlen, sobald sich seine wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verbessern.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde des Klägers ist - soweit ihr das Arbeitsgericht nicht bereits abgeholfen hat - teilweise begründet. Nach § 114 ZPO erhält eine bedürftige Partei Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Der Klageantrag auf Zahlung von Urlaubsabgeltung für das Jahr 2011 bietet teilweise Aussicht auf Erfolg. Der Kläger macht Urlaubsabgeltung für 28 Tage aus 2011 in Höhe von € 3.563,63 brutto geltend. Er kann mit hinreichender Erfolgsaussicht Urlaubsabgeltung für 20 Tage in Höhe von € 2.584,60 beanspruchen. Der weitergehende Antrag ist unbegründet.

Der Kläger war seit dem 20.03.2011 im Gasthaus des Beklagten zu einem Bruttomonatslohn von € 2.800,00 als Koch beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag haben die Parteien einen Jahresurlaub von 28 Arbeitstagen vereinbart. Der Urlaub war mindestens zur Hälfte in den Betriebsferien zu nehmen. Vom 13. bis zum 22.07.2011 (10 Tage) hatte das Gasthaus nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten geschlossen. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete, wenn nicht bereits durch die schriftliche fristlose Kündigung des Beklagten vom 20.05.2012, spätestens durch die hilfsweise ordentliche Kündigung zum 30.06.2012.

Der Kläger hatte im Jahr 2011 gemäß § 4 BUrIG den vollen Urlaubsanspruch von 28 Arbeitstagen erworben, weil das Arbeitsverhältnis im ersten Halbjahr 2011 begonnen hat. Im Streitfall hat der Beklagte vom 13. bis 22.07.2011 Betriebsferien angeordnet. Der Urlaubsanspruch des Klägers ist durch diese zeitliche Festsetzung im Umfang von 8 Arbeitstagen erfüllt worden. Auch wenn die Urlaubserteilung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrIG gegenüber einem einzelnen Arbeitnehmer nicht im Ermessen des Arbeitgebers gemäß § 315 Abs. 1 BGB steht, kann der Arbeitgeber in einem betriebsratslosen Betrieb Betriebsferien kraft des ihm obliegenden Direktionsrechts einführen (LAG Düsseldorf vom 20.06.2002 - 11 Sa 378/02 - BB 2003, 156, m.w.N.).

Damit kann der Kläger gemäß § 7 Abs. 4 BUrIG noch die Abgeltung von 20 Urlaubstagen aus 2011 beanspruchen. Der Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs ist ein reiner Geldanspruch, der nicht dem Fristenregime des BUrIG unterliegt. Das Bundesarbeitsgericht hat seine Rechtsprechung zum Charakter des Abgeltungsanspruchs als Surrogat des Urlaubsanspruchs insgesamt aufgegeben (BAG vom 19.06.2012 - 9 AZR 652/10 - [...]). Deshalb kommt es, entgegen der Ansicht des Beklagten, nicht darauf an, ob der Kläger seinen Urlaub im Urlaubsjahr 2011 oder bis zum Ende des Übertragungszeitraums am 31.03.2012 verlangt hat.

Bei einem Monatsverdienst von € 2.800,00 errechnet sich ein Urlaubsentgelt von € 129,23 pro Urlaubstag ([3 Monate x € 2.800,00] ./. 65 Arbeitstage), so dass sich der Abgeltungsanspruch für 20 Tage auf € 2.584,60 brutto beläuft. Der weitergehende Antrag hat keine Erfolgsaussicht.

Da die Beschwerde überwiegend erfolgreich war, fallen Gerichtskosten nicht an. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es unter Berücksichtigung von §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass. Dieser Beschluss ist daher nicht anfechtbar.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI3448628

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