Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksam abbedungener Anspruch eines Leiharbeitsnehmers auf Fahrtkostenerstattung bei betrieblicher Übung zur pauschalen Fahrtkostenerstattung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der grundsätzliche Anspruch eines Leiharbeitnehmers auf Erstattung der Fahrkosten für die Strecke vom Verleiherbetrieb zur konkreten Einsatzstelle folgt aus § 670 BGB.

2. Der Anspruch nach § 670 BGB kann durch eine im Betrieb des Verleihers bestehende betriebliche Übung abbedungen werden.

3. Eine betriebliche Übung zur Fahrtkostenerstattung, die eine Erstattung in Höhe von 0,30 EUR pro Entfernungskilometer ab dem 21. Entfernungskilometer bezogen auf die Strecke zwischen dem Wohnort des Arbeitnehmers und dem Entleiherbetrieb beinhaltet, hält der AGB Kontrolle gemäß §§ 305 ff. BGB stand.

 

Normenkette

BGB §§ 305, 670, 151, 242, 305c Abs. 1, § 307 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 3 S. 2, § 611 Abs. 1; EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4; MTV Zeitarbeit BZA-DGB § 8.7

 

Verfahrensgang

ArbG Osnabrück (Entscheidung vom 27.02.2013; Aktenzeichen 2 Ca 320/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 27.02.2013 - 2 Ca 320/12 - teilweise abgeändert und die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 27.02.2013 - 2 Ca 320/12 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche des Klägers als Leiharbeitnehmer auf Erstattung von Fahrtkosten für Fahrten zwischen dem Betriebssitz der Beklagten als Verleiherin und dem Einsatzbetrieb.

Der Kläger war vom 29.11.2010 bis 30.04.2012 bei der Beklagten, die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung betreibt, als Schweißer tätig. Grundlage des Arbeitsverhältnisses bildete der schriftliche Arbeitsvertrag vom 25.11.2010. In dessen Ziffer 2 haben die Parteien u.a. den Manteltarifvertrag Zeitarbeit BZA-DGB-Tarifgemeinschaft vom 22.07.2003 in das Arbeitsverhältnis einbezogen. Unter Ziffern 22 und 24 ist wörtlich nachstehendes vereinbart worden:

"...

22. Ausschlussfrist

Der Mitarbeiter ist zur unverzüglichen Nachprüfung der Lohnabrechnung verpflichtet. Beanstandungen sind unverzüglich vorzubringen. Im Übrigen gilt die tarifvertragliche Ausschlussfrist.

...

24. Nebenabreden

Nebenabreden zu diesem Vertrag bedürfen zur Wirksamkeit der Schriftform.

..."

Wegen der weiteren Einzelheiten des schriftlichen Arbeitsvertrages wird auf Blatt 5 bis 9 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Der Kläger wurde während des streitgegenständlichen Zeitraumes von Mai bis Oktober 2012 und von Dezember 2012 bis Januar 2013 durchgängig in einem Betrieb in D. eingesetzt. Die Entfernung zwischen seinem Wohnort zu diesem Einsatzbetrieb beträgt 21,7 km (einfache Strecke). Die Entfernung von seinem Wohnort zur Betriebsstätte der Beklagten beläuft sich auf 11,4 km (einfache Strecke).

Im Betrieb der Beklagten besteht eine Fahrtkostenregelung in Form einer betrieblichen Übung. Danach wird von Seiten der Beklagten Fahrtkostenerstattung gewährt, soweit die einfache Entfernung vom Wohnort des Arbeitnehmers zum Einsatzort mehr als 20 km beträgt. In diesem Fall erhält der Arbeitnehmer für die Strecke zum Einsatzort ab dem 21. km pro Entfernungskilometer 0,30 €. In Umsetzung dieser Regelung hat der Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum pro Arbeitstag zumindest 0,60 € erhalten.

Mit Schreiben vom 13.08.2012 wies der Kläger die Beklagte darauf hin, dass er arbeitstäglich einen Anspruch auf Fahrtkostenerstattung von 10,3 km x 2 x 0,30 € pro Kilometer und mithin in Höhe von 6,18 € habe. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Schreiben wird auf Blatt 39 und 30 d.A. Bezug genommen. Zuvor hatte der Kläger seinen Anspruch für November 2010 bis April 2012 mit Schreiben vom 07.06.2012 erfolglos gegenüber der Beklagten geltend gemacht.

Mit der am 28.09.2012 beim Arbeitsgericht Osnabrück eingegangenen Klage hat der Kläger die Beklagte zuletzt auf Fahrtkostenerstattung für die Monate Mai bis Oktober 2012 und Dezember 2012 sowie Januar 2013 in einer Gesamthöhe von 721,26 € brutto nebst Zinsen in Anspruch genommen.

Er hat die Auffassung vertreten, die Mehrkosten für die Fahrten zum Entleiher abzüglich der Fahrten von seinem Wohnort zum Verleiher erbringe er Interesse der Beklagten. Deshalb habe er nach § 670 BGB einen entsprechenden Aufwendungserstattungsanspruch. Der Kläger fahre einen VW Passat, der auf einer Strecke von 100 km etwa 9 bis 10 Liter verbrauche, woraufhin pro gefahrenen Kilometer 0,30 € als Aufwendungsersatz zugrunde zu legen seien. Auf den sich hieraus errechnenden Anspruch lasse sich der Kläger die von der Beklagten bereits erstatteten Fahrtkosten anrechnen. Die betriebliche Fahrtkostenregelung der Beklagten genüge zunächst dem Schriftformerfordernis für Nebenabreden nach Ziffer 24 des Arbeitsvertrages nicht. Zudem stelle sie eine unangemessene Benachteiligung dar, weil so nur ein Bruchteil des Hinweges und der Rückweg überhaupt nicht vergütet würden.

Der Kl...

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