Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachgrund zur Befristung des Arbeitsverhältnisses durch gerichtliche Protokollierung eines übereinstimmenden Vorschlags der Parteien. Kontrollpflichten des Gerichts bei Vergleichsabschluss

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Sachgrund zur Befristung durch Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG ist nicht nur gegeben, wenn der Vergleich auf Vorschlag des Gerichts zustande kommt. Es genügt, wenn es zu einem gerichtlichen Vergleich im Sinne von § 278 Abs. 6 ZPO kommt, der auch auf übereinstimmenden Vorschlag der Parteien geschlossen werden kann. (gegen BAG 15.02.2012 7 AZR 734/10).

2. Das Gericht ist gehalten vor Feststellung des Vergleichsschlusses nicht nur zu prüfen, ob der von den Parteien unterbreitete Vergleichsvorschlag gegen gesetzliche Verbote oder gegen § 138 BGB verstößt. Es hat darüber hinaus zu kontrollieren, ob die Schutzinteressen des Arbeitnehmers im Vergleich ausreichend brücksichtigt worden sind (§ 17 Abs. 2 BeurkG).

 

Normenkette

BeurkG § 17 Abs. 6; TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8; ZPO § 278 Abs. 6, 6 S. 1 Alt. 1, Abs. 6 S. 1 Alt. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Hannover (Entscheidung vom 17.04.2013; Aktenzeichen 8 Ca 20/13 Ö)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 14.01.2015; Aktenzeichen 7 AZR 2/14)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 17. April 2013 - 8 Ca 20/13 Ö - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Parteien steht im Streit, ob ihr Arbeitsverhältnis auf Grund einer Befristung zum 31.12.2012 endete. Von Bedeutung ist dabei, ob sich die Befristung auf einen gerichtlichen Vergleichsvorschlag gründete oder nicht.

Die 1952 geborene Klägerin war bei der beklagten Agentur für Arbeit seit dem 09.08.1993 wiederholt mit einzelnen Unterbrechungen mehrfach befristet eingestellt. Gegen die mit Vertrag vom 01.04.2009 vereinbarte (vorletzte) Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.12.2010 erhob sie beim Arbeitsgericht Hannover im Verfahren 7 Ca 192/10 Ö Entfristungsklage. Eine hierzu am 05.05.2010 durchgeführte Güteverhandlung endete ohne Einigung; allerdings regte der Vorsitzende Richter in der Sitzung an, den Rechtsstreit im Wege einer einvernehmlichen Verlängerung der Befristung zu beenden. Im Einvernehmen mit den Parteien wurde ein Termin zur Fortsetzung der Güteverhandlung anberaumt. Im Schriftsatz vom 08.06.2010 an das Arbeitsgericht schrieb der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin:

"...teile ich mit, dass die Parteien sich außergerichtlich geeinigt haben. Ich bitte folgendes gemäß § 278 Absatz 6 ZPO durch Beschluss festzustellen:

1. Der befristete Arbeitsvertrag der Parteien vom 01.04.2009 endet mit Ablauf des 31.12.2010.

2. Die Beklagte wird die Klägerin erneut befristet beschäftigen in der Zeit vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2012. Die Befristung beruht auf § 14 I Nr. 8 TzBfG.

3. Die Beklagte verpflichtet sich, die Klägerin bei der Besetzung von Dauerarbeitsplätzen bevorzugt zu berücksichtigen, sofern sie die sachlichen persönlichen Voraussetzungen für den zu besetzenden Arbeitsplatz erfüllt.

4. Die Beklagte verpflichtet sich, auch nach dem 31.12.2012 zu prüfen, ob sich - unter Berücksichtigung der sachlichen und persönlichen Voraussetzungen - für die Kläger Beschäftigungsmöglichkeiten ergeben. Die Parteien sind sich darüber einig, dass dadurch für die Klägerin kein Rechtsanspruch auf ein weiteres befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis erwächst.

5. Der Rechtsstreit ist damit erledigt."

Daraufhin erging entsprechend der Verfügung des Vorsitzenden Richters vom 10.06.2010 (Blatt 57 der Akte 7 Ca 192/10 Ö) unter dem gleichen Datum der folgende Beschluss:

"... schlägt das Gericht den Parteien folgenden V e r g l e i c h vor:

1. Der befristete Arbeitsvertrag der Parteien vom 01.04.2009 endet mit Ablauf des 31.12.2010.

2. Die Beklage wird die Klägerin erneut befristet beschäftigen in der Zeit vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2012. Die Befristung beruht auf § 14 I Nr. 8 TzBfG.

3. Die Beklagte verpflichtet sich, die Klägerin bei der Besetzung von Dauerarbeitsplätzen bevorzugt zu berücksichtigen, sofern sie die sachlichen persönlichen Voraussetzungen für den zu besetzenden Arbeitsplatz erfüllt.

4. Die Beklagte verpflichtet sich, auch nach dem 31.12.2012 zu prüfen, ob sich - unter Berücksichtigung der sachlichen und persönlichen Voraussetzungen - für die Klägerin Beschäftigungsmöglichkeiten ergeben. Die Parteien sind sich darüber einig, dass dadurch für die Klägerin kein Rechtsanspruch auf ein weiteres befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis erwächst.

5. Der Rechtsstreit ist damit erledigt.

Die Beklagte wird gebeten, zu diesem Vergleichsvorschlag binnen 2 Wochen Stellung zu nehmen (Annahme?).

Im Fall der Annahme wird das Gericht das Zustandekommen und den Inhalt des Vergleichs gemäß § 278 Abs. 6 ZPO durch Beschluss feststellen..."

Mit Schreiben der beklagten Agentur für Arbeit vom 15. Juni 20...

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