Entscheidungsstichwort (Thema)

Offensichtlich unzuständige Einigungsstelle zur Bestellung eines Wirtschaftsausschusses für gemeinsamen Betrieb zweier Unternehmen

 

Leitsatz (amtlich)

Die Frage, ob ein Wirtschaftsausschuss für den gemeinsamen Betrieb zweier Unternehmen zu bestellen ist oder bereits wirksam in der Vergangenheit bestellt worden ist, kann nicht im Rahmen eines Verfahrens nach § 109 BetrVG i. V. m. § 98 ArbGG geklärt werden. Der Streit über die Errichtung des Wirtschaftsausschusses bleibt dem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach § 2 a ArbGG vorbehalten.

 

Normenkette

ArbGG §§ 2a, 98; BetrVG §§ 1, 106, 109

 

Verfahrensgang

ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Entscheidung vom 05.12.2012; Aktenzeichen 3 BV 32/12)

 

Tenor

Die Beschwerde des Gemeinsamen Betriebsrats und Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 5. Dezember 2012 - 3 BV 32/12 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind im Streit über die Einsetzung einer Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand "Auskunft über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens für das Jahr 2010 und 2011". Grundlegend ist dabei die Frage, ob die Beteiligten zu 2) und 3) als selbständige Unternehmen im Bereich der Wohnungswirtschaft, die einen gemeinsamen Betrieb mit zusammen etwa 130 Arbeitnehmern führen, rechtlich gehalten sind einen Wirtschaftsausschuss zu bilden. Der für den gemeinsamen Betrieb gewählte Betriebsrat und Beteiligte zu 1) hatte bereits im Juni 2010 beschlossen einen Wirtschaftsausschuss zu gründen. Demgegenüber vertraten die Beteiligten zu 2) und 3) nach Unterrichtung seitens des Betriebsrats darüber mit Schreiben vom 18. Juni 2010 die Rechtsauffassung, dass in dem Gemeinschaftsbetrieb zweier selbständiger Unternehmen ein Wirtschaftsausschuss nicht zu bilden sei. Im September 2010 teilte der gemeinsame Betriebsrat und Beteiligte zu 1) den Beteiligten zu 2) und 3) mit, dass sich der Wirtschaftsausschuss am 08. September 2010 konstituiert habe und benannte dabei die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses. Ob die Arbeitgeberseite an Sitzungen des Wirtschaftsausschusses zwischenzeitlich teilgenommen hat, ist unter den Beteiligten streitig.

Mit Schreiben vom 14.März 2012 forderte die Arbeitgeberseite den Betriebsrat zu Verhandlungen über einen Interessenausgleich zu einer geplanten Betriebsänderung auf und überreichte in diesem Zusammenhang Unterlagen über die wirtschaftliche Situation der Beteiligten zu 2) und 3). Hierzu wird auf Blatt 60 - 72 der Gerichtsakten Bezug genommen.

Mit einer E-Mail der Prokuristin der Arbeitgeberseite A. vom 22.Oktober 2012, leiteten die Beteiligten zu 2) und 3) dem gemeinsamen Betriebsrat und Beteiligten zu 1) nochmals den Entwurf einer 2011 erarbeiteten freiwilligen Regelungsabrede zu Angelegenheiten des bei der B. und C. gebildeten Wirtschaftsausschusses zu, welchen der Betriebsrat und Beteiligte zu 1) ablehnte. Zum Inhalt der E-Mail und des Entwurfs der freiwilligen Regelungsabrede wird auf Blatt 81 - 83 d. A. verwiesen.

Das Arbeitsgericht Oldenburg hat mit Beschluss vom 05. Dezember 2012 den Antrag des gemeinsamen Betriebsrats und Beteiligten zu 1) zurückgewiesen, mit dem begehrt wurde:

"zum Vorsitzenden der Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand Auskunft über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens für das Jahr 2010 und 2011, die aktuelle Umsatzlage, die aktuellen Investitionsprogramme, aktuelle Rationalisierungsvorhaben und geplante Änderungen der Betriebsorganisation sowie Vorlage des Wirtschaftsplans für das Jahr 2012, der Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2011 zuzüglich der vorhandenen Berichte und Unterlagen der Wirtschaftsprüfer für den Wirtschaftsausschuss wird Herr Richter am Landesarbeitsgericht Hamm a. D. Herr D. bestellt.

Die Anzahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer wird mit je 3 festgelegt."

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass eine Einigungsstelle im Verfahren nach § 98 Abs. 1 ArbGG die Frage, ob in dem gemeinsamen Betrieb der Beteiligten zu 2) und 3) ein Wirtschaftsausschuss nach § 106 BetrVG rechtmäßig errichtet worden sei, nicht entschieden werden könne. Nach § 98 Abs. 1 ArbGG sei die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar sei, dass ein Mitbestimmungsrecht in der fraglichen Angelegenheit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Frage komme und sich die beizulegende Streitigkeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erkennbar nicht unter einem mitbestimmungspflichtigen Tatbestand des Betriebsverfassungsgesetzes subsummieren lasse. Vorliegend würden die Beteiligten im Kern nicht über das Bestehen und die Reichweite eines Mitbestimmungsrechts streiten, sondern bereits über die Frage, ob in dem gemeinsamen Betrieb überhaupt ein Wirtschaftsausschuss nach § 106 BetrVG errichtet werden könne. Ohne die Klärung dieser Vorfrage könne die Einigungsstelle über das Auskunftsverlangen des Wirtschaftsausschusses nicht befinden. Nur wenn ein solcher rechtswirksam konstit...

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