Entscheidungsstichwort (Thema)

Abweichen von Regelbesetzung in der Einigungsstelle

 

Leitsatz (amtlich)

1) Die Besetzung der Einigungsstelle mit zwei Beisitzern auf jeder Seite ist regelmäßig ausreichend.

2) Eine größere Zahl kann indessen angemessen sein, wenn der Regelungsgegenstand es erfordert und die Betriebspartner sich hierüber nicht verständigen können. Der Betriebspartner, der für ein Abweichen von der Regelbesetzung eintritt, hat hierfür „nachprüfbare” Tatsachen anzuführen (z. B. Komplexität des zu regelnden Sachverhalts, Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen, mit dem Regelungsgegenstand verbundene schwierige Rechtsfragen oder Zumutbarkeit der Einigungsstellenkosten).

 

Normenkette

ArbGG § 98; BetrVG § 76

 

Verfahrensgang

ArbG Hannover (Beschluss vom 09.06.2006; Aktenzeichen 7 BV 3/06)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats und Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover vom 9. Juni 2006 – 7 BV 3/06 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten im zweiten Rechtszug nur noch über die Zahl der in die Einigungsstelle zu entsendenden Beisitzer. Gegenstand der Einigungsstelle soll sein, die „Regelung der Organisation der Ersten Hilfe im Betrieb, einschließlich von Maßnahmen der Prävention im Rahmen des betriebsärztlichen Dienstes und des Wellbeing Bereichs”.

Das Arbeitsgericht hat antragsgemäß den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Niedersachsen P. zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt und die Anzahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer auf zwei festgesetzt. Den insoweit weitergehenden Antrag des Betriebsrats, für jede Seite vier Beisitzer zu bestellen, hat es dagegen zurückgewiesen. Zur Begründung hat es hierzu ausgeführt, dass nicht erkennbar sei, warum für die Klärung der Aufgaben einer nur teilweise in H. tätigen Krankenschwester insgesamt acht Beisitzer in die Einigungsstelle entsandt werden müssten. Es erscheine angesichts des begrenzten Themas der Einigungsstelle ausreichend das jede Seite zwei Beisitzer benenne.

Gegen diesen ihm am 15. Juni 2006 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts hat der Betriebsrat am 23. Juni 2006 zum Landesarbeitsgericht Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet.

Der Betriebsrat vertritt die Auffassung, dass das Arbeitsgericht den Regelungsgegenstand der Einigungsstelle im Blick auf die Besetzung mit Beisitzern verkannt habe. Es gehe nicht lediglich um den Einsatz oder die Aufgaben einer teilweise in H. tätigen Krankenschwester, sondern insgesamt um organisatorische Regelungen im Sinne von § 3 Abs. 2 ArbSchG. Für den Fall, dass die Arbeitgeberseite weiterhin die Meinung vertrete, dass es eines Einsatzes einer Krankenschwester im Betrieb H. nicht mehr bedürfe, müssten generelle Regelungen über die organisatorische Ausgestaltung des Gesundheitsschutzes getroffen werden. Es sei somit eine Bestandsaufnahme der Organisation des betrieblichen Gesundheitsschutzes vorzunehmen, diese zu bewerten und angesichts der von Arbeitgeberseite beabsichtigten Veränderung neu zu gestalten. Da das Mitbestimmungsrecht des örtlichen Betriebsrats von der Arbeitgeberseite noch in Frage gestellt werde, bedürfe es auch juristischer Sachkompetenz im Beisitzerbereich. Außerdem beabsichtige der Betriebsrat eine Beisitzerposition mit einer im Gesundheitsschutz fachkundigen Person zu besetzen. Daneben müssten ein Betriebsratsmitglied und ein betreuender Gewerkschaftssekretär in der Einigungsstelle auf Arbeitnehmerseite vertreten sein.

Der Betriebsrat beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Hannover vom 9. Juni 2006 – 7 BV 3/06 – die Anzahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer auf je vier festzusetzen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die Regelbesetzung mit zwei Beisitzern für jede Seite für ausreichend. Nur in besonders schwierigen und bedeutenden Fällen könne die Zahl der Beisitzer für jede Seite auf drei oder vier erhöht werden. Hier handele es sich jedoch um eine Einigungsstelle mit allenfalls durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad. Schwierigere Rechtsfragen stünden nicht zur Entscheidung an; im Übrigen sei durch die Besetzung mit dem Einigungsstellenvorsitzenden P. sichergestellt, dass die Einigungsstelle über die erforderliche juristische Kompetenz verfüge. Soweit unter den Beteiligten streitig sei, ob für den Regelungsgegenstand die Zuständigkeit des örtlichen Betriebsrats gegeben sei, handele es sich um eine tatsächliche Fragestellung, die sich nur bejahen lasse, soweit es sich um spezifische, ausschließlich den Standort H. betreffende Fragen des Gesundheitsschutzes handele. Es sei des weiteren nicht ersichtlich, weshalb der betreuende Gewerkschaftssekretär Beisitzer in der Einigungsstelle sein müsse.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze vom 22. Juni und 3. August 2006 verwiesen. Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

II.

D...

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