Entscheidungsstichwort (Thema)

Auskunftsanspruch Wirtschaftsausschuss. offensichtliche Unzuständigkeit Einigungsstelle. Auskunftsanspruch gegenüber Holding Gesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Die Einigungsstelle zur Auskunftserteilung gegenüber dem Wirtschaftsausschuss ist nicht offensichtlich unzuständig, wenn die Auskunft über die Vermögensübertragung von einer Konzernholdinggesellschaft verlangt wird, nachdem durch Umstrukturierung ein Gemeinschaftsbetrieb mit mehreren Gesellschaften mit beschränkter Haftung geschaffen wurde und die Holdinggesellschaft dort in Personalfragen „das Sagen” hat.

 

Normenkette

ArbGG § 98; BetrVG §§ 106, 109

 

Verfahrensgang

ArbG Hildesheim (Beschluss vom 20.07.2009; Aktenzeichen 3 BV 3/09)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Betriebsrats und Bet. zu 1) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hildesheim vom 20. Juli 2009 – 3 BV 3/09 – abgeändert.

Zum Vorsitzenden der Einigungsstelle nach § 109 BetrVG zur Beschaffung der verweigerten Auskünfte über wirtschaftliche Angelegenheiten, hier Gewinn- und Verlustrechnung der Bet. zu 10), Auflistung des bei der Einzelrechtsübertragung von der Bet. zu 10) auf die Bet. zu 2)-9) jeweils übertragenen Vermögen sowie Verbleib der erworbenen Assets, wird der Richter am Arbeitsgerichts B. bestellt.

Die Zahl der Beisitzer wird auf je zwei für die Betriebsrats- und die Arbeitgeberseite festgelegt.

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Einigungsstelle zur Regelung der Auskunftspflicht der Beteiligten zu 10) gegenüber dem Wirtschaftsausschuss einzurichten ist.

Der antragstellende Beteiligte zu 1) war zunächst der ehemalige Betriebsrat der B. GmbH, einer Tochtergesellschaft der B2. GmbH, der für den Betrieb der Beteiligten zu 2) und 9) ein Übergangsmandat ausübte. Inzwischen ist ein neuer Betriebsrat des gemeinsamen Betriebes der Beteiligten zu 2) bis 9), nämlich des Gemeinschaftsbetriebes B3. errichtet worden, der an dem Auskunftsbegehren gegenüber der Beteiligten zu 10) festhält.

Die Beteiligen zu 2) bis 9) sind 100%ige Tochtergesellschaften der Beteiligten zu 10). Diese wiederum ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der Beteiligten zu 11), die als reine Holding ohne eigene Arbeitnehmer ihre Geschäfte betreibt. Die Beteiligten zu 2) bis 9) beschäftigen in ihrem Betrieb in H. unter einheitlicher Leitung ca. 270 ehemalige Arbeitnehmer der B. GmbH. Die B. GmbH beschäftigt in ihrem Betrieb in H. bis jetzt ca. 2200 Arbeitnehmer. Auf Grund einer strategischen Neuausrichtung wurde der Betrieb zunächst in die Teile „A./A2.” und „C. neu” aufgespalten. Der Teil „C. neu” umfasst ca. 1800 Arbeitnehmer und wurde auf die B4. GmbH übertragen. Der Teil „A./A2.” ging durch Einzelrechtsübertragung auf die Beteiligte zu 10) über. Diese wiederum gründete die Beteiligten zu 2) bis 9) und übertrug ihnen die verschiedenen Sparten des Betriebes „A./A2.” durch Einzelrechtsübertragung. Die Beteiligte zu 6) wurde an die L. Holding AG verkauft. Nachdem inzwischen die ebenfalls von dem Beteiligten zu 1) verlangten Gewinn- und Verlustrechnungen der Beteiligten zu 2) bis 9) sowie ihre Businesspläne inklusive der Zukunftsplanungen einschließlich der Offenlegung der geschäftlichen Entscheidungen gegenüber dem Betriebsrat erteilt worden sind, beschränkt sich das Auskunftsverlangen nunmehr auf die Vorlage der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung der Beteiligten zu 10) sowie auf die Vorlage einer Auflistung der bei der Einzelrechtsübertragung von der Beteiligten zu 10) auf die Beteiligten zu 2) bis 9) jeweils übertragenen Vermögenswerte sowie auf Vorlage des Verbleibs der erworbenen Assets.

In der Zwischenzeit ist im Zusammenhang mit der beschriebenen Betriebsänderung ein Interessenausgleich und ein Sozialplan geschlossen worden. Im Bereich der Beteiligten zu 2) steht eine Planung an, weiteres Personal in der Größenordnung von 1/5 der Belegschaft abzubauen.

Das Arbeitsgericht hat mit am 20. Juli 2009 verkündeten Beschluss den Antrag des Betriebsrats und Beteiligten zu 1) als unbegründet zurückgewiesen. In der Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, dass die beantragte Einigungsstelle offensichtlich unzuständig im Sinne von § 98 Abs. 1 S. 2 ArbGG sei. Eine Einigungsstelle könne im Zusammenhang mit dem Auskunftsverlangen des Wirtschaftsausschusses nach §§ 106, 109 BetrVG nur entscheiden, ob, wann und in welcher Weise eine Auskunft unter Vorlage welcher Unterlagen zu erteilen sei. Hier scheitere die Bestellung der Einigungsstelle daran, dass der Wirtschaftsausschuss bisher keine konkrete Auskunft im Sinne von § 109 BetrVG verlangt habe und zu dem Verlangen des Betriebsrats auch kein entsprechender Beschluss vorgelegt worden sei. Von daher könne dahinstehen, ob die mit dem Antrag begehrten Unterlagen, die ausschließlich die Beteiligte zu 10) betreffen, verlangt werden könnten oder ob vielmehr die sich nach dieser Vorschrift ergebenden Unterrichtspflichten ausschließlich gegenüber den Beteiligten zu 2) bis 9) bestünden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten...

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