Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufrechnung gegen Betriebsrente

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Aufrechnung des Arbeitgebers gegen Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung mit einem Anspruch, den sich der Arbeitgeber durch Kaufvertrag von einem dritten Gläubiger des Altersversorgungsberechtigten nur deshalb verschafft hat, weil er den abgetretenen Anspruch zur Aufrechnung gegen die Betriebsrentenansprüche verwenden wollte, ist unzulässig und damit unwirksam, weil sie mit der besonderen Funktion der betrieblichen Altersversorgung und dem besonderen rechtlichen Schutz, dem diese unterliegt, nicht vereinbar ist. Eine solche Aufrechnung ist rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB).

2. Gesetzliche Renten und Betriebsrenten sind bei Bestimmung des pfändungsfreien Betrags gem. § 850 e Nr.2 a ZPO ohne einen entsprechenden Beschluss des Vollstreckungsgerichts zusammenzurechnen, wenn es um die Reichweite des Schutzes gegen eine Aufrechnung gem. § 394 BGB geht. Ansonsten ist grundsätzlich eine solcher Beschluss erforderlich.

 

Normenkette

BGB §§ 387, 389, 392, 394, 242; ZPO §§ 850, 850c, 850e

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 08.04.2008; Aktenzeichen 20 Ca 12929/07)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 8. April 2008 – 20 Ca 12929/07 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen in Ziffer 1. geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

57.547,92 EUR (i. W.: siebenundfünfzigtausendfünfhundertsiebenundvierzig 92/100 Euro) netto

zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus

40.606,16 EUR (i. W.: vierzigtausendsechshundertsechs 16/100 Euro) seit 01.10.2006,

jeweils 1.120,28 EUR (i. W.: eintausendeinhundertzwanzig 28/100 Euro) seit 01.11.2006, 01.12.2006, 01.01.2007, 01.02.2007, 01.03.2007, 01.04.2007, 01.05.2007, 01.06.2007, 01.07.2007, 01.08.2007, 01.09.2007, 01.10.2007, 01.11.2007, 01.12.2007,

630,00 EUR (i. W.: sechshundertdreißig Euro) seit 01.01.2008

zu zahlen.

2.Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3.Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 18/19 und der Kläger 1/19.

4.Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche des Klägers auf betriebliche Altersversorgung, gegen die die Beklagte die Aufrechnung mit Ansprüchen erklärt hat, die sie von einer dritten Gläubigerin erworben hat.

Der am 00.00.1938 geborene Kläger war vom 01.04.1962 bis 31.12.1992 im D.-B.-Konzern beschäftigt, davon in der Zeit von 1986 bis 1989 als Direktor der Vertriebsorganisation Inland des Konzerns, sodann ab 01.12.1990 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten – der D. AG – als Leiter der Direktion der Außenbeziehungen innerhalb des Vorstandsressorts. Er schied aus dem Arbeitsverhältnis wegen Differenzen aus, die zwischen den Arbeitsvertragsparteien aufgetreten waren, und trat am 01.01.1996 als Geschäftsführer in die Dienste der Firma H. V. GmbH, die die Geschäfte der Firma A.-H. GmbH & Co. KG wahrnahm. Er schied zum 31.03.1997 aus der genannten Firma aus, die zuvor eine eigenständige Vertriebspartnerin der M.-B. AG war und im Jahr 1997 an die letztgenannte Firma verkauft wurde, was auch zu einem Wechsel in der Rechtsform und der Geschäftsleitung führte.

Die nachmalige Firma A.-H. GmbH nahm den Kläger als Bürgen in Anspruch für die Finanzierung von Kraftfahrzeugen und erstritt vor dem Landgericht München II ein Urteil über die Zahlung von DM 278.807,52 nebst Zinsen. Dieses Urteil ist – nach Zurückweisung der Berufung des Klägers durch das Oberlandesgericht München und Nichtannahme der Revision durch Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 16.10.2001 – rechtskräftig geworden. Mit einer Vereinbarung vom 01.10.2003/09.10.2003 verkaufte die Firma A.-H. GmbH die titulierte Forderung nebst Ansprüchen auf Kosten und Zinsen in damaliger Höhe von Euro 193.730,82 an die Beklagte. In einem Gespräch vom 29.08.2006 teilte diese dem Kläger mit, sie werde den aufgelaufenen Betrag der betrieblichen Altersversorgung des Klägers für die genannte Forderung der Firma A.-H. verwenden. Mit Schreiben vom 14.11.2007 erklärte diese Firma, sie habe die genannte Forderung an die Beklagte veräußert. Der Kläger erhielt jedoch die Vereinbarung vom 01.10./09.10.2003 lediglich in Form einer Fotokopie, deren Inhalt teilweise abgedeckt war. Erst im Verlauf des gegenwärtigen Rechtsstreits wurde eine vollständige Fassung der genannten Vereinbarung vorgelegt.

Der Kläger hat eine Versorgungszusage gemäß den „Bestimmungen zur Ruhegehaltszusage der D.-B. AG für leitende Führungskräfte” vom 01.03.1978. Nach Mitteilung der Beklagten vom 03.11.2006 stehen dem Kläger ab 01.09.2003 betriebliche Versorgungsbezüge in Höhe von Euro 1.893,57 brutto monatlich zu. Mit Schreiben vom April 2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, seine Versorgungsbezüge erhöhten sich ab 01.01.2007 auf Euro 1.997,72 brutto monatlich.

Erstmals am 29.08.2006 beantragte der Kläger die Auszahlung seiner Betriebsrente. Nach Ziffer IV.1. der „Bestimmungen zur Ruhegehaltszusage der D.-B....

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