Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsabgeltungsanspruch. Anwendung tarifvertraglicher Ausschlussfristen

 

Leitsatz (amtlich)

Nach Aufgabe der sog. Surrogationstheorie durch das BAG (BAG 24.03.2009 – 9 AZR 983/07) unterliegt der Urlaubsabgeltungsanspruch als „normaler” Zahlungsanspruch in Bezug auf den gesetzlichen Mindesturlaub und den Schwerbehindertenzusatzurlaub den tarifvertraglichen Ausschlussfristen.

 

Normenkette

TVöD § 37; BUrlG §§ 7, 13; SGB IX § 125; Richtlinie 2003/88/EG Art. 7

 

Verfahrensgang

ArbG Regensburg (Urteil vom 04.02.2010; Aktenzeichen 8 Ca 1022/09)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 04.02.2010 – 8 Ca 1022/09 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Urlaubsabgeltung.

Der Kläger war aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 07.10.1992 vom 01.11.1992 bis 31.12.2007 als Krankengymnast bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin, dem Landkreis L., beschäftigt. Sein monatliches Bruttogehalt betrug zuletzt 0,00 EUR. Der Kläger ist ein schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von zuletzt 70. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund Auflösungsvertrages vom 27.08.2007 mit Ablauf des 31.12.2007.

Im Arbeitsvertrag ist bestimmt, dass sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestellten-Tarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung bestimmt und außerdem die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung finden.

Nach § 37 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten von der/dem Beschäftigten geltend gemacht werden.

Der Kläger war seit 07.09.2004 bis 06.03.2006 infolge Krankheit arbeitsunfähig. Ihm wurde für die Zeit vom 01.05.2005 bis 31.01.2006 eine befristete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zuerkannt. Seit 01.02.2006 erhält er eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Den gesetzlichen Urlaub von vier Wochen (bei arbeitsvertraglich vereinbarter Fünf-Tage-Woche: 20 Urlaubstage) sowie den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen nach § 125 Abs. 1 SGB IX (fünf Urlaubstage) hat der Kläger für die Jahre 2005 bis 2007 nicht eingebracht. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien beträgt die Urlaubsabgeltung für einen Urlaubstag 135,36 EUR brutto.

Mit Schreiben vom 08.07.2009 machte der Kläger einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung in Höhe von 10.152,- EUR brutto geltend. Die Beklagte lehnte die Erfüllung mit Schreiben vom 04.08.2009 ab.

Der Kläger ist der Auffassung, er habe auf der Grundlage der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 20.01.2009 (C-350/06 und C-520/06 – „Schultz-Hoff”) sowie der im Anschluss daran entwickelten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Anspruch auf die geltend gemachte Urlaubsabgeltung. Der Anspruch sei – entgegen der Auffassung der Beklagten – nicht aufgrund der tarifvertraglichen Ausschlussfrist verfallen. Dies gelte auch für den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen. Auch bestehe kein Vertrauensschutz zugunsten der Beklagten.

Die Beklagte ist dagegen der Auffassung, sowohl der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub als auch der Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen seien gem. § 37 TVöD verfallen. Denn bei den genannten Abgeltungsansprüchen handle es sich nunmehr um rechtlich selbstständige Zahlungsansprüche, die mit dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis entstünden und fällig würden und nicht mehr denselben Voraussetzungen unterfielen wie der Urlaubsanspruch selbst. Jedenfalls für das Jahr 2005 könne sie sich auf Vertrauensschutzgrundsätze berufen. Zumindest der Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen unterliege dem Verfall gem. § 26 Abs. 2 a TVöD i. V. m. § 7 Abs. 3 BUrlG, da allein das Bundesurlaubsgesetz der Umsetzung der Richtlinie 2003/88/EG diene. Abgesehen davon habe das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund einer konkludenten Vereinbarung seit 07.03.2006 geruht, nachdem der Kläger – nach „Aussteuerung” durch die Krankenkasse – Leistungen der Arbeitslosenversicherung bezogen habe.

Das Arbeitsgericht Regensburg hat mit Endurteil vom 04.02.2010 – 8 Ca 1022/09 –, auf das hinsichtlich des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des streitigen Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug, der erstinstanzlich gestellten Anträge sowie der Einzelheiten der rechtlichen Erwägungen des Erstgerichts verwiesen wird, die Klage abgewiesen.

Es hat zur Begründung ausgeführt, die geltend gemachten Urlaubsabgeltungsansprüche seien jedenfalls gem. § 37 Abs. 1 TVöD verfallen. Ob das Arbeitsverhältnis geruht habe, könne dahinstehen. Nach der vom Bundesarbeitsgericht vorgenommenen Änderung seiner Rechtsprechung durch die Entscheidung vom 24.03.2009 (9 AZR 983/07) fänden tarifvertragliche...

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