Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerachtlassung ehrenamtlich Tätiger bei der Berechnung der Schwellenwerte zur Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes. Kündigung im Kleinbetrieb eines gemeinnützigen Vereins der Jugendarbeit

 

Leitsatz (amtlich)

Ehrenamtlich Tätige sind bei der Berechnung des Schwellenwertes nach § 23 Abs. 1 KSchG nicht einzubeziehen.

 

Normenkette

KSchG § 23 Abs. 1; BGB §§ 134, 242, 612a; KSchG § 23 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

ArbG München (Entscheidung vom 20.05.2014; Aktenzeichen 10 Ca 172/13)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 20.05.2014 - 10 Ca 172/13 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von drei Kündigungen.

Die Klägerin war bei dem Beklagten seit 01.10.2009 zunächst als Auszubildende tätig. Mit Arbeitsvertrag vom 26.06.2012 wurde die Klägerin beim Beklagten seit 01.07.2012 zu einem monatlichen Bruttoentgelt in Höhe von EURO 1.204,85 im Rahmen einer 30-Stunden-Woche beschäftigt.

Mit Schreiben vom 31.01.2013 kündigte der Beklagte die Klägerin ordentlich zum 28.02.2013. Unter dem 13.06.2013 erklärte der Beklagte zudem, eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung. Schließlich sprach der Beklagte mit Schreiben vom 07.03.2014 eine weitere ordentliche Kündigung zum 30.04.2014 aus.

Der Beklagte ist ein gemeinnütziger Verein, der als freier Träger verschiedene Projekte betreibt. Zu diesen Projekten gehören bzw. gehörten insbesondere die Projekte Jugendmigrationsdienst, internationales Kindertheater der Stadt I., I1, M., C. und K.

Bei dem Beklagten kommen in ganz erheblichem Umfang ehrenamtliche Mitarbeiter zum Einsatz. Grundlage dieses Einsatzes ist jedenfalls zum Teil eine schriftliche Vereinbarung für ehrenamtliche Betreuer. Der Beklagte legt hierzu drei Vereinbarungen vor, die nach dem Vortrag der Beklagten exemplarisch seien. In § 1 dieser Vereinbarungen ist unter anderem festgehalten:

"... Er/Sie übernimmt diese Tätigkeit ehrenhalber, also unentgeltlich. Dieser Vertrag begründet kein arbeitsrechtliches Rechtsverhältnis. Es ergeben sich keine Ansprüche auf Übernahme in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis.

§ 2 Weisungsrecht

Der/Die ehrenamtliche Tätige richtet sich bei der Erfüllung seiner/ihrer Tätigkeiten nach den Weisungen derjenigen Personen, die hierzu vom Auftraggeber ermächtigt worden ist. Die Einsatzzeit wird in beiderseitigem Einvernehmen festgelegt. Der/Die ehrenamtlich Tätige ist verpflichtet, die betriebliche Ordnung und die Hausordnung zu beachten. ...

§ 6 Aufwendungsersatz:

Der Auftraggeber ersetzt dem/der ehrenamtlich Tätigen die Aufwendungen, die nach den Umständen für erforderlich gehalten werden konnten, insbesondere Kosten für Fahren, Verpflegungsmehrbedarf und Fachliteratur durch eine pauschale, monatliche Aufwandsentschädigung in Höhe von EURO 175,--. ..."

Die weiteren beiden vorgelegten Vereinbarungen weisen eine Aufwandsentschädigung von monatlich pauschal EURO 100,-- vor. Zum Wortlaut der Vereinbarungen wird auf die Anlagen B 17 - B 19 (Bl. 459 ff. d. A.) verwiesen.

Ausweislich einer ärztlichen Bescheinigung vom 22.05.2013 wurde bei der Klägerin am 12.03.2013 eine Schwangerschaft festgestellt. Damals habe sich die Klägerin "in der rechnerisch sieben + vier Schwangerschaftswoche" befunden. Am 22.03.2013 sei allerdings keine Schwangerschaft mehr festzustellen gewesen, was auf einen Spontanabort zurückzuführen sei. Wegen des genauen Wortlauts wird auf die ärztliche Bescheinigung vom 22.05.2013, Bl. 58 d. A., verwiesen. Der Beklagte erhielt eine Mitteilung über diese Schwangerschaft am 03.06.2013.

Über eine gemäß ärztlicher Bescheinigung am 21.05.2013 festgestellte erneute Schwangerschaft der Klägerin wurde der Beklagte am 17.06.2013 informiert.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass der Beklagte mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftige, weshalb das Kündigungsschutzgesetz greife. Insgesamt 114 namentlich im Einzelnen benannte Personen, würden Arbeitnehmervergütung erhalten. Am 01.04.2012 seien zwei neue Mitarbeiter, Frau D1 und Frau P1, eingestellt worden, was klar belege, dass eine betriebsbedingte Kündigung unwirksam sei. Alle diese Personen seien in die Berechnung zur Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes einzubeziehen. Entscheidend sei, dass für diese Personen ein dauerhafter Beschäftigungsbedarf bestünde. Der Geschäftsbetrieb der Beklagten könne ohne sie - vor allem ohne die ehrenamtlichen Kräfte - nicht ansatzweise aufrechterhalten werden. Insoweit seien hier dieselben Grundsätze anzuwenden, wie sie sich aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum dauerhaften Einsatz von Leiharbeitnehmern ergeben. Zudem seien alle diese Personen weisungsgebunden. Zwei weitere Personen, Frau R1 und Frau D1 seien zusätzlich mit mehr als 30 Stunden pro Woche einzubeziehen, da sie zwar keinen Arbeitsvertrag mit der Beklagten hätten, allerdings in einem Projekt der Beklagten eingesetzt würden. Mit weiterem Schriftsatz führte die B...

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