Entscheidungsstichwort (Thema)

Einigungsstelle

 

Leitsatz (amtlich)

Angesichts des Gebots der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen der Arbeitgeberin und ihrem Betriebsrat (hier Gesamtbetriebsrat) gem. § 2 Abs. 1 BetrVG spricht nicht wenig dafür, dass eine Einigungsstelle nicht das vorrangige Institut zur Beilegung von Rechtsstreitigkeiten betrieblicher Art ist, sondern erst zum Zuge kommen soll, wenn Verhandlungen zwischen den Betriebsparteien gescheitert oder jedenfalls erkennbar von vorneherein zum Scheitern verurteilt sind.

Nur dann, wenn im Anrufungsverfahren gem. § 98 Abs. 1 ArbGG im Hinblick auf die Annahme des Bedarfs zur Bildung einer Einigungsstelle gem. § 76 Abs. 1 S. 1 BetrVG eine Rechtsmissbräuchlichkeit der Antragstellerin erkennbar ist, ist dieser Antrag zurückzuweisen. Dies gilt unbeschadet der Sonderregelung des § 98 Abs. 1 S. 2 ArbGG, wonach wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle die Anträge nur zurückgewiesen werden dürfen, wenn sie offensichtlich unzuständig ist.

 

Normenkette

BetrVG § 76 Abs. 1 S. 1, § 87 Abs. 2 S. 1; ArbGG § 98

 

Verfahrensgang

ArbG München (Beschluss vom 16.01.2007; Aktenzeichen 30 BV 547/06)

 

Tenor

1. Die Beschwerde gegen denBeschluss des Arbeitsgerichts München vom16. Januar 2007 – Gz.: 30 BV 547/06 – wird zurückgewiesen.

2. Gegen diesen Beschluss findet keine Rechtsbeschwerde statt.

 

Tatbestand

I.

Die Beschwerdegegnerin (künftig: Arbeitgeberin) verlangt die Bestellung des Vorsitzenden einer Einigungsstelle und die Bestimmung der Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer; Gegenstand dieser Einigungsstelle soll die Einführung und Nutzung der Software G. bei ihr sein. Dabei geht es im Kern allein um die Frage, ob ein „Bedarf” zur Bildung einer Einigungsstelle gem. § 76 Abs. 1 S. 1 BetrVG besteht.

Sie hat mehrere Niederlassungen in Deutschland, in denen es Betriebsräte gibt.

Der Beschwerdeführer ist der bei ihr gebildete Gesamtbetriebsrat.

Es gab zwischen den Beteiligten immer wieder Meinungsverschiedenheiten über die Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen im EDV-Bereich gem. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Seit 2003 ist es zum Abschluss von 13 Betriebsvereinbarungen ohne Einschaltung einer Einigungsstelle in diesem Bereich gekommen.

Die Arbeitgeberin hat ihrem Gesamtbetriebsrat in einer Anlage zu einer E-mail vom 19. Juli 2006 den Entwurf einer Betriebsvereinbarung „IT-Absprache zu G.” zur Regelung der Einführung und Nutzung dieser G.-Software übermittelt, um Stellungnahme hierzu bis 2. August 2006 und die Aufnahme von Verhandlungen darüber am 7. oder 9. August 2006 gebeten. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass hier ein Mitbestimmungsrechts des Gesamtbetriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG besteht.

Daraufhin hat der Gesamtbetriebsrat mit E-Mail vom 11. August 2006 einen Gegenentwurf übermittelt, in dem nach der Darstellung der Arbeitgeberin der „altbekannte Dissens in Grundsatzfragen aufgezeigt” wurde.

Am 7. September 2006 erfolgte konzernweit einheitlich die Einführung G. außer in Deutschland; hier stimmte der Gesamtbetriebsrat „am 4.10.2006 einer zweckbefristeten Duldung des tools” zu, weshalb dessen erste aktive Nutzung von 9. bis 18. Oktober 2006 erfolgte, wobei es darum ging, damit auch die „hiesigen Teilnehmer” für das vom Konzern aufgelegte Aktienprogramm melden zu können. Eine vollständige, insbesondere dauerhafte Regelung wurde damals nicht vereinbart.

Die Beteiligten haben am 5. Oktober 2006 über den Abschluss einer entsprechenden Betriebsvereinbarung verhandelt, ohne sich jedoch zu einigen, weshalb eine „Vertagung auf den 14.11.2006” erfolgte.

Die Arbeitgeberin hat auf einer Veranstaltung am 3. November 2006 in H., zu der kurzfristig sämtliche Betriebsräte eingeladen waren, diese aufgefordert, „bis zum 22.11.06 einen Beschluss zur eigenen Auflösung zu fassen”.

Daraufhin hat der Gesamtbetriebsrat mit E-Mail vom 6. November 2006 der Arbeitgeberin mitgeteilt, dass „vor dem Hintergrund des vom (ihr) mitgeteilten ambitionierten Zeitplanes dieser Vorgang aus Sicht des GBR IT-Ausschusses höchste Priorität habe. Deshalb müsse (er) die verabredeten Verhandlungstermine zu G. am 14. November 06 … aus Zeitgründen absagen.”

Mit weiterem E-Mail vom 15. November 2006 hat die Arbeitgeberin dem Gesamtbetriebsrat u. a. mitgeteilt, sie schlage vor, „die Diskussion hierüber in der nächsten Sitzung fortzusetzen, die in jedem Fall noch in diesem Jahr stattfinden muss. Mögliche Termine aus (ihrer) Sicht könnten sein: 4.12, 5.12., 11.12 oder 12.12.” Es werde um Rückmeldung bis spätestens 20. November 2006 gebeten.

Tatsächlich fand am letztgenannten Datum eine Sondersitzung des Gesamtbetriebsrats statt, bei der auch das Thema G. auf der Tagesordnung stand, ohne dass es zu einer Beschlussfassung kam. Er tagte erneut am 29. November 2006, wiederum ohne entsprechende Beschlussfassung. Eine Reaktion seinerseits auf das E-Mail der Arbeitgeberin vom 15. November 2006 erfolgte nicht.

Daraufhin hat die Arbeitgeberin nach ihrem eigenen Sachvortrag per E-Mail vom 27. Nov...

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