Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigungsschutz bei jedem Teilabschnitt der Elternzeit. Unwirksamkeit der Kündigung zwischen achtwöchigem Schonfristzeitraum und dem zweiten Teilabschnitt der Elternzeit

 

Leitsatz (amtlich)

Wird die Elternzeit gemäß § 16 Abs. 1 Satz 6, 1. Halbsatz i.V.m. § 15 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BEEG auf mehrere Zeitabschnitte verteilt, findet der vorwirkende Kündigungsschutz des § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 BEEG für jeden dieser Zeitabschnitte Anwendung.

 

Normenkette

BGB § 134; BEEG § 18 Abs. 1, § 15; ZPO § 92 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Schwerin (Entscheidung vom 15.10.2020; Aktenzeichen 2 Ca 649/20)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 15.10.2020 zum Aktenzeichen 2 Ca 649/20 teilweise aufgehoben. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 20.04.2020, zugegangen am 21.04.2020, nicht beendet worden ist.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung im Hinblick auf Kündigungsschutz gemäß § 18 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).

Der 1986 geborene, verheiratete Kläger wurde von der Beklagten, die ein Fitnessstudio betreibt, zum 01.03.2017 als Fitnesstrainer eingestellt. Bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden hat er eine Vergütung von monatlich 2.800,00 Euro brutto erhalten.

Im Januar 2019 hat er Kläger gemäß § 15 BEEG für die Zeitabschnitte 26.05.2019 bis 25.06.2019 sowie 26.04.2020 bis 25.05.2020 Elternzeit beantragt, welche ihm unter dem 27.04.2019 durch die Beklagte genehmigt wurde. Mit Schreiben vom 20.04.2020, dem Kläger am 21.04.2020 zugegangen, hat die Beklagte den geschlossenen Arbeitsvertrag ordentlich fristgerecht zum 31.05.2020, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt, gekündigt.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet das Kündigungsschutzgesetz mangels Vorliegens der erforderlichen Anzahl der Beschäftigten keine Anwendung.

Mit am 12.05.2020 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung vom 20.04.2020 gewandt und die Auffassung vertreten, die ihm am 21.04.2020 zugegangene Kündigung sei innerhalb der Schonfrist von acht Wochen vor der Elternzeit, nämlich fünf Tage vor der am 26.04.2020 beginnenden Elternzeit ausgesprochen und deshalb unwirksam.

Der Kläger hat beantragt:

1. Festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 20.04.2020, zugegangen am 21.04.2020, nicht beendet wurde.

2. Festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern über den 31.05.2020 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die streitbefangene Kündigung sei wirksam, weil eine Kündigung zwischen zwei Abschnitten der Elternzeit nicht von dem Schutzbereich des § 18 BEEG erfasst sei. Die Kündigung sei weder während der Elternzeit ausgesprochen noch innerhalb von acht Wochen nach dem Elternzeitverlangen oder vor Beginn der Elternzeit. Der Kündigungsschutz gemäß § 18 BEEG habe vorliegend am 31.03.2019 begonnen und sich bis zum 25.06.2019 fortgesetzt. Der Kündigungsschutz habe sich allein auf den ersten Abschnitt der Elternzeit bezogen, nicht jedoch auf weitere - zeitlich bereits festgelegte - Elternzeitabschnitte.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 15.10.2020 die Klage abgewiesen und dazu ausgeführt, die Kündigung vom 20.04.2020 habe das Arbeitsverhältnis zum 31.05.2020 aufgelöst, da sie nicht gemäß § 18 BEEG unwirksam sei. Eine Kündigung während der Elternzeit liege nicht vor, der Kläger sei auch nicht dem Kündigungsschutz nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG im Hinblick auf die Schutzfrist von acht Wochen vor Beginn der Elternzeit unterfallen. Diese Schutzfrist habe am 31.03.2019 einmalig angefangen zu laufen und sei zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung verstrichen gewesen. Die Schutzfrist beziehe sich nach dem Gesetzeswortlaut auf die Elternzeit insgesamt und nicht jeweils auf die einzelnen Zeitabschnitte, auf welche die Gesamtelternzeit zulässigerweise aufgeteilt werden könne.

Gegen das ihm am 20.10.2020 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 10.11.2020 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 15.12.2020 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Kläger ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe seine Klage zu Unrecht abgewiesen. Er könne den Kündigungsschutz gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG für sich in Anspruch nehmen. Er sei zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vom 20.04.2020 durch die achtwöchige Schonfrist vor der Elternzeit im Zeitraum 26.04.2020 bis 25.05.2020 geschützt gewesen. Bereits der Gesetzeswortlaut zeige, dass der besondere Kündigungsschutz vor jedem Elternzeitabschnitt liege. Die Konjunk...

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