Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit der Einigungsstelle für den Regelungsgegenstand "Mobiles Arbeiten". Fehlendes Mitbestimmungsrecht und offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Einigungsstelle kann für den Regelungsgegenstand "Mobiles Arbeiten", insbesondere zur Regelung der damit zusammenhängenden Fragen des Arbeitsschutzes, der Arbeitssicherheit, der Arbeitszeit und der Arbeitsstätte, zuständig sein.

2. Eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle kann sich auch daraus ergeben, dass das Mitbestimmungsrecht nicht dem antragstellenden, sondern einem anderen Betriebsrat zusteht. Hat der örtliche Betriebsrat den Gesamtbetriebsrat mit der Behandlung einer Angelegenheit beauftragt, ist dieser auch für die Anrufung der Einigungsstelle zuständig.

 

Normenkette

ArbGG § 100; BetrVG § 87 Abs. 1, § 50 Abs. 2, § 29 Abs. 2 S. 3, § 74 Abs. 1 S. 2, § 87 Abs. 1 Nrn. 2, 6-7

 

Verfahrensgang

ArbG Stralsund (Entscheidung vom 30.12.2019; Aktenzeichen 14 BV 4/19)

 

Tenor

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stralsund (Kammern Neubrandenburg) vom 30.12.2019 - 14 BV 4/19 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten über die Errichtung einer Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand "Mobiles Arbeiten".

Die in A-Stadt ansässige Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2) betreibt ein bundesweit tätiges Forschungszentrum mit mehr als 20 Standorten im gesamten Bundesgebiet und rund 8.500 Beschäftigten. Sie wendet den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst in der für den Bund geltenden Fassung an. Die örtlichen Betriebsräte haben einen Gesamtbetriebsrat gebildet (Beteiligter zu 1).

Die Beteiligten schlossen am 24.03.2011 eine "Betriebsvereinbarung über zwischen Arbeits- und Wohnort wechselnden Arbeitsplätzen". Diese Gesamtbetriebsvereinbarung regelt insbesondere die Einrichtung von häuslichen Arbeitsstätten, die Aufteilung der Arbeitszeiten zwischen betrieblicher und häuslicher Arbeitsstätte, die Erfassung der Arbeitszeit, die Bereitstellung von Arbeitsmitteln, die Aufwandsentschädigung für Energie und Reinigung, Haftungsfragen etc.

Die Arbeitgeberin bietet seit mehreren Jahren verschiedene Arbeitszeitmodelle zur flexiblen Arbeit an. In dem Flyer "Flexibel arbeiten - Flexibel leben" sind u. a. Gleitzeitmodelle, Alternierende Telearbeit, Teilzeittätigkeiten, Kurzsabbaticals und Mobiles Arbeiten angesprochen. Zum mobilen Arbeiten heißt es dort:

"Unter Mobiler Arbeit wird jede Arbeit verstanden, die aus dienstlichem Anlass fallweise außerhalb des Betriebs verrichtet wird. Zum einen sehen fast alle Betriebsvereinbarungen zur Gleitenden Arbeitszeit die Möglichkeit vor, dass im Einzelfall mit Zustimmung des Vorgesetzten Reisezeiten auch (teilweise) als Arbeitszeit anerkannt werden können, soweit in dieser Zeit nachweisbar Arbeit für das DLR geleistet wurde.

Zum andern wird darunter die Möglichkeit verstanden, im Ausnahmefall zur Erledigung dienstlicher Aufgaben in der häuslichen Umgebung stunden- oder tageweise zu arbeiten. Die Erlaubnis zum mobilen Arbeiten ist in jedem Einzelfall vorab bei der Führungskraft einzuholen und die Modalitäten zur Arbeitszeiterfassung in jedem Fall abzustimmen."

Der Gesamtbetriebsrat strebt seit mehr als vier Jahren eine Regelung zum mobilen Arbeiten an. Hierzu legte er der Arbeitgeberin einen Entwurf für eine Betriebsvereinbarung vor, der u. a. eine Definition der mobilen Arbeit in Abgrenzung zur Telearbeit enthält und einen grundsätzlichen Anspruch der Arbeitnehmer auf Teilnahme an der mobilen Arbeit vorsieht. Der Gesamtbetriebsrat stützte sich auf Delegationsbeschlüsse mehrerer örtlicher Betriebsräte. Die Arbeitgeberin lehnte eine Regelung hierzu ab und bestritt evtl. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats. Sie verwies stattdessen auf individualrechtliche Regelungen im Einzelfall.

Der Gesamtbetriebsrat beschloss am 21.02.2019, die Einigungsstelle anzurufen und diese ggf. gerichtlich einsetzen zu lassen. Mit Schriftsatz vom 30.04.2019 hat er sich an das Arbeitsgericht Köln gewandt mit dem Antrag, einen Vorsitzenden für die Einigungsstelle zum Thema "Mobiles Arbeiten" zwecks Erstellung einer Betriebsvereinbarung mit Regelungen vor allem zu Genehmigungsvoraussetzungen, zum Arbeitsschutz, zur Arbeitssicherheit, zur Arbeitszeit und zur Arbeitsstätte zu bestellen. Das Verfahren ist zunächst terminlos vertagt worden, um dem Gesamtbetriebsrat Gelegenheit zu geben, weitere Unterlagen nachzureichen.

Mit Schreiben vom 30.09.2019 forderte der Gesamtbetriebsrat die Arbeitgeberin, nachdem mehrere telefonische Rückfragen und E-Mails unbeantwortet geblieben waren, nochmals zu einer Stellungnahme zur Einsetzung der angestrebten Einigungsstelle "Mobiles Arbeiten" auf. Da eine Reaktion ausblieb, hat der Gesamtbetriebsrat mit Schriftsatz vom 30.10.2019 beim Arbeitsgericht Köln nunmehr beantragt, an insgesamt 10 Standorten jeweils eine Einigungsstelle zum Thema "Mobiles Arbeiten" einzusetzen. Das Arbeitsgericht Köln hat das Verfahren mit Beschluss vom ...

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