Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustimmung nach § 103 BetrVG durch Personalausschuss, Vertrauensschutz des Arbeitgebers bei unwirksamer Zustimmung des Betriebsrates. Aufrechnung Brutto- gegen Nettoforderung. deklaratorisches Schuldanerkenntnis. Berufung auf tarifliche Ausschlussfristen bei Anerkenntnis der Forderung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Betriebsrat darf seine Zustimmungsbefugnis gemäß § 103 BetrVG wegen der Bedeutung des Verfahrens nicht auf einen Personalausschuss übertragen.

2. Die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds nur mit Zustimmung des Personalausschusses ist unwirksam.

3. Der Arbeitgeber kann sich bei Kenntnis der Zustimmung durch den Personalausschuss nicht auf Vertrauensschutz berufen.

 

Normenkette

BetrVG § 103; BGB §§ 119, 123, 133, 157, 389, 611; EFZG § 3 Abs. 1

 

Beteiligte

Herrn Friedrich Pauli

Rechtsanwälte Dr. jur. Alfred Jung, H. Jürgen Kinzler u.a.

Lefarth GmbH

Geschäftsführer Roland Batzer und Dirk Lefarth

Rechtsanwalt Nikolaus Christ

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 28.09.2000; Aktenzeichen 11 (18) Ca 8569/99)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 28.09.2000 – 11 (18) Ca 8569/99 – werden zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und die Beklagte die Kosten der Anschlussberufung zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung der Beklagten, Vergütungsansprüche des Klägers sowie über einen im Wege der Widerklage geltend gemachten Schadensersatzanspruch der Beklagten.

Der Kläger ist seit dem Jahre 1979 bei der Beklagten mit einem monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt 5.000,00 DM beschäftigt. Er ist Mitglied des bei der Beklagten bestehenden Betriebsrates. Sein Einsatzgebiet war zuletzt die Kölner Messe. Er hatte unter anderem dafür zu sorgen, dass die Reinigung und Müllentsorgung der einzelnen Messestände ordnungsgemäß funktionierte. Darüber hinaus gehörte es zu seinen Aufgaben, sicherzustellen, dass die Reinigungsarbeiten an den Messeständen ordnungsgemäß abgerechnet und die vereinnahmten Beträge an die Geschäftsführung weitergereicht wurden.

In der zweiten Jahreshälfte 1999 verlangte der Geschäftsführer Batzer vom Kläger die Einzahlung höherer Geldbeträge als in dessen Barbestand vorhanden waren. Der Kläger spiegelte der Geschäftsführung vor, er könne derzeit nicht über die begehrten Geldbeträge verfügen, weil er das Geld bei der Dresdner Bank angelegt habe. Als Ende September 1999 wieder Geld von ihm verlangt wurde, gab er an, er habe ca. 200.000 DM bei der Dresdner Bank in Frankfurt auf das Konto eines Herrn Weißnicht eingezahlt. Er bestätigte dies gegenüber der Beklagten mit einem handschriftlich gefertigten und von ihm am 30.09.1999 unterschriebenen Vermerk (Blatt 108 d. A.). Der weitere Geschäftsführer Dirk Lefarth vereinbarte daraufhin mit dem Kläger für den nächsten Tag, den 01.10.1999, morgens um 9:00 Uhr, ein Treffen im Büro, um dann gemeinsam nach Frankfurt zu fahren und das Geld abzuholen. Der Kläger erschien zum vereinbarten Termin nicht, sondern hinterlegte in der Nacht vom 30.09. auf den 01.10.1999 eine handschriftliche Notiz an den Geschäftsführer Batzer, die wie folgt lautet:

Es gibt keine Steuerfahndung, es gibt keine Dresdner Bank, es gibt kein Weißnicht. Ich habe mich verzockt und die Firma 177.000,00 DM verloren. Es tut mir leid.

Ich bringe alles wieder in Ordnung. Fritz

Achten Sie aufs Konto, das Geld werde ich wieder drauf tun. (Blatt 109 d. A.)

Nachdem die Geschäftsführung am frühen Morgen des 01.10.1999 von dieser Notiz des Klägers Kenntnis genommen hatte, rief der Geschäftsführer Batzer den Betriebsratsvorsitzenden – den Bruder des Klägers – in sein Büro, informierte ihn über den gesamten Sachverhalt und legte ihm insbesondere die vom Kläger gefertigten handschriftlichen Vermerke vor. Gleichzeitig teilte er mit, dass beabsichtigt sei, dem Kläger fristlos zu kündigen. Kurze Zeit später tagte der Personalausschuss des Betriebsrats und stimmte der außerordentlichen Kündigung des Klägers zu. Hierüber unterrichtete der Betriebsratsvorsitzende noch am Vormittag des 01.10.1999 die Geschäftsführung, die daraufhin gegenüber dem Kläger die fristlose Kündigung aussprach. Ab dem 01.10.1999 war der Kläger bis zum 31.07.2000 ohne Unterbrechung arbeitsunfähig krank.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 05.10.1999 widerrief der Kläger alle von ihm zuvor abgegebenen Erklärungen und erklärte die Anfechtung dieser Willenserklärungen, da er sich nicht bewusst gewesen sei, was er getan habe (Blatt 63, 64 d. A.).

Der Kläger hat bestritten, Geld unterschlagen zu haben. Vielmehr habe er sämtliche Einnahmen, die nicht zur Begleichung von Aushilfslöhnen verwendet worden seien, ordnungsgemäß an die Beklagte weitergegeben. Er habe die von den Mitarbeitern eingenommenen Beträge nie kontrolliert. Hiervon habe die Beklagte Kenntnis gehabt. Außerdem habe neben ihm auch der Mitarbeiter Dirks einen Safeschlüssel geh...

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