Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerbstätigkeit. Urlaub. Auflösungsantrag

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Tätigkeit, die der maximalen finanziellen Ausnutzung der Arbeitskraft dient, widerspricht § 8 BUrlG. Nicht zum geschützten Urlaubszweck gehört die körperliche Erholung. Tätigkeiten im Betrieb des Ehemannes während eines genehmigten Urlaubs sind regelmäßig als Familienmithilfe zu qualifizieren, die dem Urlaubszweck nicht widersprechen.

Ein Auflösungsantrag ist regelmäßig nicht damit zu begründen, dass dem Arbeitgeber das Unterliegen im Prozess peinlich ist.

 

Normenkette

BUrlG § 8; KSchG § 9

 

Verfahrensgang

ArbG Siegburg (Urteil vom 29.04.2009; Aktenzeichen 2 Ca 59/09)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 29.04.2009 – 2 Ca 59/09 – wird auf deren Kosten zurückgewiesen. Der Auflösungsantrag wird zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob das Arbeitsverhältnis aufgrund Kündigung vom 22.12.2008 zum 31.03.2009 beendet wurde. Hinsichtlich des ursprünglich ebenfalls verfolgten Weiterbeschäftigungsanspruchs ist durch die weitere Kündigung vom 27.05.2009 mit Ablauf der Kündigungsfrist zum 31.08.2009 ein erledigendes Ereignis eingetreten.

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 01.07.2003 als Bürokauffrau mit 37 Wochenstunden zu einer durchschnittlichen Bruttovergütung von 2.399,00 EUR monatlich beschäftigt gewesen. Der Ehemann der Klägerin stellt Gipsbilder und Keramikfiguren her. Er vertreibt sie u. a. mit einem Verkaufsstand auf verschiedenen Märkten, so bereits seit vielen Jahren auf dem B. Weihnachtsmarkt.

Vom 11. bis 20.11.2008 war die Klägerin erkrankt. Ab dem 01.12. hatte sie genehmigten Urlaub bis einschließlich 24.12. Der B. Weihnachtsmarkt dauerte vom 21.11.2008 bis zum 23.12.2008. Dort wurde die Klägerin zunächst am 01.12. von dem Zeugen Ek S. bei Verkaufstätigkeiten gesehen. Der Zeuge E. S. ist der Vater des Geschäftsführers der Beklagten und Prokurist der Beklagten. In der Folgezeit wurde die Klägerin noch mehrfach bei Verkaufstätigkeiten auf dem Weihnachtsmarkt gesehen, teilweise auch vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten. Der konkrete Umfang ihrer Tätigkeiten ist streitig, ebenso wie einige der behaupteten Einsatzzeiten. Die Beklagte vertritt die Ansicht, dass der Klägerin die Tätigkeiten auf dem Weihnachtsmarkt verboten seien, da sie dem Erholungszweck des Urlaubs zuwiderliefen. Sie mahnte die Klägerin mit Schreiben vom 02.12.2008 und 08.12.2008 ab. Auch nach Zugang der zweiten Abmahnung wurde die Klägerin erneut in dem Verkaufsstand ihres Ehemannes gesehen. Die Beklagte hörte den Betriebsrat am 15.12. zur hier streitigen Kündigung an. Diese ging am 22.12. der Klägerin zu. Die Klägerin verteidigt sich damit, dass sie seit 18 Jahren im Geschäft ihres Ehemannes insbesondere auf dem Weihnachtsmarkt aushelfe. Sie ziehe keinen persönlichen Gewinn hieraus und sei nicht als Arbeitnehmerin tätig. Nachdem sie zunächst behauptet hatte, dem Geschäftsführer der Beklagten sei ihre Tätigkeit auf dem Weihnachtsmarkt aus der Vergangenheit bekannt, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht klargestellt, sie habe nicht den Geschäftsführer der Beklagten gemeint, sondern ihren Chef Herrn E. S., den Vater des Geschäftsführers. Dieser sei aus ihrer Sicht derjenige, der im Betrieb sage, wo es langgeht.

Das Arbeitsgericht hat die Kündigung für unwirksam erachtet, da die Familienmithilfe im Gewerbe des Ehemannes keine Erwerbstätigkeit i. S. d. § 8 BUrlG darstelle und im Übrigen auch das Ausmaß der Tätigkeiten nicht hinreichend sei, um eine dem Erholungszweck des Urlaubs entgegenstehende Tätigkeit feststellen zu können.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung und vertieft ihren Vortrag zum Umfang der Tätigkeit der Klägerin auf dem Weihnachtsmarkt. Sie vertritt die Ansicht, dass Urlaubszweck die körperliche Erholung sei. Hiervon könne nicht die Rede sein, wenn die Klägerin den Urlaub nicht als Ruhezeit nutze. Die Arbeit in der Kälte erhöhe das Risiko einer Erkrankung.

Hilfsweise begehrt die Beklagte auch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch das Gericht. Als Auflösungsgründe, die es der Beklagten unzumutbar machen sollen, dass Arbeitsverhältnis im Falle des Unterliegens im Kündigungsschutzprozess fortzusetzen, führt die Beklagte an, dass die Klägerin den Geschäftsführer der Beklagten unter seiner dienstlichen Handy-Nummer um 22.15 Uhr einmal angerufen habe. Zudem werfe es ein schlechtes Licht auf die Arbeitgeberin, wenn die Klägerin als Rezeptionistin und im Telefondienst weiterbeschäftigt werden müsse, da dann alle Kunden nach dem Grund für das Aussetzen mit der Arbeit fragen würden. Die Klägerin werde dann (wahrheitsgemäß) sagen, dass sie den Prozess gewonnen habe. Dies sei dem Geschäftsführer der Beklagten nicht zumutbar, weil dies ein negatives Bild von der Geschäftsführung ermögliche. Zudem habe die Klägerin mit der Behauptung, der Geschäftsführer habe gewusst, dass sie auf dem Weihnac...

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