Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerden des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder Vorgesetzten

 

Leitsatz (amtlich)

Erhebt der Arbeitnehmer bei den zuständigen Stellen des Betriebes gegen seinen Vorgesetzten eine Beschwerde, so dürfen ihm gem. § 84 Abs. 3 BetrVG grundsätzlich auch dann keine Nachteile entstehen, wenn sich die Beschwerde als ungerechtfertigt herausstellt. Eine Kündigung kann aber dann gerechtfertigt sein, wenn völlig haltlose schwere Anschuldigungen gegen den Arbeitgeber oder den Vorgesetzten erhoben werden.

 

Normenkette

BGB § 626; BetrVG § 84

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Urteil vom 22.06.1998; Aktenzeichen 3 Ca 3403/97)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 22.06.98 – 3 Ca 3403/97 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der von der Beklagten am 18.11.1997 und 05.12.1997 ausgesprochenen Kündigungen, um die Weiterbeschäftigung und um die Entfernung einer Abmahnung vom 10.11.1997 aus den Personalakten.

Der 1959 geborene Kläger, der verheiratet ist und drei Kinder hat, ist seit dem 01.12.1994 als angelernte Kraft im technischen Dienst (Pfortendienst und Telefonzentrale) in der Abteilung Organisation zu einem monatlichen Bruttoentgelt von zuletzt 4.176,75 DM bei der Beklagten beschäftigt. Er ist mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 % anerkannt. Über die Frage, ob dieser Prozentsatz auf mindestens 50 % zu erhöhen ist, ist ein Verfahren vor dem Sozialgericht anhängig.

Am 07.11.1997 gegen 15.00 Uhr kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und seinem Vorgesetzten Bu, über deren Verlauf die Parteien unterschiedliche Darstellungen geben. Kurz danach rief der Kläger den Personalchef der Beklagten, Herrn W., an und erklärte, er sei von Herrn B. tätlich angegriffen und am Ohr verletzt worden. Daraufhin suchten der Bundesgeschäftsführer der Beklagten, Herr B., Herr W. und die Herren D. und Bu den Arbeitsplatz des Klägers auf und bemühten sich um Klärung der Angelegenheit. Während Herr Bu die Anschuldigungen des Klägers bestritt, blieb der Kläger bei seiner Darstellung und bat, einen Arzt aufsuchen zu dürfen. Dieser bescheinigte dem Kläger eine Arbeitsunfähigkeit für den 07.11.1997. In der Bescheinigung vom 11.11.1997 diagnostizierte er eine Reizung des rechten Ohrs bei ansonsten geschlossenem Trommelfell und führte aus, dass die Arbeitsunfähigkeit für den 07.11.1997 ausgestellt worden sei, weil der Patient psychovegetativ in seinem Allgemeinzustand beeinträchtigt gewesen sei.

Am 10.11.1997 erteilte die Beklagte dem Kläger eine schriftliche Abmahnung, weil er trotz Aufforderung das Ergebnis der ärztlichen Untersuchung nicht umgehend mitgeteilt und seinen Dienst am 07.11.1997 nach dem Arztbesuch nicht wieder aufgenommen habe (Bl. 8 d.A.).

Mit Schreiben vom 18.11.1997 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos und hilfsweise fristgerecht zum 31.12.1997. Zur Begründung gab sie unter anderem an, dass der Kläger seinen Vorgesetzten Bu wissentlich falsch einer Tätlichkeit bezichtigt und erklärt habe, er werde ihn fertig machen, da er genug belastendes Material gegen ihn habe. Dem Bundesgeschäftsführer habe er Parteinahme zugunsten des Herrn Bu unterstellt und geäußert, er werde ihn noch kennenlernen. Darüber hinaus berief sich die Beklagte zur Begründung ihrer Kündigung darauf, dass der Kläger ohne ihre Zustimmung besoldete Nebentätigkeiten ausgeübt und seit Mitte 1995 wegen Krankheit in erheblichem Umfang gefehlt habe.

Mit Schreiben vom 05.12.1997 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis erneut unter Hinweis auf eine Zustimmung der Hauptfürsorgestelle durch Bescheid vom 03.12.1997. Diese Zustimmung wurde durch Widerspruchsbescheid der Hauptfürsorgestelle vom 30.03.1998 aufgehoben, nachdem Herr Bu als Zeuge gehört worden war. Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat die Beklagte vor dem Verwaltungsgericht Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Kündigungen unwirksam seien, weil Kündigungsgründe nicht vorlägen und die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats bestritten werde.

Die Abmahnung sei schon deshalb aus den Personalakten zu entfernen, weil der Vorwurf, dass er am 07.11.1997 seinen Dienst nicht wieder aufgenommen habe, ungerechtfertigt sei.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 18.11.1997 nicht aufgelöst worden ist, sondern unverändert fortbesteht und auch nicht durch eine nachfolgende Kündigung aufgelöst wird;
  2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch die fristlose Kündigung vom 05.12.1997, zugegangen am 06.12.1997, aufgelöst worden ist, sondern unverändert fortbesteht;
  3. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Pförtner und Wächter weiterzubeschäftigen;
  4. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 10.11.1997 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

Die Beklagte hat beantragt,

die K...

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