Verfahrensgang

ArbG Aachen (Urteil vom 10.07.1998; Aktenzeichen 8 Ca 1106/96)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.07.1998 – 8 Ca 1106/96 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Tatbestand

(abgekürzt gem. § 543 Abs. 1 ZPO)

Die Parteien streiten in erster Linie um die Wirksamkeit eines von ihnen zum 31.08.1996 geschlossenen Aufhebungsvertrages, der das Datum des 26.08.1996 trägt, in zweiter Linie um die Wirksamkeit einer vorsorglich ausgesprochenen fristlosen Kündigung vom 31.08.1996. Der Kläger ist Diplom-Psychologe und stand bei dem beklagten evangelischen Kirchenkreis seit November 1978 in Diensten, zuletzt als Leiter der vom Beklagten unterhaltenen Erziehungsberatungsstelle. Er ließ sich auf intime, sexuelle Kontakte umfassende Beziehungen mit der verheirateten Zeugin Gr. ein, die er wegen ihrer Eheprobleme vor dem Hintergrund traumatischer Kindheitserlebnisse ebenso wie deren Ehemann beruflich beraten hatte. Der Beklagte erfuhr davon Anfang August 1996 und führte mit dem Kläger mehrere Gespräche – so auch am 26.08.1996, an dem die Parteien die erste Fassung des Aufhebungsvertrages unterschrieben. Nachdem der Kläger am 27.08.1996 Änderungswünsche geäußert hatte, kam es am 28.08.1996 zur Unterzeichnung der endgültigen Fassung. Mit Schreiben vom 30.08.1996 (Bl. 11) focht der Kläger den Aufhebungsvertrag an, worauf der Beklagte unter dem 31.08.1996 fristlos kündigte. Der Kläger behauptet, er sei bei Abschluß des Aufhebungsvertrages wegen eines durch die Ereignisse ausgelösten psycho-vegetativen Erschöpfungszustandes nicht voll zurechnungsfähig gewesen; zudem sei er vom Beklagten zur Unterschrift durch Drohung mit fristloser Kündigung und Strafantrag gedrängt worden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter und bestreitet, daß die intimen Kontakte mit der Zeugin Gr. noch während der laufenden Therapie vorgefallen seien, so daß ein verständiger Arbeitgeber eine fristlose Kündigung jedenfalls nicht vor weiterer Aufklärung erwogen hätte. Auch seien die vom Beklagten ausgehenden Drohungen am 28.08.1996 noch kausal gewesen, da sie bei ihm eine Schockpsychose ausgelöst hätten. Er habe resigniert und sich aufgegeben gehabt; sein geistiges Abschalten für mehrere Tage entspreche einem klassischen Muster bei streßbedingter Überlastung. Noch am 28.08.1996 sei er praktisch wie in Trance und nicht in der Lage gewesen, den rechtlichen Gehalt der Vorgänge zu realisieren.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

  1. festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch den Aufhebungsvertrag vom 26.08.1996 nicht mit Ablauf des 31.08.1996 aufgelöst worden ist, sondern über diesen Zeitpunkt hinaus unverändert fortbesteht;
  2. festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 31.08.1996 nicht beendet worden ist, sondern unverändert fortbesteht;
  3. festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern über den 31.08.1996 hinaus fortbesteht.

Der Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung und bestreitet jede Drohung. Am 26.08.1996 sei dem Kläger sogar empfohlen worden, Rechtsrat einzuholen, da dienstliche Schritte erwogen würden. Der am folgenden Tag vom Kläger geäußerte Änderungswunsch beruhe offensichtlich auf einem zwischenzeitlichen Kontakt mit dem Arbeitsamt. Zum Kündigungsgrund verweist der Beklagte auf Art. 140 GG und den Verstoß des Klägers gegen das in der Berufsordnung des Bundes deutscher Psychologen (BDP) enthaltene Abstinenzgebot. Der Kläger habe, offenbar um seine Beziehung zur Zeugin Gr. zu verdecken, deren Ehemann weiter therapiert und ihm im Rahmen der Eheberatung zur Beendigung der Ehe geraten. Ein die freie Willensbestimmung ausschließender Zustand habe beim Kläger nicht vorgelegen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung, die zu den Akten gereichten Urkunden sowie ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der zweitinstanzlich zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen: Sie ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde durch den Aufhebungsvertrag vom 26.08.1996 beendet. Unwirksamkeitsgründe liegen nicht vor:

1) Sofern sich der Kläger auf Geschäftsunfähigkeit berufen will, ist sein Vortrag unschlüssig. Nach Lage der Dinge käme nur eine Geschäftsunfähigkeit nach § 105 Abs. 2 BGB in Betracht. Dessen Voraussetzungen sind jedoch dem Klägervortrag nicht zu entnehmen. Beim Kläger müßte eine vorübergehende Störung der Geistestätigkeit vorgelegen haben, die die freie Willensbestimmung ausschloß (Palandt/Heinrichs, BGB, 54. Aufl., § 105 Rn. 3). Eine solche Störung liegt nur vor, wenn der Betroffene nicht mehr in der Lage ist, seine Entscheid...

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