Verfahrensgang

ArbG Köln (Beschluss vom 11.06.1999; Aktenzeichen 2 BV Ga 21/99)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den am 11.06.1999 verkündeten Beschluss des Arbeitsgerichts Köln – 2 BV Ga 21/99 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten um einen Einigungsstellenspruch vom 17.05.1999, der die Flexibilisierung der Arbeitszeit zum Ziel hat und dessen Durchführung der Antragsteller (Betriebsrat) mit dem vorliegenden Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung verhindern will. Der Betriebsrat, der unter dem 10.06.1999 ein Anfechtungsverfahren als Hauptsache anhängig gemacht hat (4 BV 118/99 – Arbeitsgericht Köln), hält den Spruch für offensichtlich rechtswidrig – im wesentlichen, weil er sich gegen Mitbestimmungsrechte richte: So räume er in Ziffer 3.3 der Geschäftsleitung das Recht ein, die wöchentliche Arbeitszeit um eine Stunde zu verändern, wozu er, der Betriebsrat, im vorhinein seine Zustimmung erteilen solle. In Ziffer 3.2 werde den Arbeitnehmern das Recht zur Verteilung der Arbeitszeit eingeräumt, ohne ihn, den Betriebsrat, einzubeziehen. Der in Ziffer 3.4 vorgesehene Arbeitszeit rahmen von 25 bis 45 Stunden wöchentlich führe tarifwidrig zur Zuschlagsfreiheit ab der 35. Wochenstunde. Ziffer 6 sei offensichtlich rechtswidrig, weil er den tariflichen Urlaubsanspruch von 30 Tagen „bei der Arbeitszeitflexibilisierung unberücksichtigt” lasse (zu weiteren Rügen vgl. Buchst. e bis h auf S. 8 ff. der Beschwerdeschrift = Bl. 77 ff. d.A.).

Der Antragsteller hat beantragt,

der Antragsgegnerin (Arbeitgeberin) im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, es zu unterlassen, den Einigungsstellenspruch vom 17.05.1999 bis zum rechtskräftigen Abschluß des Anfechtungsverfahrens durchzuführen und ihr für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld anzudrohen.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge zurückgewiesen. Mit seiner Beschwerde verfolgt der Betriebsrat seine Anträge weiter.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens wird auf den angefochtenen Beschluß sowie auf den Inhalt der zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde war zurückzuweisen.

Einstweilige Verfügungen gegen die Durchführung eines Einigungsstellenspruchs sind – wenn überhaupt – nur in ganz engen Grenzen zulässig (vgl. LAG Baden-Württemberg, Beschluß vom 07.11.1989 – 8 TaBV Ha 1/89 in NZA 1990, 286; Kreutz, GK-BetrVG, 6. Aufl., § 76 Rn. 142; Stege/Weinspach, BetrVG, 7. Aufl., § 76 Rn. 27).

Das folgt schon daraus, daß auch das Einigungsstellenverfahren vom Gesetz mit besonderen Beschleunigungsmechanismen ausgestattet ist, weshalb bewußt Abstriche an seiner Richtigkeitsgewähr hingenommen werden: So soll die Einigungsstelle ihre Tätigkeit sogar dann aufnehmen, wenn sie für die zu entscheidende Frage unzuständig ist – es sei denn, die Unzuständigkeit ist „offensichtlich” (§ 98 Abs. 1 Satz 2 ArbGG). Die letztendliche Überprüfung durch die Gerichte soll grundsätzlich im Nachhinein erfolgen, damit das betriebliche Geschehen zunächst einmal seinen Fortgang nehmen kann (§ 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG). Durch eine einstweilige Verfügung gegen die Durchführung eines Einigungsstellenspruchs wird nicht nur diese Absicht des Gesetzgebers durchkreuzt, sondern ein kursorisches Verfahren gegen das andere ausgespielt: Das gerichtliche Eilverfahren mit seiner verminderten Richtigkeitsgewähr konkurriert mit dem Einigungsstellenverfahren, dessen verminderte Richtigkeitsgewähr vom Gesetzgeber im Interesse der Beschleunigung bewußt in Kauf genommen wird.

Zum anderen führt eine einstweilige Verfügung gegen die Durchführung eines Einigungsstellenspruchs zumindest in den Fällen, in denen Ermessensüberschreitung geltend gemacht wird, zu einem ungeregelten Zustand. Der Betriebsrat irrt, wenn er meint, durch eine solche einstweilige Verfügung werde die abgelöste Betriebsvereinbarung wieder in Kraft gesetzt: Eine unterlassene Durchführung schafft den Einigungsstellenspruch und damit auch seine ablösende Wirkung rechtlich nicht aus der Welt. Alles andere ergäbe im Vergleich mit dem Anfechtungsverfahren nach § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG einen nicht annehmbaren Wertungswiderspruch: Das Anfechtungsverfahren im Falle angeblicher Ermessensüberschreitung hat nämlich zur Vermeidung eines betrieblichen Stillstands keine suspendierende Wirkung (Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 19. Aufl., § 76 Rn. 80 m.w.N.; Kreutz, GK-BetrVG, 6. Aufl., § 76 Rn. 141; Stege/Weinspach, BetrVG, 7. Aufl., § 76 Rn. 27a). Suspendiert nicht einmal ein gerichtliches Hauptsacheverfahren einen Einigungsstellenspruch, so kann diese Wirkung keinesfalls einem bloßen Eilverfahren zuerkannt werden, das damit weitreichendere Folgen als das Hauptsacheverfahren hätte. Zu diesem Ergebnis führte es aber, wenn eine auf Verbot der Durchführung gerichtete einstweilige Verfügung eine durch den Einigungsstellenspruch abgelöste Betriebsvereinbarung vorübergehend wieder in Kraft setzte.

Die danach zu beachtenden engen Grenzen werden vorliegend vom Antrag des Be...

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