Verfahrensgang

ArbG Köln (Beschluss vom 29.06.1999; Aktenzeichen 6 Ca 4804/99)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 29.06.1999 – 6 Ca 4804/99 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Der Streitwert wird auf 8.400,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I. Die Parteien streiten auf der Grundlage der am 11.06.1996 bei Gericht eingegangenen Klage um die Wirksamkeit einer Kündigung mit Schreiben vom 29.04.1999 zum 31.12.1999, dem Kläger übergeben am 03.05.1999 und ausgesprochen wegen erneuter alkoholbedingter Auffälligkeit nach entsprechenden Abmahnungen. In dem Kündigungsschreiben heißt es u. a. „Bei erfolgreicher Teilnahme an einer stationären Entzugsmaßnahme und – sofern es zu keinen weiteren alkoholbedingten Auffälligkeiten während der Arbeitszeit kommt – behalten wir uns vor, die Kündigung innerhalb der Kündigungsfrist schriftlich zurückzunehmen.” Wegen dieser Formulierung – so behauptet der Kläger – sei er der irrigen Auffassung gewesen, keine Kündigungsschutzklage erheben zu müssen, da er sich, der Empfehlung der Beklagten folgend, in ärztliche Behandlung begeben habe. Mit dieser Begründung beantragt er die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage.

Den Antrag hat das Arbeitsgericht mit Beschluß vom 29.06.1999, dem Kläger am 05.10.1999 zugestellt, zurückgewiesen. Gegen ihn hat er die vorliegende am 13.10.1999 eingegangene sofortige Beschwerde eingelegt mit der Begründung, erst in einer Besprechung mit seinem Rechtsanwalt am 07.06.1999 sei ihm eröffnet worden, daß möglicherweise die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage verstrichen sei. Er selbst habe bis zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung davon gehabt, daß eine Kündigungsschutzklage erhoben werden mußte und sei der Auffassung gewesen, daß die Beklagte die Kündigung zurücknehmen müsse, da er sich in ärztliche Behandlung begeben und sich dabei herausgestellt habe, daß die von der Beklagten geforderte stationäre Entziehungsmaßnahme medizinisch nicht indiziert sei.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf nachträgliche Zulassung zu Recht zurückgewiesen; die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 KSchG liegen nicht vor: Der Kläger war nicht schuldlos verhindert, rechtzeitig Klage zu erheben.

Im Kern begründet der Kläger seinen Zulassungsantrag mit der Behauptung, er habe bis zur Besprechung mit seinem Rechtsanwalt keine Ahnung davon gehabt, daß eine Kündigungsschutzklage erhoben werden mußte. Eben das ist ihm vorzuwerfen: Die Unkenntnis vom Kündigungsschutzverfahren und der dabei einzuhaltenden Klagefrist ist grundsätzlich vorwerfbar, weil heute jeder Arbeitnehmer die Grundzüge des Kündigungsschutzrechts und insbesondere die dabei zu beachtende Klagefrist kennen muß oder sich diese Kenntnisse alsbald nach Zugang der Kündigung bei einer zuverlässigen Stelle verschaffen muß (KR-Friedrich, 5. Aufl., § 5 KSchG Rn. 64; Wenzel in Bader/Bram/Dörner/Wenzel, KSchG, § 5 Rn. 99 – jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Dies ist einhellige Meinung in Literatur und Rechtsprechung. Hätte sich der Kläger alsbald nach Zugang der Kündigungserklärung bei einer zuverlässigen Stelle Rat geholt, wäre die von ihm behauptete Rechtsunkenntnis rechtzeitig beendet und die Klage fristwahrend erhoben worden.

Der angebliche Rechtsirrtum ist auch nicht von der Beklagten verschuldet worden. Die vom Kläger zitierte Stelle im Kündigungsschreiben enthält auch für den Kläger erkennbar keinerlei Verpflichtung zur Kündigungsrücknahme, denn dort heißt es: „behalten wir uns vor, die Kündigung … zurückzunehmen”. Wer sich etwas „vorbehält”, will in seiner Entscheidung gerade frei bleiben und verwahrt sich damit dagegen, sich verbindlich festzulegen. Damit kann den Kläger bestenfalls die Hoffnung geleitet haben, sich mit der Beklagten noch gütlich zu einigen. Eine Hoffnung auf gütliche Einigung aber kann einen Antrag auf nachträgliche Zulassung nicht begründen – von dem hier nicht vorliegenden Fall abgesehen, daß der Arbeitgeber den Arbeitnehmer durch die Vortäuschung erfolgreicher Vergleichsverhandlungen von der Einhaltung der Klagefrist abgehalten hat (Wenzel in Bader/Bram/Dörner/Wenzel, KSchG, § 5 Rn. 109 f.; KR-Friedrich, 5. Aufl., § 5 KSchG Rn. 66).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf § 12 Abs. 7 S. 1 KSchG.

Die Entscheidung ist unanfechtbar, § 70 ArbGG.

 

Unterschriften

Schunck

 

Fundstellen

Haufe-Index 945532

ARST 2000, 141

FA 2000, 201

ZTR 2000, 233

MDR 2000, 589

AUR 2000, 157

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