Entscheidungsstichwort (Thema)

Einigungsstellenspruch. einstweilige Verfügung. Auskunft

 

Leitsatz (amtlich)

1) Die Anfechtung eines Spruches der Einigungsstelle hat keine aufschiebende Wirkung.

2) Solange keine die Unwirksamkeit des Spruches feststellende gerichtliche Entscheidung vorliegt, kommt daher auch ein Antrag des Betriebsrats auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung in Betracht, mit der die Vollziehung des Spruches durchgesetzt werden soll.

3) Eine einstweilige Verfügung auf Auskunftserteilung kann jedoch, da eine einmal erteilte Auskunft nicht rückgängig zu machen ist, nur ganz ausnahmsweise erlassen werden, nämlich wenn die sofortige Auskunftserteilung für den Gläubiger von existentieller Bedeutung ist oder ihm ohne die Auskunftserteilung zumindest ein gravierender und endgültiger Rechtsverlust droht, ohne daß dem annähernd gleichwertige Interessen der Gegenseite gegenüberstünden.

 

Normenkette

BetrVG § 76 V; ZPO §§ 935, 940

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Beschluss vom 25.09.1998; Aktenzeichen 4 BV Ga 14/98)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 25.09.1998 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Beschlussverfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung um die Durchführung eines Einigungsstellenspruchs.

Die Beteiligte zu 2) (Arbeitgeberin) führt im Rahmen der Umstrukturierung nach ihrer Privatisierung ein Pilotprojekt mit der Bezeichnung „Postzustellservice” durch. Das Pilotprojekt steht im Zusammenhang mit dem Bemühen der Arbeitgeberin, im Bereich der Briefzustellung neue Märkte für neue Produkte zu erschließen. Gegenstand des Pilotprojekts ist die Verteilung bestimmter Produkte an Haushalte mit Hilfe von sogenannten Servicepartnern. Die Servicepartner stammen im wesentlichen aus dem Kreise der Zeitungs- und Prospektzusteller. Das Pilotprojekt ist regional begrenzt. In seinem Rahmen wurden im Monat Juli 1997 647.613 Sendungen an sieben regionalen Standorten zugestellt. Zum Vergleich beträgt das gesamte Zustellvolumen der Arbeitgeberin ca. 65 Millionen Sendungen pro Werktag.

Antragsteller ist der für die Beschäftigten der Arbeitgeberin gebildete Gesamtbetriebsrat. Bei dem Gesamtbetriebsrat besteht ein Ausschuss für wirtschaftliche Angelegenheiten. Im Zuge der Information dieses Wirtschaftsausschusses über das Pilotprojekt „Postzustellservice” stellte die Arbeitgeberin die mit den im Pilotprojekt tätigen Servicepartnern geschlossenen Kooperationsverträge zur Verfügung, wobei jedoch die jeweiligen Vergütungen geschwärzt waren. Dem Verlangen des Gesamtbetriebsrats nach Mitteilung der Vergütungen verweigerte sich die Arbeitgeberin. Auf Betreiben des Gesamtbetriebsrats wurde daraufhin eine Einigungsstelle gebildet, deren „offensichtliche Unzuständigkeit” im Sinne von § 98 Abs. 1 S. 2 ArbGG in dem Verfahren Arbeitsgericht Bonn 5 BV 66/97 = LAG Köln 10 TaBV 94/97 rechtskräftig verneint wurde.

In der Einigungsstelle beantragte der Gesamtbetriebsrat in erster Linie, die Arbeitgeberin zu verpflichten, dem Ausschuss für wirtschaftliche Angelegenheiten die ungeschwärzten, vollständigen Verträge mit den Partnern im Projekt „PZS” zur Einsichtnahme vorzulegen. Darüber hinaus stellte der Gesamtbetriebsrat vier hinsichtlich der begehrten Auskunftsdichte abgestufte Hilfsanträge.

In der Einigungsstellenverhandlung vom 05.06.1998 fällte die Einigungsstelle gegen die Stimmen der von der Arbeitgeberin entsandten Einigungsstellenbeisitzer folgenden Spruch, der dem vierten Hilfsantrag des Gesamtbetriebsrats entsprach:

„Die Unternehmerin ist verpflichtet, dem Ausschuss für wirtschaftliche Angelegenheiten die folgenden Informationen zukommen zu lassen:

Quartalsweise die Angabe der nach Produkten getrennten durchschnittlichen Beträge (Gesamtsumme geteilt durch Anzahl der jeweiligen Sendungen, die im Rahmen des Projektes „PZS” – Stand 05.06.1998 – von den Vertragspartnern verteilt werden), die den Vertragspartnern für die von diesen zu erbringenden Leistungen bezahlt werden.”

Wegen der Einzelheiten der Einigungsstellenverhandlung vom 05.06.1998 und wegen der Begründung des Einigungsstellenspruchs von diesem Tage wird auf das Einigungsstellenprotokoll verwiesen (Bl. 4 – 10 d. A.).

Der Einigungsstellenspruch vom 05.06.1998 wurde von beiden Beteiligten angefochten (Arbeitsgericht Bonn 1 BV 61/98 und 2 BV 62/98). Beide Beschlussverfahren sind noch nicht rechtskräftig entschieden. In dem von der Arbeitgeberin angestrengten Verfahren auf Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruches erging erstinstanzlich am 17.11.1998 ein antragsabweisender Beschluss.

Mit dem vorliegenden, am 23.09.1998 beim Arbeitsgericht Bonn eingereichten Antragsverfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung verlangt der Gesamtbetriebsrat die Durchführung des Einigungsstellenspruchs vom 05.06.1998. Er hat hierzu geltendgemacht, dass die Anfechtung des Spruches durch die Arbeitgeberin keine aufschiebende Wirkung habe. Ungeachtet der Anfechtung sei die Arbeitgeberin verpflichtet,...

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