Rechtsmittel zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigungsschutzklage. Klagefrist. nachträgliche Zulassung und Prozeßkostenhilfe

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird die als Anlage eines Antrags auf Prozeßkostenhilfe eingereichte Klageschrift in der Antragsbegründung ausdrücklich als Entwurf einer beabsichtigten Klage bezeichnet, kann sie auch dann nicht die Klagefrist des § 4 KSchG wahren, wenn sie vom Rechtsanwalt unterzeichnet gewesen ist.

2. Hat der Rechtsanwalt des Antragstellers wegen der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei auf „Unterlagen” verwiesen, die erst nach Ablauf der Klagefrist eingereicht worden sind, kann auch nicht von einer durch die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe bedingten rechtzeitigen Klage ausgegangen werden.

3. Die Mittellosigkeit des Arbeitnehmers kommt als Hindernis der rechtzeitigen Klageerhebung bei zumutbarer Sorgfalt nicht in Betracht, weil die Klageerhebung nach § 4 KSchG nur geringe inhaltliche Anforderungen stellt und mit Hilfe der Rechtsantragsstelle ohne Gerichtskostenvorschuß erfolgen kann.

 

Normenkette

KSchG §§ 5, 4; ZPO § 253

 

Verfahrensgang

ArbG Aachen (Beschluss vom 24.08.1995; Aktenzeichen 3 Ca 677/95)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Aachen vom 24.08.1995 – 3 Ca 677/95 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Dieser Beschluß ist nicht anfechtbar (§ 78 Abs. 2 ArbGG).

Beschwerdewert: 12.531,00 DM.

 

Tatbestand

I. Der Kläger steht seit dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 01.12.1992 (Kopie Blatt 4 ff. der Akte) bei der Beklagten, die regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt, in einem Arbeitsverhältnis als Reisender mit einem Bruttogehalt von 4.177,00 DM.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 14.02.1995, dem Kläger zugegangen am 15.02.1995, „fristlos zum 16.02.1995” und vorsorglich fristgerecht zum 30.04.1995; zugleich kündigte sie ein mit restlichen 7.300,00 DM noch ausstehendes Arbeitgeberdarlehen (Kopie Blatt 8 der Akte). Mit dem am 24.02.1995 bei dem Arbeitsgericht eingereichten Schriftsatz seines Rechtsanwaltes hat der Kläger beantragt, „für die in der Anlage in Kopie beigefügte beabsichtigte Klage Prozeßkostenhilfe zu gewähren” und zur Begründung dieses bei dem Arbeitsgericht mit dem Geschäftszeichen – 3 Ha 5/95 – registrierten Antrages hat der Kläger auf eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen verwiesen; diese Unterlagen waren dem Antrag nicht beigefügt, wurden vielmehr erst mit dem am 09.03.1995 bei Gericht eingereichten Schriftsatz nachgereicht. Die Antragsschrift vom 17.02.1995 schließt mit dem Satz:

Im übrigen überreiche ich in der Anlage Kopie der Klageschrift, aus der zu entnehmen ist, daß die beabsichtigte Klage Aussicht auf Erfolg bietet.

Die auf Durchschlagpapier mit Datum vom 17.02.1995 beigefügte Klage ist von dem Rechtsanwalt des Klägers unterzeichnet und mit insgesamt neun Blatt Fotokopien zum Gegenstand der Klagebegründung verbunden gewesen (Blatt 2 bis 14 der Akte – 3 Ha 5/95 –). Das Arbeitsgericht Aachen hat mit dem am 14.03.1995 an den Rechtsanwalt des Klägers abgesandten Beschluß vom 09.03.1995 Prozeßkostenhilfe mit der Anordnung einer Ratenzahlung von 90,00 DM bewilligt und unter dem neuen Geschäftszeichen – 3 Ca 677/95 – am 15.03.1995 die Zustellung der Klage und die Ladung zum Gütetermin vom 13.04.1995 verfügt. Mit Schriftsätzen vom 22.03.1995, bei dem Arbeitsgericht eingegangen am 23.03.1995 hat sodann der Rechtsanwalt des Klägers unter Bezugnahme auf die bewilligte Prozeßkostenhilfe „in der Anlage Original-Klageschrift nebst Kopien” eingereicht und um Verlegung des Gütetermins gebeten. In dem Gütetermin vom 24.04.1995 hat das Arbeitsgericht auf Bedenken wegen der Rechtzeitigkeit der Klageerhebung vor dem Hintergrund der §§ 4 und 5 KSchG hingewiesen und im Einvernehmen mit den Parteivertretern das Verfahren zunächst terminlos gestellt.

Mit dem am 02.05.1995 eingereichten Schriftsatz gleichen Datums hat der Rechtsanwalt des Klägers die Auffassung vertreten, mit dem Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe sei die Klageschrift unmittelbar fristwahrend eingereicht worden, der als Klage bezeichnete Schriftsatz erfülle alle Anforderungen an eine Klageschrift und sei insbesondere auch von dem Prozeßbevollmächtigten unterzeichnet worden. Die rechtliche Selbständigkeit der unbedingt eingereichten Klage werde durch den Antrag auf Prozeßkostenhilfe nicht beseitigt. Offensichtlich sei auch das Gericht noch im Zeitpunkt der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe von der Einhaltung der Dreiwochenfrist ausgegangen. Zur Glaubhaftmachung der Tatsache, daß in dem mit dem Prozeßkostenhilfeantrag überreichten Exemplar der Klageschrift eine rechtzeitige unbedingte Klageerhebung gelegen habe, beziehe er sich auch auf das außergerichtliche Schreiben an die Beklagte vom 17.02.1995 und das Schreiben vom 01.03.1995 an den Kläger (Ablichtung Blatt 26 und 27 der Akte), worin er die Einreichung der Feststellungsklage erwähnt habe.

Der Kläger ha...

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