Verfahrensgang

ArbG Bonn (Beschluss vom 09.07.1996; Aktenzeichen 4 Ga 32/96)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts: Bonn vom 09.07.1996 (4 Ga 32/96), mit dem ihr Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verüfgung zurückgewiesen worden ist, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 6.346,00 DM.

 

Tatbestand

I. Die Antragstellerin ist bei der Antragsgegnerin, einem Einzelhandelsunternehmen, seit 1978 angestellt und war zuletzt als Kassiererin gegen ein Monatsgehalt von 3.173,– DM eingesetzt. Die Antragsgegnerin kündigte ihr mit Schreiben vom 23.12.1995 fristgemäß zum 30.06.1996. Hiergegen hat die Antragstellerin Kündigungsschutzklage erhoben, der das Arbeitsgericht Bonn mit Urteil vom 08.05.1996 im wesentlichen stattgegeben hat 2 Ca 164/96. Über die von der Beklagten hiergegen eingelegte Berufung ist noch nicht entschieden worden (LAG Köln – 2 Sa 704/96).

Im vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin beantragt,

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, sie in der Filiale Bonn-Bad Godesberg ab dem 01.07.1996 zu den vertraglich vereinbarten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag mit Beschluß vom 09.07.1996 ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde war mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen. Das Arbeitsgericht hat den Erlaß der beantragten einstweiligen Verfügung zu Recht abgelehnt. Dem Antrag fehlt der Verfügungsgrund. Die Antragstellerin ist auf ein Eilverfahren nicht angewiesen; ihr steht das Hauptsacheverfahren zur Verfügung. Daß eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren für die Zeit ab 01.07.1996 nicht mehr rechtzeitig ergehen kann, hat die Antragsteller in selber zu verantworten: Es liegt nämlich daran, daß die Antragstellerin darauf verzichtet hat, den Weiterbeschäftigungsantrag kumulativ im Kündigungsschutzverfahren zu stellen, wozu sie nach der Rechtsprechung berechtigt war. Hätte sie von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, wäre sie seit Erlaß des dortigen Urteils (08.05.1996) im Besitz eines Beschäftigungstitels – mithin rechtzeitig vor Beginn des hier streitigen Zeitraums. Im Recht der kursorischen Verfahren gilt der Grundsatz, daß eine Eilbedürftigkeit dann nicht anzuerkennen ist, wenn sie vom Antragsteller selber herbeigeführt worden ist.

Aus einem weiteren Grund ist die Eilbedürftigkeit zu verneinen. Für eine einstweilige Verfügung auf Weiterbeschäftigung besteht nur dann die erforderliche Dringlichkeit, wenn besondere Umstände vorliegen. Besondere Umstände sind solche, die den Einzel fall aus der Fallgruppe hervorheben – mithin nicht in jedem Fall des Streits um eine Weiterbeschäftigung gegeben sind; auch im Falle des Weiterbeschäftigungsanspruchs ergibt sich der Verfügungsgrund nicht ohne weiteres aus dem Verfügungsanspruch (LAG Rheinland-Pfalz v. 21.08.1986 in LAGE § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 19; LAG Köln, Urteil vom 20.11.1994 – 5 Sa 569/94 und Urteil vom 30.01.1995 – 3 S; 1369/94; Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 2. Aufl., § 62 Rdn. 86).

Die von der Antragstellerin vorgetragenen Gründe für eine Eilbedürftigkeit sind – abgesehen davon, daß sie nicht glaubhaft gemacht worden sind – keine „besonderen” Umstände in diesem Sinne: In jedem Fall einer Kündigung kann der Arbeitnehmer befürchten, daß der Arbeitgeber die Lohnzahlung zunächst einmal bis zum rechtskräftigen Unterliegen im Kündigungsschutzprozeß einstellt. Eine einstweilige Verfügung auf Weiterbeschäftigung ist zudem kein taugliches Mittel, dieser Gefahr zu begegnen, da ein entsprechender Titel keine Verurteilung auf Lohnzahlung enthält. Die Tatsache, daß bei durchgesetzter Weiterbeschäftigung die Gefahr, eine insoweit erhaltene Vergütung zurückzahlen zu müssen, möglicherweise entfällt, ist kein Gesichtspunkt, der für eine Weiterbeschäftigungsverfügung spricht; denn dieser Umstand wirkt sich überhaupt nur aus, wenn sich herausstellt, daß der Arbeitnehmer im Streit um die Kündigung im Unrecht war. Es besteht aber kein schutzwürdiges Interesse daran, Lohn trotz wirksamer Kündigung über ihren Zeitpunkt hinaus auf alle Fälle behalten zu dürfen.

Auch die Gefahr, daß der Arbeitgeber ohne Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers eine anderweitige Besetzung des Arbeitsplatzes vornehmen könnte, besteht als abstrakte Gefahr immer. Warum sie im konkreten Fall darüber hinaus in gesteigertem Umfang vorliegen und zu irreparablen Nachteilen führen sollte, ist nicht vorgetragen.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

 

Unterschriften

Schunck

 

Fundstellen

Dokument-Index HI913699

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