Entscheidungsstichwort (Thema)

Einigungsstelle. Auskunft. Wirtschaftsausschuss

 

Leitsatz (amtlich)

Die Einigungsstelle nach § 109 BetrVG ist dann offensichtlich unzuständig, wenn mangels konkretem Auskunftsverlangen nicht feststellbar ist, ob überhaupt eine Meinungsverschiedenheit über die Auskunftsverpflichtung gegeben ist.

Unzuständig ist die Einigungsstelle auch, soweit lediglich die Feststellung eines in der Vergangenheit liegenden Tatbestandes begehrt wird (erteilte Auskunft hätte früher gegeben werden müssen). Der Antrag zur Einsetzung der Einigungsstelle muss vielmehr so konkret gestellt sein, dass diese zu einem konkreten Auskunftsverlangen beurteilen kann, ob die Auskunft unzumutbar ist, derzeit noch nicht gegeben werden muss oder durch eine Erteilung Geschäftsgeheimnisse verletzt würden, ob also der konkreten Frage Schutzrechte des Arbeitgebers entgegen stehen.

 

Normenkette

ArbGG § 98; BetrVG § 109

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Beschluss vom 05.11.2008; Aktenzeichen 5 BV 314/08)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 05.11.2008 – 5 BV 314/08 – abgeändert und der Antrag abgewiesen.

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten um die Einrichtung einer Einigungsstelle nach § 109 BetrVG. Der Antragsteller ist der im Betrieb der Antragsgegnerin gebildete Betriebsrat, der auf der Grundlage eines Tarifvertrages bundesweit zuständig ist für alle Betriebe und Betriebsstätten der Antragsgegnerin (Arbeitgeberin).

Die Arbeitgeberin beabsichtigt, eine Betriebsänderung in Form der Zusammenfassung aller bisherigen Standorte an nur noch verbleibenden 2 Standorten und hiermit verbunden einen Personalabbau im Overhead (sog. Projekt „F.”) durch zu führen.

Der Wirtschaftsausschuss wurde erstmals am 04.09.2008 mit einer 7-seitigen Präsentation informiert. Mit Schreiben vom 17.09.2008 forderte der Wirtschaftsausschuss die Arbeitgeberin auf, ihm bis zum 26.09.2008 den vollständigen Business-Case vorzulegen. Unter dem 12.09.2008 erhielt der Wirtschaftsausschuss einen Überblick über den F.-Business-Case. Am 17.09.2008 informierte die Arbeitgeberin den Wirtschaftsausschuss erneut mündlich. Am 10.10.2008 beantragte der Antragsteller beim Arbeitsgericht Bonn die Einrichtung der Einigungsstelle. Von den ursprünglich angekündigten Anträgen verfolgt der Betriebsrat dabei nur noch den seinerzeit unter der Ziffer 1 b) beantragten Antrag weiter, nämlich dem Wirtschaftsausschuss den vollständigen Business-Case zum Projekt F. nebst der Wirtschaftlichkeitsberechnung dieses Projekts vorzulegen und die beabsichtigten Maßnahmen umfassend zu erläutern und zu begründen. Am 17.10.2008 fand in P. eine Klausurtagung statt. Bei dieser Klausurtagung erhielt der Betriebsrat eine 14-seitige Version der Planungen, die mit „F.-Business-Case” überschrieben ist. Diese Planungen wurden erläutert.

Mit Schreiben vom 16.10.2008 hatte der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses einen 18 Punkte umfassenden Fragenkatalog an die Arbeitgeberin zusammengestellt. Die Arbeitgeberin beantwortete diesen Fragenkatalog mit Schreiben vom 21.10.2008 per Mail. Am 22.10.2008 stellte der Betriebsrat neue Fragen bzw. ergänzende Fragen zu den bisherigen Fragepunkten. Diese wurden am 24.10.2008 beantwortet. In beiden Antwortschreiben erklärte die Arbeitgeberin, dass sie für weitere Rückfragen jederzeit gerne zur Verfügung stehe. Mit Schreiben vom 31.10.2008 erweiterte der Betriebsrat seine Anträge im Beschlussverfahren dahingehend, dass die Einigungsstelle auch zu dem Thema, festzustellen, dass die vom Wirtschaftsausschuss mit Schreiben vom 16.10.2008 verlangte Auskunft (Fragenkatalog) ungenügend erteilt worden ist, eingesetzt werden solle.

Das Arbeitsgericht verkündete am 05.11.2008 folgende Entscheidung:

Zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle gemäß § 109 BetrVG zu dem Thema:

    1. Verpflichtung der Antragsgegnerin, dem Wirtschaftsausschuss den vollständigen Business-Case zum Projekt „FIT” nebst der Wirtschaftlichkeitsberechnung dieses Projekts vorzulegen und die beabsichtigten Maßnahmen umfassend zu erläutern und zu begründen sowie
    2. festzustellen, dass die vom Wirtschaftsausschuss mit Schreiben vom 16.10.2008 verlangte Auskunft (Fragenkatalog) ungenügend erteilt worden ist,

      wird Herr Dr. H., Direktor des Arbeitsgerichts Köln, bestellt.

  1. Die Zahl der Beisitzer der Einigungsstelle wird für jede Betriebspartei auf drei festgesetzt.
  2. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich die Arbeitgeberin. Sie trägt weiter vor, dass am 06.11.2008 in T. eine mehrstündige Sitzung zwischen der Arbeitgeberin und dem Betriebsrats stattgefunden hat, bei der die Vertreter des Wirtschaftsausschusses anwesend waren. Hierbei seien die Fragen des Betriebsrats solange beantwortet worden, bis keinerlei weitere Fragen mehr gestellt worden seien. Auch in der Folgezeit sei ein neuer Fragenkatalog nicht eingereicht worden. Am 27.02.2009 seien erneut bei einer gemeinsamen Sitzung einzelne Fragen durch den Betriebsrat gestellt worden, die ebenfalls beantwortet ...

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