Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Fortsetzungserkrankung. Leistungsunfähigkeit. alleinige Ursache

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 3 Abs. 1 EFZG hat der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen, wenn er durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert wird.

2. Nach § 3 Abs. 1 S. 2 EFZG verliert ein Arbeitnehmer wegen der erneuten Arbeitsunfähigkeit den Anspruch nach Satz 1 für einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Wochen nicht, wenn er infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig krank wird und vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig krank war.

 

Normenkette

EFZG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Herford (Urteil vom 06.03.2007; Aktenzeichen 3 Ca 1244/06)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 06.03.2007 – 3 Ca 1244/06 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Anspruch des Klägers auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Zeit vom 30.05.2006 bis 11.07.2006.

Der am 11.03.1964 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit 1993 als Lagerarbeiter beschäftigt. Sein Stundenlohn betrug zuletzt 8,14 EUR brutto in der 40-Stunden-Woche.

Die Beklagte betreibt ein Speditionsunternehmen.

Der Kläger zog sich im Jahr 1993 bei einem schweren Arbeitsunfall eine Beinverletzung zu, aufgrund derer er in der Folgezeit in erheblichem Maße arbeitsunfähig krank war, nämlich im Jahr 1993 an 153 Tagen, im Jahr 1994 an 43 Tagen, im Jahr 1997 an 46 Tagen, im Jahr 1998 an 104 Tagen und im Jahr 2000 an 223 Tagen. Seit dem 30.05.2006 ist der Kläger wegen der bei dem Arbeitsunfall 1993 erlittenen Verletzung durchgängig arbeitsunfähig krank.

Die Beklagte zahlte für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit ab 30.05.2006 keine Entgeltfortzahlung. Der Kläger machte den Anspruch gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 19.09.2006 (Bl. 4 d.A.) geltend. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 09.10.2006 (Bl. 5 bis 6 d.A.) die Zahlung ab.

Die vorliegende Klage hat der Kläger am 18.10.2006 erhoben. Wegen der Berechnung der Forderung wird auf die Klageschrift verwiesen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei zur Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 30.05.2006 bis 11.07.2006 verpflichtet.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.973,54 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat, gestützt auf die betriebsärztliche Stellungnahme der Ärztin A2 B2 vom 29.05.2006 (Bl. 16 d.A.), die Auffassung vertreten, dass der Kläger wegen der Verletzung, die er sich bei dem Arbeitsunfall 1993 zugezogen habe, auf Dauer leistungsunfähig sei und seine Arbeitskraft nicht anbieten könne. So sei die Erkrankung ab 30.05.2006 nicht die alleinige Ursache der Arbeitsunfähigkeit.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 06.03.2007 der Klage stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt. Den Streitwert hat es auf 1.973,54 EUR festgesetzt.

Das Arbeitsgericht ist in den Entscheidungsgründen der Auffassung des Klägers gefolgt.

Gegen dieses ihr am 13.03.2007 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil hat die Beklagte am 29.03.2007 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14.06.2007 am 14.06.2007 begründet.

Zuvor hatte die Berufsgenossenschaft Druck und Papier mit Schreiben vom 01.06.2007 der Beklagten mitgeteilt, dass sie für die Zeit vom 30.05.2006 bis 10.07.2006 an den Kläger Verletztengeld in Höhe von 1.339,06 EUR netto gezahlt hat. Die Auszahlung erfolgte durch die AOK Westfalen-Lippe.

Der Kläger hat daraufhin am 29.08.2007 die Klage in Höhe von 1.339,06 EUR netto zurückgenommen. Die Beklagte hat sich mit der teilweisen Klagerücknahme einverstanden erklärt.

Die Beklagte stützt weiterhin die Berufung maßgeblich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 06.03.2007 – 3 Ca 1244/06 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 06.03.2007 – 3 Ca 1244/06 – zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit die Klage noch anhängig ist.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Dem Kläger steht der begehrte Entgeltfortzahlungsanspruch für die Zeit vom 30.05.2006 bis zum 11.07.2006 gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 EFZG zu, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat.

1. Nach § 3 Abs. 1 EFZG hat der Arbeitn...

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