Entscheidungsstichwort (Thema)

außerordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds. Beleidigung von Betriebsratsmitgliedern. Störung des Betriebsfriedens. Äußerung von Kritik in überzogener, zugespitzter Weise. ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung. Verhinderung des zu kündigenden Betriebsratsmitglieds bei Beratung und Beschlussfassung über die Zustimmung zur eigenen Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

§ 15 KSchG, § 626 BGB,§§ 102, 103 BetrVG,Art. 5 Abs. 1 GG

 

Normenkette

KSchG § 15; BGB § 626; BetrVG §§ 102-103; GG Art. 5 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Iserlohn (Urteil vom 11.04.2006; Aktenzeichen 5 Ca 3931/05)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 11.04.2006 – 5 Ca 3931/05 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

Der am 12.13.14xx geborene Kläger ist ledig. Seit dem 29.11.1994 ist er bei der Beklagten, die ca. 110 Mitarbeiter beschäftigt, als Drahtzieher zu einem monatlichen durchschnittlichen Bruttoverdienst von 2.700,00 EUR tätig.

Der Kläger ist seit 2002 Mitglied des im Betrieb der Beklagten gewählten Betriebsrats, der aus sieben Personen besteht.

Am 22.11.2005 wurde der Betriebsrat durch die Beklagte über die rückläufige Auftragslage in Höhe von ca. 30 % informiert. Am 01.12.2005 fand daraufhin eine Betriebsratssitzung statt, auf der der Geschäftsführer der Beklagten ein flexibles Arbeitszeitmodell zur Verhinderung von ansonsten notwendigen fünf Entlassungen vorschlug. Unter anderem wurde dabei die Absenkung der Arbeitszeit auf 30 Stunden pro Woche diskutiert.

Im Anschluss an die Betriebsratssitzung vom 01.12.2005, die nicht ohne Auseinandersetzung vonstatten ging, forderte der Kläger, dass zunächst die Zeitkonten voll ausgeschöpft und darüber hinaus gegebenenfalls Kurzarbeit angemeldet werden müsse. Ferner kam es auch unter den Betriebsratsmitgliedern zu verbalen „Entgleisungen”. Beim Verlassen der Betriebsratssitzung sagte der Kläger sinngemäß zu seinem Betriebsratskollegen S3xxxxx, dieser sei zu blöd für Betriebsratsarbeit. Gegenüber dem Betriebsratsmitglied K4xxxx sagte er sinngemäß, dieser sei ein „großer Feigling” und habe keine Ahnung.

Am 02.12.2005 verweigerten Teile der Belegschaft des Werkes II der Beklagten die Ableistung von Mehrarbeit, die am 02.12.2005 für den 03.12.2005 angeordnet wurde.

Auf einer Betriebsratssitzung vom 06.12.2005 kam es zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung über flexible Arbeitszeit zwischen dem Betriebsrat und der Beklagten mit einem Arbeitszeitrahmen zwischen 30 und 38 Stunden. Ferner sah die Betriebsvereinbarung den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen bis einschließlich März 2006 vor.

Der Kläger, der mit dem Abschluss der genannten Betriebsvereinbarung nicht einverstanden war, suchte am 12.12.2005 die Gewerkschaft in W1xxxxx auf, um sich dort zu unterrichten und gegebenenfalls gegen die neue Arbeitszeitregelung vorzugehen. Im Anschluss an das Gespräch mit der Gewerkschaft sprach der Kläger mit den Arbeitnehmern A3xxxxxxx und C1xxxxxxx über die Auswirkungen der abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen und erklärte diesen gegenüber sinngemäß, für eine 2%ige Lohnerhöhung habe man auf das Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichten sollen.

Mit Schreiben vom 13.12.2005 (Bl. 31 d.A.) leitete die Beklagte das Anhörungsverfahren zu einer beabsichtigten fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung des Klägers beim Betriebsrat ein. Der Betriebsratsvorsitzenden wurde gegen 13.00 Uhr das Anhörungsschreiben vom 13.12.2005 übergeben. Mit Schreiben vom 13.12.2005 (Bl. 30 d.A.) teilte der Betriebsrat der Geschäftsleitung mit, dass der fristlosen Kündigung des Klägers zugestimmt werde. Das Schreiben des Betriebsrates wurde der Geschäftsleitung am 13.12.2005 gegen 13.20 Uhr übergeben.

Ob am 13.12.2005 ein entsprechender Betriebsratsbeschluss ordnungsgemäß gefasst worden ist, ist zwischen den Parteien streitig. Der Kläger nahm ab 13.00 Uhr an der Sitzung des Betriebsrates teil.

Mit Schreiben vom 13.12.2005 (Bl. 5 d.A.) kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht. Hiergegen erhob der Kläger am 20.12.2005 die vorliegende Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die außerordentliche Kündigung sei unwirksam. Die Beklagte könne die außerordentliche Kündigung weder auf Beleidigungen seitens des Klägers noch auf eine etwaige Störung des Betriebsfriedens stützen.

Hierzu hat der Kläger behauptet, er sei am 01.12.2005 nach der Betriebsratssitzung nicht zum Werk II der Beklagten gefahren, um dort Stimmung gegen die Beklagte zu machen. Vielmehr habe er die Funktionärskonferenz der IG Metall besucht.

Er habe auch keine beleidigenden Äußerungen gegenüber den Betriebsratsmitgliedern S3xxxxx und K4xxxx gemacht.

Für die Verweigerung von Mehrarbeit durch Teile der Belegschaft des Werkes II sei er nicht verantwortlich.

Schließlich sei die außerordentliche...

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