Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung einer hilfsweisen fristgerechten Kündigung mit falschem Beendigungsdatum. Verbindlichkeit eines späteren Kündigungstermins trotz schnellem Beendigungswillen

 

Leitsatz (amtlich)

Kündigt ein Arbeitgeber fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Termin und benennt als Beendigungstermin ein konkretes Datum mit versehentlich zu lang gewählter Kündigungsfrist, kann die Auslegung nach dem Empfängerhorizont trotz des erkennbaren, schnellstmöglichen Beendigungswillens des Arbeitgebers die Auflösung des Arbeitsverhältnisses erst zu dem genannten Datum ergeben.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 622 Abs. 2; ZPO § 97; GG Art. 13

 

Verfahrensgang

ArbG Herford (Entscheidung vom 18.11.2020; Aktenzeichen 2 Ca 250/20)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 18. November 2020 - 2 Ca 250/20 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz allein noch um die Dauer der einzuhaltenden ordentlichen Kündigungsfrist.

Die Klägerin war seit dem 1. Oktober 2014 bei der Beklagten als Haushaltshilfe eingestellt und erhielt eine monatliche Vergütung in Höhe von 910,74 € brutto.

In dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 8. September 2014 ist unter § 8 die Geltung der gesetzlichen Kündigungsfristen vereinbart.

Nachdem am Vormittag des 12. Februar 2020 zum wiederholten Male verschiedene Wertgegenstände aus dem Haushalt der Beklagten abhandengekommen sein sollen, verdächtigt die Beklagte die Klägerin des Diebstahls.

Aus diesem Grund kündigte sie mit Schreiben vom 14. Februar 2020 mit folgendem Wortlaut:

"Hiermit kündige ich das zwischen uns bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Termin, das ist der 30. April 2020."

Gegen die Kündigung setzt sich die Klägerin mit der am 6. März 2020 beim Arbeitsgericht Herford eingegangenen Klage zur Wehr.

Sie hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, es mangele an einem wichtigen Grund für den Ausspruch der fristlosen Kündigung, da sie keinen Diebstahl begangen habe.

Die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung könne nur so ausgelegt werden, dass das Arbeitsverhältnis erst zum 30. April 2020 beendet würde.

Die Klägerin hat unter Klagerücknahme im Übrigen beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die arbeitgeberseitige außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 14. Februar 2020, zugegangen am selben Tag, zum 14. Februar 2020 beendet wurde, sondern zu unveränderten Bedingungen bis zum 30. April 2020 fortbestand.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, allein die Klägerin komme als Täterin in Betracht, so dass die fristlose Kündigung als Tatkündigung wegen Diebstahls wirksam sei.

Sofern es auf die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung ankäme, sei das Arbeitsverhältnis bereits mit Ablauf des 15. März 2020 beendet, da die verlängerten Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 BGB in Privathaushalten keine Anwendung fänden. Den Willen zur frühestmöglichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses hätte die Beklagte mit der Formulierung des Kündigungsschreibens deutlich zum Ausdruck gebracht.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 18. November 2020 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 14. Februar 2020 sein Ende gefunden hat, da es der Beklagten nicht gelungen sei darzulegen und zu beweisen, dass die Klägerin tatsächlich die behaupteten Diebstähle begangen habe.

Mangels Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes sei das Arbeitsverhältnis aufgrund der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung beendet, wobei das Kündigungsschreiben dahingehend auszulegen sei, dass der Beendigungstermin trotz der sich aus § 622 BGB ergebenden Kündigungsfrist nicht der 15. März 2020, sondern erst der 30. April 2020 sei.

Gegen dieses ihr am 14. Dezember 2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 14. Januar 2021 Berufung beim Landesarbeitsgericht Hamm eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 15. März 2021 am 15. März 2021 begründet.

Die Beklagte greift in der Berufung lediglich noch den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 15. März 2020 hinaus an. Sie hält die vom Arbeitsgericht vorgenommene Auslegung für rechtsfehlerhaft. Vordringlich und auch für die Klägerin erkennbar habe die Beklagte das Arbeitsverhältnis so früh wie möglich beenden wollen, nicht zuletzt, da für sie nach wie vor der Verdacht des Diebstahls gegen die Klägerin im Raum stehe. Die rechtsirrige Nennung des Datums 30. April 2020 stelle eine reine Wissenserklärung dar, die diesen Willen nicht entfallen lasse. Vielmehr müsse die Auslegung, sofern sie über den reinen Wortlaut hinausgehe, zu dem Ergebnis führen, dass die Beklagte die vereinbarte, gesetzliche Kündigungsfrist gemeint habe, die dem 15. März 2020 entspreche. Sollte überhaupt ein Vertrauensschutz zu Gunsten der Klägerin anzunehmen seien, habe dieser h...

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