Entscheidungsstichwort (Thema)

Schulung. Betriebsrat. Mobbing. Erforderlichkeit. Pflicht des Arbeitgebers zur Freistellung von Mitgliedern des Betriebsrats zur Teilnahme an einer Schulung zum Thema Mobbing

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Schulungsveranstaltung zum Thema Mobbing vermittelt keine Grundkenntnisse, die ein Betriebsratsmitglied erst in die Lage versetzt, seine sich aus der Amtsstellung ergebenden Rechte und Pflichten wahrzunehmen.

2. Daher ist der Arbeitgeber nur dann verpflichtet, Mitglieder des Betriebsrats freizustellen, wenn ein konkreter, betriebsbezogener Anlass besteht (hier: verneint).

 

Normenkette

BetrVG § 37 Abs. 6 S. 1, § 40 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Herne (Entscheidung vom 22.05.2012; Aktenzeichen 3 BV 3/12)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Herne vom 22.05.2012 - 3 BV 3/12 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Arbeitgeberin, den Betriebsrat von den Kosten für die Teilnahme von (noch) zwei Betriebsratsmitgliedern an einer Schulung zum Thema Mobbing freizustellen.

Der Antragsteller ist der siebenköpfige Betriebsrat im Einzelhandelsbetrieb der Arbeitgeberin in H1. Er fasste am 02.02.2012 den Beschluss, drei seiner Mitglieder, darunter die Arbeitnehmer D1 und U1, zum Seminar "Mobbing und Diskriminierung am Arbeitsplatz - Teil 1" vom 03. bis 07.12.2012 in G1 zu entsenden. Hinsichtlich der Einzelheiten des Seminarprogramms wird verwiesen auf die mit Betriebsratsschriftsatz vom 01.10.2012 eingereichte Kopie (Bl. 77 f. d. A.).

Nachdem die Arbeitgeberin eine Kostenübernahme abgelehnt hatte, leitete der Betriebsrat das vorliegende Verfahren ein.

Er hat die Auffassung vertreten, in dem Seminar würden Grundkenntnisse vermittelt, die ohne Weiteres für eine ordnungsgemäße Betriebsratsarbeit erforderlich seien. So würde er als Betriebsrat mehrmals im Monat von Mitarbeitern auf "Mobbing" angesprochen. Auch zeige die aktuelle Berichterstattung im Fernsehen über Mobbingfälle bei der Firma A1, wie aktuell das Thema in den Betrieben sei. Konkret hätten sich in den letzten vier Jahren mindestens sieben Arbeitnehmer über Mobbing durch den Bezirksleiter K1 beschwert.

Die Mitarbeiter B1 und L1 seien aufgrund von Repressalien am Arbeitsplatz arbeitsunfähig erkrankt (Bl. 26 f. d. A.). Auch der Arbeitnehmer H2 sei Mobbing-Attacken seiner Bezirksleiterin ausgesetzt und leide deshalb unter einem Erschöpfungszustand (Bl. 28 d. A.).

Der Betriebsrat hat beantragt,

festzustellen, dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, die Kosten für die Seminarteilnahme der Betriebsratsmitglieder D1, U1 und K2 bzgl. der Schulung "Mobbing und Diskriminierung am Arbeitsplatz - Teil 1" vom 03.12.2012 bis zum 07.12.2012 in G1 zu übernehmen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat die Meinung vertreten, die Schulung sei nicht erforderlich. In ihr würden keine Grundkenntnisse vermittelt. Auch sei kein aktueller, betriebsbezogener Anlass dargelegt worden. Es gebe bis heute keinerlei Kenntnisse über einen konkreten Mobbingverdacht im Betrieb. In den Fällen B1, L1 und H2 seien keine konkreten Tatsachen dargelegt worden, um verifizieren zu können, dass es zu Mobbingattacken gekommen sei.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 22.05.2012 den Antrag abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein Seminar zum Thema "Mobbing" - wie hier - vermittle kein Grundlagenwissen und sei deshalb nicht ohne Weiteres als erforderlich anzuerkennen.

Der Betriebsrat habe auch nicht genügend Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass Mitarbeiter im Betrieb der Arbeitgeberin in der Vergangenheit konkreten Mobbingsituationen ausgesetzt gewesen seien. Namentlich in den Fällen B1, L1 und H2 seien keinerlei konkrete Konfliktsituationen geschildert worden.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Betriebsrat mit seiner Beschwerde.

Er ist der Auffassung, es handele sich um eine Schulung, in der Grundkenntnisse vermittelt würden. Das Problem Mobbing habe unmittelbar Bezüge zu Fragen des Arbeitsschutzes und sei deshalb nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 oder Nr. 1 BetrVG mitbestimmungsrelevant. Deshalb müsse der Betriebsrat entsprechende Kenntnisse über Ursachen und Folgen von Mobbing einschließlich seines Erkennens haben. Würde erst der Eintritt einer betrieblichen Konfliktlage abgewartet, sei ein kompetentes sofortiges Handeln nicht möglich.

Davon abgesehen sei im Fall H2 eine konkrete Konfliktsituation vorgetragen worden.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Herne vom 22.05.2012 - 3 BV 3/12 - abzuändern und festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, den Betriebsrat von den Kosten für die Teilnahme seiner Mitglieder D1 und U1 an der Schulung "Mobbing und Diskriminierung am Arbeitsplatz - Teil 1" vom 03. bis 07.12.2012 in G1 freizustellen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie weist nochmals darauf hin, dass es sich um keine Grundschulung handele.

Im Fall H2 würden auch ...

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