Die Revision gegen das Urteil wird zugelassen.

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Sonderzahlung / Weihnachtsgeld / Betriebsübung / negative Betriebsübung / Gleichbehandlung / Darlegungslast

 

Leitsatz (amtlich)

1. Soll der auf die Grundsätze der Betriebsübung gestützte Anspruch auf Gewährung einer Sonderzahlung nachträglich durch eine gegenteilige „negative Betriebsübung” eingeschränkt werden, so muss der Arbeitgeber unmissverständlich darauf hinweisen, dass die Leistung anders als in der Vergangenheit künftig nur noch unter Einschränkungen (ohne Rechtsanspruch) gewährt wird.

2. Erklärt der Arbeitgeber durch Betriebsaushang, die gewährte Sonderzahlung werde (künftig) ohne Rechtsanspruch gewährt, „soweit sich nicht aus dem Arbeitsvertrag eine abweichende Vereinbarung ergebe”, so ist im Zweifel kein Eingriff in vertragliche Rechte gewollt mit der Folge, dass die Wirkungen des Aushangs sich auf die neu eintretenden Arbeitnehmer beschränken, bestehende Ansprüche aus Betriebsübung jedoch unberührt lassen.

3. Sollen hingegen nach der Erklärung des Arbeitgebers auch Ansprüche aus Betriebsübung eingeschränkt, hingegen Ansprüche aufgrund ausdrücklicher arbeitsvertraglicher Vereinbarung unangetastet bleiben, so liegt hierin ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, da ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung der Beschäftigten nicht vorliegt.

4. Behauptet der Arbeitnehmer in einem derartigen Fall, der Arbeitgeber gewähre anderen Arbeitnehmern eine Sonderzahlung unter Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, so genügt der Arbeitgeber seiner „sekundären” Behauptungslast) gemäß § 138 Abs. 2 ZPO nur durch konkretes Bestreiten oder die Darlegung, an welche Personengruppen er nach welchen Maßstäben entsprechende Leistungen erbringt. Andernfalls gilt der Vortrag des Arbeitnehmers als zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO).

 

Normenkette

BGB § 145 ff., § 315; ZPO § 138

 

Verfahrensgang

ArbG Iserlohn (Urteil vom 02.07.2003; Aktenzeichen 1 Ca 311/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 02.07.2003 – 1 Ca 311/03 – abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 974,53 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 24.01.2003 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Die Revision gegen das Urteil wird zugelassen.

 

Tatbestand

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin, welche aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages (Bl. 16 d.A.) seit dem 01.08.1978 als gewerbliche Arbeitnehmerin im Betrieb der Beklagten tätig war und zum 30.11.2002 wegen Erreichens der Altersgrenze aus dem Betrieb der Beklagten ausgeschieden ist, die Zahlung eines anteiligen 13. Monatsgehalts für das Jahr 2002.

Zur Begründung hat die Klägerin zum einen auf den Inhalt ihres Arbeitsvertrages verwiesen. Dieser sieht neben der Festlegung der Arbeitsvergütung mit einem „Einstell-Lohn von 7,30 DM nach Lohngruppe 2” folgende Regelung vor:

„…

Wir behalten uns vor, Ihre Arbeit von einem noch näher zu bestimmenden Zeitpunkt ab in Akkord- oder Prämienlohn zu vergeben. Von diesem Zeitpunkt an fällt der Einstelllohn weg. Es gelten dann die tariflichen Bestimmungen der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens, die entsprechenden Betriebsvereinbarungen, evtl. einzelvertragliche Vereinbarungen sowie die Arbeitsordnung der Firma B1xxxx & Co.

…”

Zum anderen stützt die Klägerin ihren Anspruch auf die Grundsätze der Betriebsübung und verweist auf die Tatsache, dass die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgänger stets eine entsprechende Leistung gewährt haben.

Durch Urteil vom 02.07.2003 (Bl. 31 ff. d.A.), auf welches wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, die im Arbeitsvertrag vorgesehene Verweisung auf die genannten tariflichen Bestimmungen lasse nicht mit der nötigen Eindeutigkeit erkennen, dass hiervon auch der Tarifvertrag zur Absicherung eines 13. Monatseinkommens in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie NRW erfasst sei. Ebenso wenig könne die Klägerin ihren Anspruch auf die Grundsätze der Betriebsübung stützen, da in der Vergangenheit Leistungen stets nur unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit erfolgt seien.

Mit ihrer rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und trägt ergänzend vor:

Entgegen dem Standpunkt des arbeitsgerichtlichen Urteils ergebe sich aus dem vorgelegten Arbeitsvertrag zweifelsfrei, dass hier auf die tariflichen Bestimmungen der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie NRW Bezug genommen werde. Da Tarifverträge anderer Organisationen nicht vorlägen, bestehe keinerlei Unklarheit. Soweit die Beklagte geltend mache, die Verweisung auf die tariflichen Bestimmungen der Metallindustrie betreffe allein den Lohntarifvertrag, welcher im Falle des Wechsels zum Akkord- oder Prämienlohn an die Stelle des vereinbarten Zeitlohnes treten soll...

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