Entscheidungsstichwort (Thema)

Täuschung über bisherigen beruflichen Werdegang. Anfechtbarkeit eines Arbeitsvertrages

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei der Einstellung kann der Arbeitgeber Angaben zur fachlichen Qualifikation des Bewerbers verlangen. Hierzu gehören auch Angaben bezüglich des bisherigen beruflichen Werdegangs.

 

Verfahrensgang

ArbG Hamm (Urteil vom 07.10.1993; Aktenzeichen 4 Ca 944/93)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 07.10.1993 – 4 Ca 944/93 – unter Zurückweisung der Berufung im übrigen teilweise abgeändert:

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Anfechtung des Beklagten vom 30.04.1993 am 03.05.1993 beendet worden.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 2/3 und dem Beklagten zu 1/3 auferlegt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, wann das ab 01.04.1993 zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis beendet worden ist.

Der Beklagte betreibt in H. eine ärztliche Praxis. Er beschäftigt dort in der Regel zwei Arbeitnehmer.

Die am 30.01.1960 geborene Klägerin ist von Beruf Arzthelferin.

Am 08.03.1993 bewarb sie sich bei dem Beklagten in einem an diesem Tag geführten Vorstellungsgespräch für eine Einstellung als Arzthelferin. Sie legte dem Beklagten im Rahmen der Bewerbung einen auf den 01.02.1993 datierten Lebenslauf vor, in dem der berufliche Werdegang wie folgt aufgezeigt wurde:

1975–1976

Praktikum im ev. Kindergarten P.,

03/77–06/78

Ausbildung zur Zahnarzthelferin,

11/78–12/79

Ausbildung zur Arzthelferin bei Herrn S.,

01/80–12/80

1. Berufsjahr bei Herrn S.,

01/81–12/81

2. Berufsjahr bei Dr. B. und Dr. F.,

01/82–09/82

Hausfrau,

10/82–09/83

3. Berufsjahr bei Dr. E.,

10/83–09/91

Hausfrau,

10/91–09/92

kfm. Angestellte bei der Fa. D., H.,

seit 10/92

kfm. Angestellte bei D.-Computer in ungekündigter Stellung.

Tatsächlich war die Klägerin in der Zeit vom 01.10.1992 bis zum 31.12.1992 kurzfristig nacheinander bei den Ärzten Dr. G. und Dr. S. als Arzthelferin tätig gewesen. Das Arbeitsverhältnis mit der Fa. D.-Computer bestand seit 01.01.1993. Die Firma D.-Computer hatte dieses Arbeitsverhältnis durch eine der Klägerin am 12.02.1993 zugegangenen Kündigung gekündigt.

Am 12.03.1993 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, in dem unter anderem folgendes vereinbart wurde:

§ 1 Beginn und Art der Tätigkeit

Frau W., B. wird ab 01.04.93 als Arzthelferin beschäftigt.

§ 2 Probezeit

Die Zeit bis zum 30.06.93 gilt als Probezeit. Während dieser Zeit kann jeder Teil den Vertrag mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen kündigen.

Am 01.04.1993 nahm die Klägerin die Arbeit auf. Am 02.04.1993 zeigte die Klägerin ihre Arbeitsunfähigkeit an und erschien bis zum 07.04.1993 ohne Vorlage eines ärztlichen Attestes nicht zur Arbeit.

In der Zeit vom 08. bis 14.04.1993 war die Praxis des Beklagten urlaubsbedingt geschlossen. Am 14.04. rief der Beklagte bei der Klägerin an, um sich zu erkundigen, ob die Klägerin am nächsten Tag wieder zur Arbeit erscheine, was diese auch zusagte. Am 15.04.1993 erschien sie hingegen nicht zur Arbeit, sondern meldete sich arbeitsunfähig krank und reichte hierfür ein ärztliches Attest für die Tage 15. und 16.04.1993 ein.

Nach dem folgenden Wochenende erschien die Klägerin am 19.04.1993 zur Arbeit, verließ jedoch mittags die Praxis, ohne ein Wort zu sagen. Gegen 16.00 Uhr bat der Beklagte die Klägerin zu einem Gespräch zu sich. Dabei warf er ihr unter anderem vor, daß sie die ihr übertragenen Arbeiten nicht zu seiner Zufriedenheit erfülle. Er schlug ihr dabei vor, das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wobei er sich bereit erklärte, ihr eine Abfindung in Höhe von 1.000,00 DM zu zahlen. Gegen 21.00 Uhr desselben Tages kam es zu einem Telefonat zwischen den Parteien, in dessen Verlauf erneut über die Auflösung des Arbeitsvertrages gesprochen wurde. Der Beklagte verfaßte ein Kündigungsschreiben, welches er der Klägerin noch anschließend am selben Tage übergab. Darin kündigte er das Arbeitsverhältnis zum nächstmöglichen Zeitpunkt, spätestens jedoch zum 22.05.1993.

In der Zeit vom 20.04.1993 bis zum 04.05.1993 war die Klägerin erneut arbeitsunfähig krank.

Mit Schreiben vom 30.04.1993 erklärte der Beklagte die Anfechtung des Arbeitsverhältnisses wegen arglistiger Täuschung. Die Anfechtungserklärung ging der Klägerin am 03.05.1993 zu. Wegen des Inhalts des Anfechtungsschreibens wird auf Bl. 9 d.A. verwiesen.

Die vorliegende Klage hat die Klägerin am 14.05.1993 erhoben.

Die Klägerin hat vorgetragen:

Die nicht korrekte Darstellung ihres beruflichen Werdeganges für die drei Monate von Oktober bis Dezember 1992 beruhe auf einem Übertragungsfehler der Textverarbeitung. Zwischen den Parteien sei es bei dem Gespräch vom 19.04.1993 in der Praxis des Beklagten nicht zu einem Aufhebungsvertrag gekommen. Vielmehr sei eine Bedenkzeit bis zum Abend des Tages vereinbart worden. Gegen 21.00 Uhr habe sie der Beklagte angerufen um zu erfahren, ob sie der Aufhebung des Arbeitsvertrages zustimme. Dies habe sie jedoch abgelehnt. Daraufhin habe d...

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