Entscheidungsstichwort (Thema)

Privatnutzung von Dienstwagen. Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates. Mitbestimmungspflichtige Zuwendung von Sachbezügen

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Ausgestaltung der vom Arbeitgeber gestatteten Privatnutzung von Dienstwagen besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10

 

Verfahrensgang

ArbG Paderborn (Entscheidung vom 11.07.2013; Aktenzeichen 1 BV 15/13)

 

Tenor

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 11.07.2013 - 1 BV 15/13 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten um das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts bei der Ausgestaltung der von der Arbeitgeberin gestatteten Privatnutzung von Dienstwagen.

Die Arbeitgeberin, die zum Konzern der F-Klinik AG gehört, betreibt in ihrem 230 Arbeitnehmer umfassenden Betrieb eine Klinik für neurologische und neurochirurgische Rehabilitation. Bislang stellte sie ihrer als sog. Customer Relation Managerin tätigen Arbeitnehmerin X und dem als Haustechnikleiter fungierenden Mitarbeiter M jeweils einen Dienstwagen zur Verfügung; diesen durften sie auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung als Ergänzung zum Arbeitsvertrag (siehe Bl. 62 f. d. A.) auch zu privaten Zwecken nutzen.

Der im Betrieb bestehende antragstellende Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, insoweit sei § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nicht gewahrt worden, weil es sich um die mitbestimmungspflichtige Zuwendung von Sachbezügen als Lohnbestandteile handele.

Der Betriebsrat hat beantragt,

  1. der Beteiligten zu 2) aufzugeben, es zu unterlassen, Mitarbeitern Dienstwagen zur Privatnutzung zu überlassen, solange der Antragsteller die Zustimmung nicht erteilt ist oder ein die Zustimmung ersetzender Spruch einer Einigungsstelle nicht vorliegt;

    hilfsweise

  2. der Beteiligten zu 2) aufzugeben, es zu unterlassen, der Mitarbeiterin X und dem Mitarbeiter M ein Firmenfahrzeug zur privaten Nutzung zu überlassen, solange der Antragsteller die Zustimmung nicht erteilt ist oder ein die Zustimmung ersetzender Spruch einer Einigungsstelle nicht vorliegt.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Sie hat zum Ausdruck gebracht, es handele sich lediglich um einen unwesentlichen Reflex der vorrangigen dienstlichen Nutzung der Dienstwagen, so dass keine Mitbestimmungspflicht bestehe.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 11.07.2013 dem Hauptantrag stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei der Privatnutzung der Dienstwagen um eine unter § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG fallende Sachleistung handele, deren Ausgestaltung mitbestimmungspflichtig sei.

Dagegen wendet sich die Arbeitgeberin mit ihrer Beschwerde.

Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens beantragt sie,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 11.07.2013 - 1 BV 15/13 - abzuändern und die Anträge abzuweisen.

Ebenfalls unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrages beantragt der Betriebsrat,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.

B.

Die zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet, weil das Arbeitsgericht zu Recht dem Unterlassungsbegehren des Betriebsrates stattgegeben hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (grundlegend: 03.05.1994 - 1 ABR 24/93 - AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 23; zuletzt z.B. 25.09.2012 - 1 ABR 49/11 - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 129) steht dem Betriebsrat im Falle der Verletzung seiner in § 87 BetrVG verankerten Mitbestimmungsrechte gegenüber dem Arbeitgeber ein allgemeiner Unterlassungsanspruch zu. Dieser beruht auf der sich als Ausfluss des Gebots zur vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) ergebenden Nebenpflicht des Arbeitgebers, alles zu unterlassen, was der Wahrnehmung bestehender Mitbestimmungsrechte durch den Betriebsrat entgegensteht.

Die Voraussetzungen sind hier erfüllt, weil die Arbeitgeberin bei ihrer Handhabung, bestimmten Arbeitnehmern einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zu überlassen, das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.

I. Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt 30.10.2012 - 1 ABR 61/11 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 143) erfasst das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu Fragen der betrieblichen Lohngestaltung alle vermögenswerten Arbeitgeberleistungen, bei denen die Bemessung nach bestimmten Grundsätzen oder einem System erfolgt. Die Mitbestimmung ist also nicht beschränkt auf die unmittelbar leistungsbezogenen Entgelte, sondern sie umfasst alle Formen der Vergütung, die dem Arbeitnehmer mit Rücksicht auf seine Arbeitsleistung gewährt werden (BAG, 10.06.1986 - 1 ABR 65/84 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 22). Denn auch in der letzteren Konstellation besteht die Notwendigkeit, durch die Beteiligung des Betrieb...

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