Entscheidungsstichwort (Thema)

Diskriminierungsfreie Ablehnung einer Bewerberin durch Diakonisches Werk. Entschädigungsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

Stellenbewerber können nur dann im Sinne der §§ 7 ff AGG benachteiligt werden, wenn sie für die ausgeschriebene Stelle objektiv geeignet sind. Daran fehlt es jedenfalls dann, wenn sie dem in der Stellenausschreibung enthaltenen Anforderungsprofil nicht ansatzweise entsprechen, sofern der Arbeitgeber seinerseits bei der Auswahlentscheidung vom Anforderungsprofil nicht abweicht.

 

Normenkette

AGG § 7

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 04.12.2007; Aktenzeichen 20 Ca. 105/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.08.2010; Aktenzeichen 8 AZR 466/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 04. Dezember 2007 – 20 Ca. 105/07 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Zahlung einer Entschädigung im Zusammenhang mit einer behaupteten Benachteiligung wegen der Religion bzw. der ethnischen Herkunft der Klägerin.

Die Klägerin ist Deutsche türkischer Herkunft und gehört nicht einer christlichen Kirche an.

Der Beklagte, der für Hamburg zuständige Landesverband des Diakonischen Werkes, ist als solcher Teil der Nordelbischen Evangelisch-lutherischen Kirche (NEK) und damit der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD).

In der „Richtlinie des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland nach Artikel 9 Buchst. b Grundordnung über die Anforderungen der privatrechtlichen beruflichen Mitarbeit in der Evangelischen Kirche in Deutschland und des Diakonischen Werkes der EKD” heißt es u.a.:

㤠2

Grundlagen des Kirchlichen Dienstes

(1) Der Dienst der Kirche ist durch den Auftrag bestimmt, das Evangelium in Wort und Tat zu bezeugen. Alle Frauen und Männer, die in Anstellungsverhältnissen in Kirche und Diakonie tätig sind, tragen in unterschiedlicher Weise dazu bei, dass dieser Auftrag erfüllt werden kann. Dieser Auftrag ist die Grundlage der Rechte und Pflichten von Anstellungsträgern sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

§ 3

Berufliche Anforderung

bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses

(1) Die berufliche Mitarbeit in der Evangelischen Kirche und ihrer Diakonie setzt grundsätzlich die Zugehörigkeit zu einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland oder einer Kirche voraus, mit der die Evangelische Kirche in Deutschland in Kirchengemeinschaft verbunden ist …

(2) Für Aufgaben, die nicht der Verkündigung, Seelsorge, Unterweisung oder Leitung zuzuordnen sind, kann von Absatz 1 abgewichen werden, wenn andere geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht zu gewinnen sind. In diesem Fall können auch Personen eingestellt werden, die einer anderen Mitgliedskirche der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Deutschland oder der Vereinigung Evangelischer Freikirchen angehören sollen. Die Einstellung von Personen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllen, muss im Einzelfall unter Beachtung der Größe der Dienststelle oder Einrichtung und ihrer sonstigen Mitarbeiterschaft sowie der wahrzunehmenden Aufgaben und des jeweiligen Umfeldes geprüft werden. § 2 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt”

Mit Stellenanzeige vom 30. November 2006 suchte der Beklagte zum 01. Februar 2007 projektbedingt befristet bis zum 31. Dezember 2007 für den Vorstandsbereich Soziales und Ökumene /Fachbereich Migration und Existenzsicherung eine/n Sozialpädagogin/en für das Teilprojekt „Integrationslotse Hamburg” der Equal-Entwicklungspartnerschaft N.. In der Stellenanzeige heißt es u. a.:

„Dieses Projekt ist ein Schulungs- und Informationsangebot für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren im Bereich der beruflichen Integration von erwachsenen Migrantinnen und Migranten.

Zu den Aufgaben dieser Position gehören der inhaltliche Ausbau der Rubrik „Fachinformationen” auf www.integrationslotsehamburg.de, die Erstellung von Informationsmaterial, die Vorbereitung und Durchführung von Veranstaltungen sowie die Arbeit in den Strukturen und Gremien des Fachbereichs Migration und Existenzsicherung.

Sie verfügen über ein abgeschlossenes Studium der Sozialwissenschaft/Sozialpädagogik (o. Ä.), Erfahrungen in der Projektarbeit sowie Erfahrungen und Kompetenzen in den Themenbereichen Migration, Arbeitsmarkt und Interkulturalität. Sie besitzen zudem sichere EDV-Anwender- und Internetkenntnisse. Für Sie sind sowohl das eigenständige Arbeiten als auch das konstruktive Arbeiten im Team selbstverständlich.

Als diakonische Einrichtung setzen wir die Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche voraus.”

Die Klägerin, die eine Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau absolviert hat und weder über ein abgeschlossenes Hochschulstudium noch über die Hochschulreife verfügt, bewarb sich mit Schreiben vom 24. Dezember 2006 um diese Stelle. Am 02. Januar 2007 erhielt die Klägerin einen Anruf einer Mitarbeiterin des Beklagten, Frau K., die der Klägerin erklärte, deren Bewe...

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