Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliches Eingliederungsmanagement. Betriebsrat. Gesundheitsschutz. Mitbestimmung. Ordnung des Betriebes

 

Leitsatz (amtlich)

Maßnahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX unterliegen nicht der Mitbestimmung des Betriebsrates gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVGBetriebliches Eingliederungsmanagements und Mitbestimmung des Betriebsrates

 

Normenkette

SGB IX § 84 Abs. 2; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 7

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 07.01.2008; Aktenzeichen 8 BV 17/07)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 18.08.2009; Aktenzeichen 1 ABR 45/08)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 7. Januar 2008 – 8 BV 17/07 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird im Hinblick auf die Zurückweisung des in der Beschwerdeinstanz gestellten Antrages zu 3. zugelassen, im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bei Krankengesprächen, Einbestellung von Arbeitnehmern zum Betriebsarzt und einem betrieblichen Eingliederungsmanagement gemäß § 84 Abs. 2 SGB IX. Die Beteiligten streiten des weiteren über das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bei der Anordnung der Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor Ablauf des 3. Kalendertages der Arbeitsunfähigkeit.

Der Beteiligte zu 1 ist der bei der Beteiligten zu 2 bestehende Betriebsrat. Bei der Beteiligten zu 2 sind 50 % der Beschäftigte Beamte.

Zwischen den Betriebsparteien bestand befristet bis zum 30. September 2005 eine Abrede bezüglich der Durchführung von Krankengesprächen sowie der Erteilung von Attestauflagen. Die Beteiligte zu 2 führte danach auch weiterhin teilweise mit erkrankten Mitarbeitern Krankengespräche. Die Beteiligte zu 2 bestellte Mitarbeiter zu betriebsärztlichen Untersuchungen ein, erteilte Attestauflagen und stellte Krankheitsnachforschungen an. Im Jahr 2007 hat die Beteiligte zu 2 in 3 Fällen Attestauflagen erteilt, bei 2 Beschäftigten handelte es sich um Auszubildende.

Mit Schreiben vom 2. Juli 2007 wies der Beteiligte zu 1 die Beteiligte zu 2 darauf hin, dass ihm in den vorgenannten Angelegenheiten ein Mitbestimmungsrecht zustehe. Die Beteiligte zu 2 hat ein Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 1 abgelehnt.

Der Beteiligte zu 1 hat behauptet, die Beteiligte zu 2 habe ein Regelwerk entwickelt, nach dem die Vorgesetzten so genannte Attestauflagen erteilen können. Es handele sich hierbei um eine Verkürzung des Vorlagezeitraums für ärztliche Bescheinigungen, die in der Regel am 3. Tag beigebracht werden müssen.

Der Beteiligte zu 1 hat die Auffassung vertreten, dass die durchgeführten Krankengespräche, die Bestellung von Beschäftigten zum Betriebsarzt sowie Krankheitsnachforschungen dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG unterlägen. Sämtliche Maßnahmen seien auf Langzeiterkrankte gerichtet und hätten als Ziel die Vermeidung langer Arbeitsunfähigkeitszeiten durch Maßnahmen der Prävention. Es handele sich bei den Maßnahmen um Teile eines betrieblichen Eingliederungsmanagements im Sinne von § 84 Abs. 2 SGB IX. Diese Regelung stelle eine Rahmenregelung zum Gesundheitsschutz dar. Die verbleibenden Handlungsspielräume seien im Rahmen der Mitbestimmung gem. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ausfüllungsbedürftig. Das SGB IX binde sämtliche Vertretungen, die für Beschäftigte zuständig sind, im Rahmen ihrer Funktionen in bestimmte Prozesse ein. Bei der Prävention gem. § 84 Abs. 2 SGB IX sei deshalb der Betriebsrat in seinem Mitbestimmungsrecht nicht ausgeschlossen, sondern maßgeblich von der Arbeitgeberseite zu beteiligen. § 84 Abs. 2 SGB habe einen kollektiven Bezug, da die Handlungspflichten gegenüber einer bestimmten Gruppe von Beschäftigten vorgeschrieben seien, nämlich diejenigen, die innerhalb eines Jahres länger als 42 Tage arbeitsunfähig sind.

§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG beziehe sich mit seinem Regelungsgehalt sowohl auf die unmittelbaren Gesundheitsgefährdungen als auch auf den Gesundheitsschutz, der darauf angelegt sei zu verhindern, dass Menschen durch fehlerhafte Gestaltung von Arbeitsbedingungen erkranken. Zu den Regelungen über den Gesundheitsschutz gehörten z.B. § 5 Abs. 3 Ziff. 4 ArbSchG und die hieraus erforderlichen Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen gem. § 3 ArbSchG. Da die Mitbestimmung des Betriebsrats sich insbesondere auf die Gestaltung von Arbeitsbedingungen richte, liege hier sein Aufgabenschwerpunkt im Rahmen des Eingliederungsmanagements gem. § 84 Abs. 2 SGB IX.

Der Beteiligte zu 1 ist weiter der Meinung gewesen, dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Ziff. 7 BetrVG auch nicht auf Beschäftigte beschränkt sei, die 6 Wochen im Jahr arbeitsunfähig erkrankt gewesen seien. Gem. § 4 Ziff. 6 ArbSchG sei der Arbeitgeber verpflichtet, spezielle Gefahren für besonders schutzbedürftige Beschäftigtengruppen zu berücksichtigen. Zu diesen Bes...

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