Entscheidungsstichwort (Thema)

Schließung einer Betriebskrankenkasse. Wartezeit gemäß § 3 Abs.3 EFZG. Wartezeit gemäß § 3 Abs.3 EFZG nach Schließung einer Betriebskrankenkasse

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird ein Arbeitnehmer nach Schließung einer Betriebskrankenkasse auf der Grundlage eines befristeten Vertrages zum Zwecke der Abwicklung weiterbeschäftigt, so wird der Lauf der Wartezeit gemäß § 3 Abs.3 EFZG nicht erneut ausgelöst.

2. Eine Betriebskrankenkasse und die nachfolgende Betriebskrankenkasse in Abwicklung sind keine unterschiedlichen Rechtspersönlichkeiten.

 

Normenkette

SGB § 155 Abs. 1 S. 2; EFZG § 3 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 15.08.2012; Aktenzeichen 3 Ca 2461/12)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 15.08.2012 - AZ: 3 Ca 2461/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

  • II.

    Die Revision wird zugelassen

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine Verpflichtung der Beklagten zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Die BKK für Heilberufe war als Körperschaft des öffentlichen Rechts Trägerin einer gesetzlichen Krankenkasse und beschäftigte zuletzt ca. 270 Arbeitnehmer. Mit Bescheid vom 02.11.2011 verfügte das Bundesversicherungsamt, dass sie mit Ablauf des 31.12.2011 gemäß § 153 S. 1 Nr. 3 SGB V i.V.m. § 90 Abs. 1 SGB IV geschlossen wird. Die Beklagte wickelt die Geschäfte der geschlossenen Krankenkasse ab.

Die am 30.12.1973 geborene Klägerin ist mit einem GdB von 40 behindert. Durch einen Bescheid der Agentur für Arbeit vom 26.06.2009 ist sie einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Seit dem 01.02.2001 war sie bei der BKK für Heilberufe gegen ein durchschnittliches monatliches Bruttoentgelt in Höhe von zuletzt 3.281,00 € beschäftigt.

Mit einem Schreiben vom 16.11.2011 teilte die BKK für Heilberufe der Klägerin mit, dass ihr Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.12.2011, mit dem Tag der durch den Bescheid verfügten Schließung, sein Ende finden werde. Unter dem Datum des 23.11.2011 wurde der Klägerin im Namen der "BKK für Heilberufe Körperschaft des öffentlichen Rechts in Abwicklung" ein Angebot auf Abschluss eines befristeten Vertrages für die Zeit vom 01.01. bis zum 30.06.2012 unterbreitet. Das Angebot beinhaltete eine am 20. des laufenden Monats fällig werdende monatliche Vergütung in Höhe von 3.241,00 € zuzüglich vermögenswirksamer Leistungen in Höhe von 40,00 €. Die Klägerin nahm dieses Angebot unter dem Vorbehalt an, dass sie nicht mit einer Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses mit der BKK für Heilberufe einverstanden sei und ihren Anspruch auf unbefristete Weiterbeschäftigung bei dieser weiterverfolge.

Die Klägerin war im Januar 2012 an fünf Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt. Zunächst zahlte die Beklagte ihr für diesen Monat 2.963,48 € brutto. Mit einer Nachberechnung brachte sie weitere 211,67 € brutto in Abzug.

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin die Differenz zwischen den tatsächlich geleisteten Zahlungen zu dem vereinbarten monatlichen Bruttoentgelt in Höhe von 3.281,00 € geltend. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei mit der ursprünglichen BKK für Heilberufe identisch. Es sei kein neuer Rechtsträger entstanden. Ihr Arbeitsverhältnis sei infolge der Schließung der Kasse nicht kraft Gesetzes beendet worden, sondern bestehe unverändert fort. Dementsprechend finde § 3 Abs. 3 EntgeltFG keine Anwendung.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 529,19 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 317,52 € brutto seit dem 01.02.2012 und aus weiteren 211,67 € seit dem 01.03.2012 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, der Klägerin stehe die Entgeltfortzahlung gemäß § 3 Abs. 3 EntgeltFG nicht zu, da das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Arbeitsunfähigkeit noch nicht länger als vier Wochen bestanden habe. Das ursprüngliche Arbeitsverhältnis mit der BKK für Heilberufe Körperschaft des öffentlichen Rechts habe nämlich gemäß § 155 Abs. 4 S. 9 SGB V i.V.m. § 164 Abs. 4 S. 1 SGB V zum 31.12.2011 geendet. Mit Wirkung zum 01.01.2012 sei ein neues - befristetes - Arbeitsverhältnis begründet worden. Die Beklagte sei von der ursprünglichen BKK für Heilberufe Körperschaft des öffentlichen Rechts zu unterscheiden. Es handele sich um unterschiedliche Rechtsträger.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 15.08.2012 Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Klägerin habe einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Bei der Beklagten und der ursprünglichen BKK für Heilberufe handle es sich um denselben Rechtsträger. Das Arbeitsverhältnis mit der BKK für Heilberufe habe auch nicht zum 31.12.2011 geendet. §§ 155 Abs. 4 S. 9, 164 Abs. 4 S. 1 SGB V seien dahingehend auszulegen, dass sie nur für diejenigen Arbeitnehmer von Betriebskrankenkassen gelten, dere...

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