Entscheidungsstichwort (Thema)

Differenzierungsklausel in einem Sozialplan Diskriminierung. Erwerbsminderungsrente Gleichbehandlungsgrundsatz

 

Leitsatz (amtlich)

Es ist mit dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu vereinbaren, Mitarbeiter, die durch Zahlung einer Erwerbsminderungsrente und Betriebsrente wirtschaftlich abgesichert sind, von Sozialplanansprüchen auszunehmen. Darin liegt auch keine Benachteiligung wegen der Merkmale Behinderung oder des Alters, wenn die Vergleichsgruppe – andere Mitarbeiter mit Rentenansprüchen – von Sozialplanleistungen ausgenommen wurden und sich der Ausschluss systematisch in das gewählte Entschädigungssystem einfügt.

 

Normenkette

BetrVG § 75; AGG § 7 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 26.03.2009; Aktenzeichen 5 Ca 5101/08)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 07.06.2011; Aktenzeichen 1 AZR 34/10)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Düsseldorf vom 26.03.2009 – 5 Ca 5101/08 teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung einer Abfindung aus einem Sozialplan vom 13.03.2007 in Höhe von 222.700,60 EUR brutto.

Die Beklagte hat am Standort E.-S. ein Werk zur Herstellung von Illustrations- und Katalogpapier betrieben. Es bestand ein Betriebsrat.

Der Kläger, geboren am xxx, war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen vom xxx.1968 bis xxx.2008 als Schichtelektriker beschäftigt. Die Einzelheiten der Beschäftigung regelte der Arbeitsvertrag vom 26.01.1989, Bl. 87 f. GA. Das monatliche Bruttogehalt betrug zuletzt 2.231,85 EUR zuzüglich einer Prämie in Höhe von 187,51 EUR und Schichtzuschlägen in Höhe von 450,00 EUR, insgesamt 2.869,36 EUR brutto. Allerdings erlitt der Kläger bereits im Dezember 2001 einen Unfall und war von diesem Zeitpunkt an durchgehend bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig erkrankt. Seit dem xxx.2003 bezog er zunächst eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung, die durch Bescheid der Deutschen Rentenversicherung vom xxx.2007 bis zum xxx.2009 verlängert worden ist, Bl. 96 GA. Seit dem xxx.2009 besteht ein unbefristeter Anspruch auf Zahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Rente betrug ausweislich der Rentenbezugsbescheinigung vom xxx.2009, Bl. 221 GA, zuletzt 1.264,09 EUR brutto, woraus sich ein Nettorentenbetrag in Höhe von 1.135,79 EUR errechnet. Seit dem xxx.2004 bezieht der Kläger darüber hinaus eine Invalidenrente auf der Grundlage der Pensionsordnung der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der G. AG. Die Höhe der Betriebsrente betrug zunächst 184,00 EUR und erhöhte sich ab dem xxx.2007 auf 193,00 EUR zuzüglich anteiligem Weihnachtsgeld. Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50.

Die Beklagte entschloss sich Ende 2006/Anfang 2007, ihr E. Werk zum 31.12.2007 vollständig zu schließen und setzte diesen Entschluss um.

Mit dem Betriebsrat verhandelte sie einen Interessenausgleich und Sozialplan, die am 13.03.2007 abgeschlossen werden konnten, Bl. 6. ff GA. Wörtlich heißt es auszugsweise wie folgt:

„1.

Geltungsbereich

1.1

Anspruchsberechtigte

Leistungen aus diesem Sozialplan erhalten alle Arbeitnehmer im Sinne des § 5 BetrVG, die am 04.10.2006 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis standen und deren Arbeitsverhältnis durch eine arbeitgeberseitige betriebsbedingte Kündigung, einer Eigenkündigung oder durch Aufhebungsvertrag, zum Beispiel bei Wechsel in die Transfergesellschaft, endet. Leistungen aus diesem Sozialplan erhalten auch Beschäftigte, die in ruhenden Arbeitsverhältnissen, wie zum Beispiel Elternzeit, Mutterschutz, Wehr- und Zivildienst sind und gekündigt werden.

1.2

Nicht Anspruchsberechtigte

Nicht anspruchsberechtigt sind Beschäftigte, denen berechtigt aus wichtigem Grund verhaltensbedingt gekündigt wird, die die Wartefrist des § 1 KSchG (6 Monate Betriebszugehörigkeit) nicht erfüllt haben, deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer Befristung endet, die freiwillig eine Altersteilzeitvereinbarung bzw. im Jahr 2006 eine sogenannte „70er-Regelung” abgeschlossen haben, die leitende Angestellte im Sinne des § 5 Absatz 3 BetrVG sind, die Praktikanten oder Stipendiaten sind, die vor Ablauf ihrer Kündigungsfrist oder vertraglich vereinbarten Auslauffrist ohne Zustimmung des Arbeitgebers ausscheiden.

Für Arbeitnehmer, die innerhalb des T. F. Konzerns in einem anderen Unternehmen beschäftigt werden, gilt die Abfindungsregelung unter Ziffer 3.4 und 4.5 ausschließlich.

3.

Allgemeines zu Abfindungen

3.1

Definitionen

3.1.1

Betriebszugehörigkeitszeiten

Die Betriebszugehörigkeit beginnt mit dem Eintritt in das Unternehmen. Hierbei werden gegebenenfalls die Ausbildungszeiten der Beschäftigten angerechnet. Sie wird auf volle Monate aufgerundet. Vordienstzeiten bei einem gemäß § 613 a BGB übernommenen Arbeitsverhältnis werden ebenso angerechnet wie Vordienstzeiten, die vertra...

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