Entscheidungsstichwort (Thema)

Sonderkündigungsschutz. Wahlvorstand. Nichtigkeit der Bestellung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Sonderkündigungsschutz eines Wahlvorstandsmitglieds nach § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG, das vom Arbeitsgericht gemäß § 16 Abs. 2 BetrVG i. V. m. § 17 Abs. 4 Satz 2 BetrVG bestellt wird, beginnt mit dem Zeitpunkt der Verkündung der gerichtlichen Entscheidung (wie BAG 26.11.2009 – 2 AZR 185/08 – EzA § 15 KSchG n. F. Nr. 65).

2. Will der Arbeitgeber die Nichtigkeit der Bestellung des Wahlvorstands geltend machen, weil die zur Betriebsversammlung zwecks Wahl eines Wahlvorstands einladende Gewerkschaft (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. BetrVG) die Einladung zu dieser Betriebsversammlung nicht so bekannt gemacht hat, dass alle Arbeitnehmer des Betriebs davon Kenntnis nehmen konnten, und konnte durch das Fernbleiben nicht informierter Arbeitnehmer das Wahlergebnis beeinflusst werden, kann dies nur in dem gerichtlichen Bestellungsverfahren, nicht aber in einem späteren Kündigungsschutzprozess des Wahlvorstandsmitglieds geltend gemacht werden.

 

Normenkette

KSchG § 15 Abs. 3 S. 1; BetrVG § 16 Abs. 2, § 17 Abs. 4 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Wuppertal (Urteil vom 29.06.2010; Aktenzeichen 7 Ca 3888/09)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 29.06.2010 – 7 Ca 3888/09 – wird zurückgewiesen.

Der Auflösungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des

Arbeitsgerichts Wuppertal vom 29.06.2010 – 7 Ca 3888/09 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 2/5 und die Beklagte zu 3/5.

Die Revision wird für die Beklagte, soweit ihre Berufung zurückgewiesen worden ist, zugelassen. Sie wird nicht hinsichtlich der Zurückweisung des Auflösungsantrags zugelassen.

Die Revision wird für den Kläger nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten vor allem über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung der Beklagten.

Der am 14.08.1959 geborene Kläger, der verheiratet und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist, ist bei der Beklagten seit dem 01.10.1991 als Elektriker gegen ein monatliches durchschnittliches Bruttoentgelt von ca. 3.000,– EUR beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge der Eisen- und Metallindustrie NRW.

Die Beklagte produziert am Standort X. Aluminium- und Edelstahlprofile für die Fenster- und Automobilindustrie. Sie beschäftigt insgesamt regelmäßig ca. 194 Arbeitnehmer. In den Bereichen der Schlosserei und Elektrik, die bei der Beklagten ganz überwiegend für die Wartung und Instandhaltung der Produktionsmaschinen zuständig waren, waren insgesamt neun Arbeitnehmer tätig.

Am 31.03.2009 lud die IG Metall gemeinsam mit drei wahlberechtigten Arbeitnehmern zur Wahl eines Wahlvorstandes ein, um eine Betriebsratswahl einzuleiten. Am 07.04.2009 fand daraufhin eine Betriebsversammlung statt. Eine Mehrheit für die Wahl eines Wahlvorstandes fand sich jedoch nicht. Daher leitete die IG Metall am 09.04.2009 ein Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht Wuppertal – 3 BV 24/09 – mit dem Ziel ein, einen Wahlvorstand gerichtlich bestimmen zu lassen. Durch Beschluss vom 10.06.2009 bestellte das Gericht den Kläger sowie die Arbeitnehmer C. und M. zum Wahlvorstand. Die Beklagte legte gegen diesen Beschluss unter dem 20.08.2009 Beschwerde beim Landearbeitsgericht Düsseldorf – 10 TaBV 122/09 – ein. Das Verfahren wurde in der Folgezeit durch Beschluss des Vorsitzenden der 10. Kammer am 29.12.2009 im Hinblick auf seine Erledigung durch den von den Beteiligten am 16.12.2009 im seinerzeit bei dem Arbeitsgericht Wuppertal anhängig gewesenen einstweiligen Verfügungsverfahren – 7 BVGa 14/09 – geschlossenen Vergleich eingestellt.

Am 03.07.2009 fassten die Gesellschafter der Beklagten auf einer Gesellschafterversammlung den Beschluss, eine neue Firma, die M. Maschinenbau GmbH, zu gründen und die bei der Beklagten bestehenden Schlosser- und Elektrowerkstätten auf diese zu übertragen. Nach dem Gesellschafterbeschluss sollte die M. Maschinenbau GmbH für den Bereich Wartung und Instandhaltung für die Beklagte arbeiten und sich für maschinenbezogene Investitionen oder Erweiterungen bewerben sowie auch als Sondermaschinenbauer für Produktionsmaschinen, Handlingsgeräte oder Vorrichtungen am freien Markt tätig werden. Die Geschäftsaufnahme der M. Maschinenbau GmbH sollte zum 01.09.2009 erfolgen.

In Umsetzung des Gesellschafterbeschlusses erfolgte nach entsprechender Kapitaleinzahlung am 04.08.2009 die Anmeldung der M. Maschinenbau GmbH im Handelsregister. Zu Geschäftsführern wurden die Herren K. F. und S. X. bestellt, die auch Geschäftsführer der Beklagten sind.

Unter dem 25.08.2009 schloss die Beklagte mit der M. Maschinenbau GmbH einen Geschäftsraummietvertrag über die Geschäftsräume in der Halle 6. Danach überlässt die Beklagte der M. Maschinenbau GmbH im Erdgeschoss der Halle 6 u. a. die Räume der Schlosserei und der Elektrowerkstatt sowie der Blechschlosserei, Bürofläche und die dort be...

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