Entscheidungsstichwort (Thema)

Allgemeinzugänglichkeit nach dem AWbG NRW

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Beurteilung der Allgemeinzugänglichkeit i.S.d. §§ 2, 9 ArbWeitBiG NW sind unterschiedliche Gesichtspunkte heranzuziehen.

2. Eine von einer Gewerkschaft durchgeführte Bildungsveranstaltung, die sich in ihrer Ankündigung an Betriebsratsmitglieder wendet, eine Kostenübernahme nur für Gewerkschaftsmitglieder vorsieht und keine konkrete Beschreibung der Seminarthemen enthält, ist nicht allgemeinzugänglich und begründet keine Lohnfortzahlungsverpflichtung nach § 7 ArbWeitBiG NW

 

Normenkette

AWbG NRW §§ 2, 7, 9

 

Verfahrensgang

ArbG Wuppertal (Urteil vom 15.11.1994; Aktenzeichen 8 Ca 4293/94)

 

Tenor

1) Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom15.11.1994 – 8 Ca 4293/94 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2) Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers aus dem Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz NRW.

Der am 29.10.1964 geborene Kläger ist seit dem 01.09.1982 bei der Beklagten als Dreher beschäftigt. Sein Bruttomonatslohn beträgt derzeit ca. DM 4.300,–.

Er nahm in der Zeit vom 12. bis zum 24.06.1994 an einem von der IG-M. in S. durchgeführten Seminar mit dem Titel „Arbeitnehmer in Betrieb, Wirtschaft und Gesellschaft II” teil. Dieses Seminar ist vom Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen als Bildungsveranstaltung nach § 9 AWbG NRW anerkannt und wurde im „Bildungsprogramm der IG M. W. 1994” als Veranstaltung der Arbeitnehmerweiterbildung bekannt gemacht. In der Einleitung zu diesem Programm heißt es u.a.:

„Die Seminare sind für jedermann zugänglich, auch dann, wenn sich die Inhalte an den Interessen bestimmter Zielgruppen oder an den Verhältnissen in der Metallwirtschaft orientieren.

Für die Teilnahme wird ein Kostenbeitrag für Unterkunft und Verpflegung erhoben.

Für Mitglieder der IG M. werden die Kosten übernommen, soweit keine Erstattung nach dem Betriebsverfassungsgesetz (§ 37 Abs. 6 und 7 BetrVG) oder nach dem Schwerbehindertengesetz (§ 26 SchwbG Abs. 4) durch den Arbeitgeber erfolgt.”

In dem Programm selbst findet sich eine Kurzbeschreibung des Seminars „Arbeitnehmer in Betrieb, Wirtschaft und Gesellschaft I” und im Rahmen der Terminsübersicht die Abkürzung „Arbn. i. Betr. II” nebst den dazugehörigen Daten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Bildungsprogramms wird im übrigen auf Bl. 4 a d. A. verwiesen.

Daneben wurde die streitbefangene Veranstaltung in der Broschüre „Bildungsurlaubsangebote in NRW” der Städte K. und W. bekanntgemacht. Dort lautete die Ankündigung wie folgt:

„5498. Arbeitnehmer/-innen in Betrieb, Wirtschaft u. Gesellschaft II

Wirtschaftliche Sachverhalte u. Entwicklungen, die Erarbeitung grundlegender Kenntnisse im Arbeitsrecht. Übungen zur Verbesserung der Argumentations- u. Handlungstechnik.

  • •12.06.1994 – 24.06.1994 in S.
  • • Mit Übernachtung
  • • 24 Teilnehmer/-innen
  • • Für Mitglieder von Betriebsräten
  • • 172,50 DM; VP
  • • Anmelden bei Veranstalter-Nr.: 286”

Auch insoweit wird wegen der weiteren Einzelheiten des Bildungsurlaubsangebots auf Bl. 8 d. A. verwiesen.

Der Kläger nahm in der Zeit vom 12. bis zum 24.06. an dem Seminar in S. teil. Für diesen Zeitraum behielt die Beklagte DM 1.669,10 von seinem Lohn als Ausfalltage ein.

Mit seiner am 27.09.1994 beim Arbeitsgericht Wuppertal anhängig gemachten Klage hat der Kläger von der Beklagten die Zahlung dieses Betrages begehrt und die Auffassung vertreten, daß die Voraussetzungen zur Fortzahlung der Vergütung nach § 7 AWbG NRW vorgelegen hätten. Das von ihm besuchte Seminar sei insbesondere für jedermann zugänglich gewesen, was sich aus der uneingeschränkten Ankündigung in den verschiedenen Publikationsorganen ergebe.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 1.669,10 brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 04.08.1994 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Jedermannzugänglichkeit verneint und darauf verwiesen, daß es sich bei der streitbefangenen Veranstaltung ersichtlich um eine solche handelte, die sich in erster Linie an gewerkschaftliche Funktionsträger richtete. Dies würde noch dadurch unterstrichen, daß nur für Nichtmiglieder der IG M. Kosten für Unterkunft und Verpflegung anfielen; darüber hinaus wären in der Broschüre der Städte K. und W. nur Betriebsratsmitglieder als erwünschte Teilnehmer angesprochen.

Mit Urteil vom 15.11.1994 hat die 8. Kammer des Arbeitsgerichts Wuppertal – 8 Ca 4293/94 – die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die im übrigen Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Allgemeinzugänglichkeit verneint und gemeint, daß eine entsprechende Ankündigung des Seminars nicht dargelegt worden sei. So werde das Seminar im Bildungsprogramm 1994 der IG M. ausdrücklich nicht abgedruckt und in der Broschüre „Bildungsurlaubsangebote in NRW” nur als Veranstaltung für Betriebsräte dargestellt. Dann aber könne von einer Allgemeinzugänglichkeit nicht gesprochen werden.

Der Kläger hat gegen das ihm am 02...

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