Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtmäßigkeit der Ausgestaltung eines Kinderzuschlags in einem Sozialplan

 

Leitsatz (amtlich)

Es verstößt gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn ein Sozialplan einen Kinderzuschlag davon abhängig macht, dass der betroffenen Arbeitnehmer den lohnsteuerrechtlichen Kinderfreibetrag in Anspruch nimmt.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1; BetrVG § 112 Abs. 1 Sätze 2-3; BGB § 1606 Abs. 3 S. 1; EstG § 38b Abs. 2 Fassung: 2012-01-01; EStG § 39 Abs. 6 S. 3 Fassung: 2013-01-01, S. 5 Fassung: 2013-01-01, § 39e Fassung: 2012-01-01, § 52b Abs. 5 Fassung: 2013-01-01; BetrVG § 75 Abs. 1, § 77 Abs. 4 S. 1; BGB §§ 133, 157; EStG 2013 § 39 Abs. 4 Nr. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 30.03.2015; Aktenzeichen 6 Ca 7168/14)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf 30.03.2015 - 6 Ca 7168/14 - teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 3.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.10.2014 zu zahlen.
  2. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
  3. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
  4. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen. Für den Kläger wird die Revision nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine Sozialplanabfindung.

Der verheiratete Kläger, der Vater von Zwillingen und diesen zum Unterhalt verpflichtet ist, war seit dem 01.10.2011 bei der Beklagten als Sachbearbeiter im Kunden-Service in der Betriebsstätte in S. beschäftigt. Die Vaterschaft des Klägers von zwei Kindern wurde bei der Einstellung seitens der Beklagten erhoben und erfasst. Steuerlich hatten die Ehegatten für die Ehefrau die Steuerklasse III und für den Kläger die Steuerklasse V gewählt. Die steuerlichen Kinderfreibeträge nahm die Ehefrau in Anspruch. Den elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen des Klägers waren dementsprechend keine Kinderfreibeträge zu entnehmen.

Unter dem 09.04.2014 schlossen der Betriebsrat der Betriebsstätte S. und die Beklagte einen Interessenausgleich mit Namensliste, welche bei 37 angegeben Namen auch denjenigen des Klägers enthielt, sowie einen Sozialplan (SP). In diesem hieß es u.a.:

"1. Geltungsbereich

Anspruchsberechtigt sind die Arbeitnehmer der I. GmbH (Betriebsstätte S.) am Standort S., die eine Änderungskündigung erhalten werden.

...

3. Abfindungen

Nur Arbeitnehmer, die das Änderungsangebot, die Tätigkeit in H. fortzusetzen, nicht - auch nicht unter Vorbehalt - annehmen und deshalb betriebsbedingt ausscheiden, erhalten Abfindungszahlungen.

Die Abfindung setzt sich zusammen aus einem variablen Grundbetrag und ggfs. einem Kinderzuschlag, Zuschläge für Schwerbehinderung und Unterhaltsverpflichtungen. Weitere Leistungen werden nach diesem Sozialplan nicht geschuldet oder gezahlt.

...

b) Kinderzuschlag/Schwerbehinderung

Entsprechend dem auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitnehmers zum 30.04.2014 eingetragenen Kinderfreibetrags erhält der Arbeitnehmer für jedes Kind einen zusätzlichen Abfindungsbetrag in Höhe von 1.500,- Euro brutto.

Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung ab 50% erhalten eine zusätzliche Abfindung in Höhe von 1.000,- Euro, sofern diese Schwerbehinderung durch einen spätestens bis zum 30.04.2014 vorliegenden bzw. vorzulegenden rechtskräftigen Bescheid nachgewiesen wird.

...

d) Fälligkeit

Die Abfindungsanspruche entstehen mit Zugang der Kündigung bzw. mit dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags und sind ab diesem Zeitpunkt vererblich. Die Abfindung wird mit der rechtswirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgerechnet und ausgezahlt. ..."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten Sozialplan vom 04.09.2015 Bezug genommen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete durch betriebsbedingte Änderungskündigung vom 22.04.2014 zum 30.09.2014, weil für den Kläger ein Wechsel nach H. nicht in Betracht kam. Die Beklagte zahlte an den Kläger den zwischen den Parteien nicht streitigen Grundbetrag der Abfindung in Höhe von 5.625,00 Euro brutto zusammen mit der Vergütung für September 2014 aus. Die Verdienstabrechnung September 2014 für den Kläger wies die Steuerklasse V und 0,00 Kinderfreibeträge aus. Der Kläger machte gegenüber der Beklagten den Kinderzuschlag in Höhe von insgesamt 3.000,00 Euro brutto mit Schreiben vom 16.10.2014 geltend und teilte mit, dass er sich für die Erfüllung eine Frist von zwei Wochen notiert habe.

Der Kläger ist der Ansicht gewesen, ihm stünde für seine beiden Kinder jeweils ein zusätzlicher Abfindungsbetrag von 1.500,00 Euro brutto zu. Dies ergebe sich zunächst aus der Auslegung des Sozialplans. Der Wortlaut von Nr. 3 b Abs. 1 SP gebe nur unzureichend die Intention der Betriebsparteien wieder. Diese hätten nach ihrem wirklichen Willen allen Arbeitnehmer mit unterhaltspflichtigen Kindern den zusätzlichen Abfindungsanspruch zukommen lassen wollen.

Sein Anspruch folge außerdem aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Regelung in Nr. 3 b Abs. 1 SP enthalte ei...

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