Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss des Betriebsratsvorsitzenden aus dem Betriebsrat

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Betriebsratsvorsitzender, der auf einer Betriebsversammlung aus den ihm mit einem Zustimmungsantrag des Arbeitgebers zur Einstellung übermittelten Bewerbungsschreiben eines Mitarbeiters ohne dessen Einwilligung wörtlich zitiert und dadurch den eingestellten Mitarbeiter herabwürdigt, kann aus dem Betriebsrat ausgeschlossen werden.

 

Normenkette

BetrVG § 23 Abs. 1 S. 1, § 99 Abs. 1 S. 3, § 23 Abs. 1, § 99 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Oberhausen (Entscheidung vom 09.08.2012; Aktenzeichen 2 BV 21/12)

 

Tenor

  • 1.

    Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 09.08.2012 - 2 BV 21/12 - wird zurückgewiesen.

  • 2.

    Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Beteiligten streiten über den Ausschluss des Betriebsratsvorsitzenden aus dem Betriebsrat.

I.

Die Arbeitgeberin und Antragstellerin ist ein Bildungsträger auf dem Gebiet der Schweißtechnik sowie ein Dienstleister in anderen Geschäftsfeldern der Agentur für Arbeit und der ARGEn. Sie ist aus der Schweißtechnischen Lehr- und Versuchsanstalt (T.) hervorgegangen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entstehungsgeschichte der Arbeitgeberin wird auf Seite eins bis drei des zur Akte gereichten Schriftsatzes der Beteiligten zu 2) und 3) in dem Verfahren Arbeitsgericht Oberhausen - 1 BV 20/12 - Bezug genommen. Die Arbeitgeberin unterhielt in P. die "Niederlassung Bildungszentren S.-Ruhr", mit ca. 100 Mitarbeitern. Der Beteiligte zu 3) ist der für diesen Betrieb gebildete Betriebsrat. Die diesbezügliche Betriebsratswahl hatte am 19.02.2010 stattgefunden. Der Beteiligte zu 2) ist der Vorsitzende des Betriebsrats. Er war seit ca. 16 Jahren Mitglied des Betriebsrats und seit Februar 2010 dessen Vorsitzender. Bei der Arbeitgeberin bzw. deren Rechtsvorgängerin war er 25 Jahre als Arbeitnehmer beschäftigt.

Bei der Arbeitgeberin wurde ein Mitarbeiter mit einer Lese- und Rechtschreibschwäche, Herr L., beschäftigt. Dieser Mitarbeiter war schwer vermittelbar. Er wurde durch den "Job Club Best Ager" unter Beteiligung des Beteiligten zu 2) an die Arbeitgeberin vermittelt und erhielt unter Förderung der Agentur für Arbeit einen auf zwei Jahre befristeten Vertrag. In zwei Presseartikeln aus Oktober 2009 wurde über die Vermittlung des Herrn L. zur Arbeitgeberin und die Hintergründe berichtet. In den Presseartikeln hieß es u.a., dass Herr L. einen Herzinfarkt erlitten hatte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Presseartikel Bezug genommen. In einer Betriebsversammlung am 13.04.2011 äußerte der Beteiligte zu 2) sich dahingehend, dass Herr L., Analphabet sei und zwei Herzinfarkte gehabt habe.

Im Bereich der Schweißtechnik kam es im Jahr 2011 zu einem Rückgang der Teilnehmerzahlen. Dieser wurde zunächst dadurch überbrückt, dass die Arbeitgeberin im Sommer des Jahres 2011 für sechs Monate qualifizierte Mitarbeiter der Schweißtechnik im Bereich der sog. Integrationsmaßnahmen zu Tätigkeiten als Anleiter einsetzte, die ein geringeres Maß an Qualifikation erforderten, um Kündigungen zu vermeiden. Die Mitarbeiter behielten ihre Bezüge bei Kürzung der arbeitsvertraglichen Arbeitszeit. Als sich die Teilnehmerzahlen im Herbst 2011 nicht besserten, kam es zu Sondierungsgesprächen mit dem Betriebsrat, die am 06.09.2011 begannen. Am 15.09.2011 teilte der Niederlassungsleiter auf einer Mitarbeiterversammlung mit, dass 35 Mitarbeiter entlassen werden müssten. Im November 2011 kam es zu Interessenausgleichsverhandlungen. Die Zahl der zu kündigenden Mitarbeiter wurde nachfolgend modifiziert. Am 07.12.2011 überreichte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat eine Massenentlassungsanzeige betreffend 19 Mitarbeiter. Am 09.12.2011 erklärte die Arbeitgeberin die Interessenausgleichsverhandlungen für gescheitert. Am 14.12.2011 erhielt der Betriebsrat die Anhörung zur Kündigung von 15 Mitarbeitern. Mit Antrag vom 15.12.2011 beantragte er bei dem Arbeitsgericht Oberhausen - 3 BVGa 3/11 -, der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, bis zum Ende der Verhandlungen über einen Interessenausgleich, ggfs. in der Einigungsstelle, Kündigungen auszusprechen. Das Arbeitsgericht wies den Antrag am 21.12.2011 zurück. Die Arbeitgeberin sprach am 27.12.2011 insgesamt 15 betriebsbedingte Kündigungen insbesondere im Bereich der Schweißtechnik aus. Im Hinblick darauf erklärten die Beteiligten das Beschwerdeverfahren zum Verfahren Arbeitsgericht Oberhausen - 3 BVGa 3/11 - bei dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf - 11 TaBVGa 8/11 - für erledigt.

Im Jahr 2012 gab es bei der Arbeitgeberin Personalbedarf für diverse Projekte und Maßnahmen. Die Arbeitgeberin schrieb am 31.01.2012 betriebsintern und danach öffentlich sechs neue Stellen im Bereich Integrationsmaßnahmen aus, nachdem sie hierzu einen Auftrag des JobCenter E. am 29.01.2012 angenommen hatte. Es handelte sich um Stellen, die deutlich geringer vergütet wurden, als diejenigen Stellen der betriebsbedi...

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