Entscheidungsstichwort (Thema)

Sittenwidrige Lohnvereinbarung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Stundenlohn von weniger als 10,– DM brutto stand im Jahre 1996 in einem auffälligen Mißverhältnis zu der von einem Heizungsmonteur geschuldeten Leistung, woran auch vom Arbeitgeber erwartete Leistungsmängel des Arbeitnehmers nichts änderten.

 

Normenkette

BGB § 138 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 18.08.1997; Aktenzeichen 7 Ca 10697/97)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 18. August 1997 – 7 Ca 10697/97 – insoweit geändert, wie der Beklagte zur Zahlung von mehr als 5.338,02 DM netto nebst Rechtshängigkeitszinsen verurteilt worden ist, und die Klage insoweit abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Der Beklagte hat die Kosten der Berufungsinstanz zu tragen.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist gelernter Heizungsmonteur. Er stand in der Zeit von Juli 1996 bis Januar 1997 in den Diensten des Beklagten. Sein monatliches Nettoeinkommen hatte 2.000,– DM bei 37 Arbeitsstunden in der Woche betragen sollen.

Das Arbeitsgericht Berlin hat den Beklagten verurteilt, an den Kläger 5.410,02 DM netto rückständigen Lohn nebst Rechtshängigkeitszinsen zu zahlen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe trotz Bestreitens des Klägers nicht unter Beweis gestellt, diesem ein Schreiben vom 11. Juli 1996 mit einem Angebot auf Herabsetzung des Lohns auf 1.600,– DM brutto monatlich übergeben zu haben.

Gegen dieses ihm am 8. Oktober 1997 zugestellte Urteil richtet sich die am 7. November 1997 eingelegte und am 8. Dezember 1997, einem Montag, begründete Berufung des Beklagten. Er benennt einen Zeugen dafür, dem Kläger das Schreiben vom 11. Juli 1996 noch am selben Tag übergeben zu haben. Der Kläger habe die verminderten Zahlungen hingenommen, ohne zu widersprechen. Deshalb sei die Klageforderung zumindest verwirkt. Grund für die Herabsetzung des Lohns sei gewesen, daß der Kläger schlecht gearbeitet und Alkoholprobleme gehabt habe, weshalb er ihn wiederholt nach Hause geschickt habe.

Der Beklagte beantragt,

die Klage unter Änderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er behauptet, den Beklagten im August und November 1996 auf den offenen Restlohn angesprochen zu haben. Dieser habe ihn mit der Begründung vertröstet, Probleme mit der Eintreibung seiner Forderungen zu haben. Er räume ein, an drei Tagen unentschuldigt gefehlt zu haben. Bis Dezember 1996 habe er monatlich 1.239,14 DM netto und für Januar 1997 1.227,14 DM netto erhalten.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere gemäß § 222 Abs. 2 ZPO innerhalb der einmonatigen Begründungsfrist des § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG begründet worden.

2. Die Berufung ist im wesentlichen in der Sache unbegründet.

2.1 Der Kläger hatte gemäß der ursprünglich getroffenen Vereinbarung Anspruch auf einen Lohn von 2.000,– DM netto im Monat. Die sich daraus ergebende Forderung von 14.000,– DM netto für sieben Monate ist durch die erfolgten Zahlungen lediglich in Höhe von 8.661,98 DM netto gemäß § 362 Abs. 1 BGB durch Erfüllung erloschen, woraus sich der zugesprochene Restbetrag ergab.

2.2 Der vereinbarte Lohn ist nicht nachträglich auf 1.600,– DM brutto herabgesetzt worden, was den geleisteten Nettozahlungen entsprochen hätte. Eine solche Vereinbarung wäre gemäß § 138 Abs. 2 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig gewesen,

Während der Kläger für den Beklagten als gelernter Heizungsmonteur tätig sein sollte, hätte er dafür lediglich einen Stundenlohn von (1.600 × 3/13: 37 =) 9,98 DM brutto erzielt. Dieser Stundenlohn hätte nicht einmal 42 % des seinerzeitigen Tariflohns gemäß dem Entgelttarifvertrag im Wirtschaftsbereich Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Berlin vom 24. Mai 1995 erreicht und hätte damit in einem auffälligen Mißverhältnis zur geschuldeten Leistung des Klägers gestanden.

Auch wenn der Tariflohn mangels Allgemeinverbindlichkeit des Entgelttarifvertrags nicht für die Parteien verbindlich war, gab er doch eine Orientierungsgröße für den Marktwert der Arbeitsleistung eines Heizungsmonteurs ab. Dementsprechend ist ein Lohn von etwa einem Drittel unter Tarif bereits als strafbarer Lohnwucher angesehen worden (BGH, Urteil vom 22.4.1997 – 1 StR 701/96 – NZA 1997, 1167). Darüber hinaus hätte ein Stundenlohn von unter 10,– DM für eine körperlich nicht leichte und auch inhaltlich nicht einfache Tätigkeit derart deutlich unter dem allgemeinen Lohnniveau in Berlin gelegen, daß er eine schlechthin nicht mehr ausreichende Entlohnung dargestellt hätte (zu diesem Maßstab BAG, Urteil vom 11.1.1973 – 5 AZR 332/72 – AP § 138 BGB Nr. 30 zu 2 b der Gründe).

An dieser Bewertung hätte es nichts geändert, wenn die Arbeitsleistung des Klägers tatsächlich unzureichend gewesen sein sollte. Vielmehr wäre der Beklagte darauf beschränkt gewesen, jeweils Schadenersatz vom Kläger zu verlangen, und hätte er mangels einer § 634 Abs. 1 BGB entsprechende...

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